Studie

Pflegende Angehörige fühlen sich schlechter

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Pflege von Angehörigen © shutterstock
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Weltweit nimmt die informelle Pflege zu und verändert das Leben der Pflegenden. Doch wie wirkt sich diese Verantwortung auf ihr Wohlbefinden aus? Die Forschung liefert bisher widersprüchliche Ergebnisse: Manche Studien deuten darauf hin, dass Pflege durch das Erleben von Sinn und Zweck das Wohlbefinden fördern kann, während andere von einem negativen Einfluss durch emotionale Belastungen berichten.

Um mehr Klarheit zu schaffen, analysierte die Universität Zürich (UZH) Daten von 28.663 pflegenden Angehörigen, die im Rahmen von Langzeitstudien in den Niederlanden, Deutschland und Australien insgesamt 281.884 Beobachtungen lieferten. Die Ergebnisse zeigen eine anhaltende Verschlechterung der Lebenszufriedenheit und emotionalen Gesundheit sowie eine Zunahme von Einsamkeit und Angst – besonders bei Frauen.

Wohlbefinden sinkt mit der Zeit

„Die Ergebnisse unserer Analysen zeigen einen Rückgang des Wohlbefindens in den Jahren nach Beginn der Pflege“, erklärt Michael Krämer vom Departement Psychologie der UZH. Dieser Rückgang sei in verschiedenen Bereichen wie Lebenszufriedenheit, emotionalem Erleben, Depressionen, Angstzuständen und Einsamkeit erkennbar. Frauen seien stärker und langfristiger betroffen als Männer.

Die Forschenden stellten außerdem fest, dass die für die Pflege aufgebrachte Zeit unabhängig vom Geschlecht einen erheblichen Einfluss hat: Je mehr Zeit Pflegende im Alltag auf die Betreuung verwenden, desto stärker leidet ihr Wohlbefinden.

Zusätzlich wurden Faktoren wie die Pflegeintensität, die Beziehung zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen sowie die berufliche Situation untersucht. Überraschenderweise hatten diese Aspekte nur einen geringen Einfluss auf die allgemeine Verschlechterung des Wohlbefindens. Dies deutet darauf hin, dass Pflegende unabhängig vom Kontext ähnliche Herausforderungen erleben.

Belastungen reduzieren und Unterstützung stärken

„Diese Ergebnisse zeigen zwar, dass die Pflege von Angehörigen mit Stress verbunden sein kann, aber das individuelle Erleben kann unterschiedlich sein“, betont Krämer. Aspekte wie das Empfinden von Sinn und Erfüllung konnten mit den vorliegenden Daten nicht bewertet werden. Für manche Pflegende könnte ihre Rolle auch positive Seiten haben.

Dennoch bestätigen die Ergebnisse die Annahmen der Stresstheorie, wonach informelle Pflege oft mit einer Verschlechterung des Wohlbefindens einhergeht. Frauen sind dabei besonders gefährdet, da sie häufig größere Verantwortung innerhalb der Familie übernehmen. Die Studie zeigt deutlich, dass Maßnahmen erforderlich sind, um die negativen Auswirkungen informeller Pflege zu minimieren – etwa durch den Ausbau formeller Pflegeangebote oder gemischte Pflegemodelle, die Pflegende entlasten und unterstützen könnten.

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