Vom 18. bis 20. Juni 2024 fand im Parlamentspalast in Bukarest der diesjährige EGÖD-Kongress statt. Diese alle fünf Jahre stattfindende Veranstaltung stellt den Höhepunkt der Aktivitäten des EGÖD, des Europäischen Gewerkschaftsverbandes für den öffentlichen Dienst, dar. Der VAAÖ war durch seinen Direktor, Mag. iur. Norbert Valecka, und Juristin Mag. iur. Judith Winkler vertreten.
Der EGÖD, der Europäische Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst, engl. EPSU, European Public Service Union, vertritt acht Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Europa, vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich, in der Energie- und Abfallwirtschaft sowie die Mitarbeiter:innen in der öffentlichen Verwaltung. Seit seiner Gründung 1978 ist der EGÖD zur führenden Stimme der Arbeitnehmer:innen geworden und setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und die Rechte für Beschäftigte im öffentlichen Sektor ein.
500 Führungskräfte von Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst aus ganz Europa, von der Ukraine über Armenien bis zum Vereinigten Königreich und Frankreich, nahmen am diesjährigen Kongress teil. Die Veranstaltung legt die wichtigsten Arbeitsschwerpunkte für die nächsten Jahre fest, u. a. Kampf gegen die extreme Rechte, Einrichtung inklusiver Arbeitsplätze und Widerstand gegen die Austeritätspolitik. Der Kongress konnte kaum zu einer entscheidenderen Zeit stattfinden: Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig gut finanzierte und belastbare öffentliche Dienste sind, von Gesundheits- und Sozialdiensten über Katastrophenhilfen, Abfallwirtschaft und kommunalen Diensten bis hin zur öffentlichen Verwaltung. Auch die Apotheker:innen haben einen äußerst bedeutsamen Beitrag zur Bewältigung der COVID-Krise geleistet. Die Gewerkschaftsvertreter:innen befassten sich mit der Lebenshaltungskostenkrise und erörterten, wie sich höhere Löhne durch Kollektivverhandlungen durchsetzen lassen und wie Angriffe auf die Arbeitnehmerrechte abgewehrt werden können.
VAAÖ-Direktor Mag. Valecka betonte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit grenzübergreifender Zusammenarbeit, auch und v. a. für gewerkschaftliche Interessenvertretungen: „Der Austausch mit Kolleg:innen aus anderen Ländern ist für uns enorm wichtig. Nicht nur, dass wir deren Situation kennenlernen und vielleicht das eine oder andere an Lösungsansätzen und Zugängen mit nach Hause nehmen. Wir sehen auch Beispiele, wie man es nicht macht, und können so Fehler vermeiden. Außerdem ist es im gewerkschaftlichen Rahmen quasi schon Tradition, uns gegenseitig bestmöglich zu unterstützen.“ Die Kongressdebatte erstreckte sich über drei Tage und war in Sektionen zu verschiedenen Arbeitsbereichen unterteilt:
• Sicherung von Frieden, Demokratie, Gleichheit, Rechten und Freiheiten
• Rückgewinnung und Stärkung der öffentlichen Dienste
• Eintreten für einen grünen, digitalen und sozial gerechten Wandel
• Sicherstellung hochwertiger Arbeitsplätze und Dienstleistungen
• Aufbau und Stärkung von Gewerkschaften im öffentlichen Dienst
Rege Diskussionen
Der Kongress wurde von EGÖD-Präsidentin Mette Nord (Norwegen) eröffnet. EGÖD-Generalsekretär Jan Willem Goudriaan stellte den Vorsitzenden und Vertreter:innen der ständigen EGÖD-Ausschüsse den Tätigkeits- und Finanzbericht des EGÖD vor, die beide einstimmig angenommen wurden.
Während des gesamten Kongresses gab es eine Reihe von Podiumsdiskussionen und Gastredner:innen. Unter dem Vorsitz von Orlagh Fawl von Banlaoch Consulting and Mediation in Irland fand eine Podiumsdiskussion zum Thema Organisierung statt. Ein wichtiger Dringlichkeitsantrag beschäftigte sich mit dem Konflikt Israel und Palästina.
Am zweiten Tag wurden die Debatten fortgesetzt. Quentin Parrinello von der EU-Steuerbeobachtungsstelle hielt eine Frage-und-Antwort-Runde zum Thema Steuern mit den Delegierten ab. Bart Vanhercke, Forschungsdirektor des ETUI, des European Trade Union Institute, veranstaltete eine Podiumsdiskussion darüber, wie die Gewerkschaften Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise ergreifen können.
Krisen begegnen
Am dritten Tag wurden die Wahlergebnisse vom Vortag bekannt gegeben: Jan Willem Goudriaan wurde als EGÖD-Generalsekretär wiedergewählt und Françoise Geng (CGT-Santé, Frankreich) wurde zur neuen EGÖD-Präsidentin berufen. Zudem fand eine Podiumsdiskussion statt, in der die verschiedenen Strategien für die Verteidigung der Gewerkschaftsrechte in Frankreich, Finnland, der Türkei, Weißrussland und dem Vereinigten Königreich beleuchtet wurden.
Nach der virtuellen Ansprache von Hans Kluge, Direktor der EU-Region der WHO, wurden Dringlichkeitsentschließungen zum Erstarken der extremen Rechten und zu den Herausforderungen für den Binnenmarkt diskutiert und angenommen. Ludovic Voet, Bundessekretär des EGB, sprach vor den Delegierten u. a. über die Klimakrise und einen sozial gerechten Wandel.
Dir. Valecka abschließend: „Wir bedanken uns herzlich bei den rumänischen Kolleg:innen und den Mitarbeiter:innen der EGÖD für die hervorragende Organisation des Kongresses sowie die Möglichkeiten, uns auszutauschen und zu vernetzen. Denn eine starke, unabhängige Arbeitnehmervertretung ist in diesen turbulenten, von Umbrüchen und Bedrohungen geprägten Zeiten besonders wichtig.“