Studie

Weniger "böses" LDL-Cholesterin schützt auch vor Demenz

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Demenz © Shutterstock
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Ein niedriger LDL-Cholesterinwert im Blut und/oder die mindestens zwei Jahre lange Einnahme von herkömmlichen Antirheumatika reduzieren die Häufigkeit von Demenzerkrankungen deutlich. Das haben jetzt zwei wissenschaftliche Studien aus den Niederlanden und aus Südkorea ergeben.


Etwa 65 Prozent der weltweit rund 55 Millionen Menschen mit Demenz leiden an Morbus Alzheimer. Jährlich kommen vor allem wegen der demografischen Entwicklung rund zehn Millionen Betroffene hinzu. Damit sollten wohl alle Register gezogen werden, um die Entwicklung möglichst zu bremsen. Eine Möglichkeit dazu könnte sein, dass Menschen noch mehr auf ihre Blutfettwerte achten.


Menschen mit wenig "bösem" LDL-Cholesterin (LDL-C) im Blut, zum Beispiel unter 70 Milligramm pro Deziliter Blut, haben ein statistisch signifikant verringertes Risiko für die Entwicklung von Morbus Alzheimer. Eine Behandlung mit den weltweit seit Jahren millionenfach verwendeten Statin-Medikamenten zur Senkung der Blutfettwerte dürfte das Risiko für eine Demenzerkrankung noch zusätzlich verringern. Das haben südkoreanische Wissenschafter in einer Studie im "Journal of Neurology Neurosurgery & Psychiatry" gezeigt.


110.000 Patientenpaare verglichen


Die Wissenschafter um Minwoo Lee und Yerim Kim von der Abteilung für Neurologie der Hallym Universität in Südkorea haben unter Verwendung der Daten von rund 580.000 Patienten von elf Universitätskliniken des Landes knapp 110.000 Patientenpaare zum Vergleich gebildet. Ausgewertet wurden dann die Daten von Probanden mit einer Konzentration von mehr als 130 Milligramm "bösem" LDL-Cholesterin pro Deziliter Blut und solche mit einem Wert von weniger als 70 Milligramm LDL-Cholesterin pro Deziliter. Gesucht wurde nach einer Korrelation mit aufgetretener Demenzerkrankung bzw. mit Morbus Alzheimer.


Die Wissenschafter über ihre Ergebnisse: "LDL-C-Werte unter 70 Milligramm pro Deziliter Blut waren mit einem um 26 Prozent geringeren Risiko für Demenz und einer um 28 Prozent geringeren Gefährdung für Morbus Alzheimer im Vergleich von Personen mit LDL-C-Werten über 130 Milligramm pro Deziliter Blut assoziiert. (....) Bei Patienten mit einem LDL-C unter 70 Milligramm pro Deziliter war die Einnahme von Statinen im Vergleich zu Personen ohne Einnahme solcher Medikamente mit einem um 13 Prozent geringeren Risiko für Demenz und einem um zwölf Prozent niedrigeren Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung verbunden."


Gefahr von Atherosklerose mit Herzinfarkt


Auf die Cholesterinkonzentration im Blut wird bisher vor allem wegen der Gefahr von Atherosklerose mit Herzinfarkt, Schlaganfall und Co. geachtet. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten derzeit in Österreich für Menschen mit einem sonst niedrigen Risiko LDL-Zielwerte von weniger als 116 Milligramm pro Deziliter Blut, weniger als 70 Milligramm sollten Menschen mit einem hohen Risiko (weniger als 55 Milligramm pro Deziliter Personen mit einem sehr hohen Risiko) erreichen. In der südkoreanischen Studie zeigte sich allerdings, dass extrem niedrige LDL-Konzentrationen (weniger als 30 Milligramm pro Deziliter) keinen positiven Effekt hatten, Konzentrationen unter 55 Milligramm pro Deziliter Blut reduzierten die Gefährdung durch Demenz und Morbus Alzheimer nur noch um 18 Prozent.


Der zusätzliche Schutzeffekt bei Personen, welche die Cholesterinsenker eingenommen hatten, könnte auf eine zusätzlich entzündungshemmende Wirkung dieser Medikamente zurückzuführen sein. Das ist jedenfalls die Vermutung vieler Wissenschafter.


Antirheumatika mit positivem Effekt


Ganz in diese sprichwörtliche Kerbe schlägt auch eine wissenschaftliche Studie der niederländischen Epidemiologin Ilse vom Hofe vom Erasmus University Medical Center in Rotterdam. Sie und ihr Team wiesen im "Journal of the American Geriatrics Society" (https://doi.org/10.1111/jgs.19411) nach, dass die Einnahme von sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSARs) - herkömmliche Schmerzmittel wie ASS, Naproxen etc. - über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg das Risiko für eine auftretende Demenzerkrankung verringern.


"Für die bevölkerungsbasierte Studie waren 11.745 Erwachsene (Durchschnittsalter 66 Jahre) über etwa 15 Jahre beobachtet worden. 9.520 (81,1 Prozent) davon hatten in dieser Zeit NSAR angewendet - kurzzeitig (weniger als einen Monat), über einen mittleren Zeitraum (ein bis 24 Monate) oder langfristig (mehr als 24 Monate)", erläuterte dazu das Deutsche Ärzteblatt.
Insgesamt 2.091 Studienteilnehmer hätten eine Demenz entwickelt. Diejenigen, die über einen langen Zeitraum (mehr als zwei Jahre) NSARs eingenommen hatten, wiesen ein um zwölf Prozent reduziertes Demenzrisiko auf. Eine kürzere Einnahme der Medikamente hatte keinen positiven Effekt. Die Forschungsergebnisse deuteten sogar eher auf eine vermehrte Zahl von Demenzerkrankungen in dieser Personengruppe hin. NSAR-Arzneimittel beziehen ihre Wirkung vor allem aus einer Hemmung von entzündlichen Prozessen.

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