
Zur Aufrechterhaltung der Flüssigkeitsvolumen und Elektrolytkonzentrationen besitzt der Organismus komplexe Regulationsmechanismen, die durch Osmosensoren im Hypothalamus und Volumensensoren im Herzen gesteuert werden: Bei Anstieg der Plasma-Osmolarität bzw. bei Volumen- und Blutdruckabfall werden eine Durstempfindung, Adiuretin-Freisetzung (ADH, antidiuretisches Hormon, Vasopressin) sowie Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) hervorgerufen, die zur Flüssigkeitszufuhr und Wasserresorption in der Niere führen. Umgekehrt kommt es bei verminderter Plasma-Osmolarität bzw. bei Volumen- und Blutdruckanstieg zur Wasserdiurese durch eine gehemmte ADH-Ausschüttung. Neben den Regelgrößen Osmolarität, Volumen und Druck ist auch die Aufrechterhaltung konstanter Ionenkonzentrationsverhältnisse zwischen Intra- und Extrazellularraum (Isoionie) von großer Bedeutung. Während im Blutplasma die Ionen Natrium und Chlorid eine zentrale Rolle spielen, dominieren intrazellulär hohe Konzentrationen von Kalium und Phosphat.
Grundlagen der Elektrolytstörungen

Eine Störung im Elektrolythaushalt kann viele Ursachen haben. Sie reichen von Nierenerkrankungen über hormonelle Dysregulation bis hin zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Hier sind vor allem Arzneimittel mit Einfluss auf den Wasser- und Elektrolythaushalt zu nennen wie Diuretika, Antihypertonika, Antidepressiva, Laxantien und Glucocorticoide. Elektrolytstörungen werden durch die Bestimmung der Ionenkonzentrationen im Serum oder Plasma ermittelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Konzentrationen vorwiegend intrazellulärer Ionen (v. a. K+) im Serum normal erscheinen können, selbst wenn die Werte im Gewebe bereits verändert sind. Hier sollte demnach die Gesamtkörperelektrolytmenge ermittelt werden.
Die Mannigfaltigkeit der Hyponatriämie
Die Hyponatriämie definiert eine der häufigsten Elektrolytstörungen, bei der die Serumkonzentration von Na+ unter 135 mmol/l fällt. Sie ist mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert. Eine Prävalenz von über 20 % bei älteren (> 65 Jahre) und 35 % bei hospitalisierten Personen zeigt die Relevanz im geriatrischen Bereich. Der Schweregrad korreliert jedoch nicht immer mit der Serumkonzentration, sondern ist abhängig von der zeitlichen Entwicklung und stets in Zusammenhang mit klinischen Symptomen zu bewerten.
Klassifikation der Hyponatriämie Nach klinischen Symptomen bzw. nach zeitlichem Verlauf | ||
Schweregrad | Na+-Serumkonzentration in mmol/l | Symptome |
Leicht | 134–130 | Mäßige Einschränkung zerebraler Funktionen und leicht erhöhtes Sturzrisiko |
Mittel | 129–125 | Übelkeit, Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Muskelkrämpfe, stark erhöhtes Sturzrisiko |
Schwer | < 125 | Potenziell lebensbedrohliche Symptome wie Somnolenz, Delir, Krampfanfälle, Übelkeit mit Erbrechen, erhöhter Hirndruck, Koma, Atemstillstand |
Zeitlicher Verlauf | ||
Akute Hyponatriämie | < 48 h | |
Chronische Hyponatriämie | > 48 h |
Parallel dazu sollten weitere Laborparameter wie die Harn-Natriumkonzentration, Serum-Kaliumkonzentration, Serum- und Harnosmolalität sowie endokrinologische Werte (ADH, Cortisol, TSH) und der Volumenstatus erhoben werden, um die Ursache und folglich eine adäquate Therapie ermitteln zu können. Anhand dieser Parameter (Serum-Osmolalität < 275 mmol/kg, Harn-Osmolalität > 100 mOsm/kg) lässt sich eine vorliegende Hyponatriämie einer der drei Formen hypovolämisch, hypervolämisch oder normovolämisch mit adäquater Therapie zuordnen.
Einteilung der Hyponatriämie nach Ursache* & Therapeutische Implikationen | |||
Hypovolämisch | Hypervolämisch | Normovolämisch | |
Ursachen | Primäre Nebenniereninsuffizienz, renale und extrarenale Salzverluste: Diuretika, zerebrales Salzverlust- syndrom Erbrechen, Diarrhö, Pankreatitis, Schwitzen | Leberzirrhose, Herzinsuffizienz, nephrotisches Syndrom (Ödembildung) | SIADH, Hypothyreose, sekundäre Nebenniereninsuffizienz |
Therapie | Volumenausgleich mit 0,9 % NaCl i. v., Diuretika pausieren/absetzen | Behandlung der Grunderkrankung, Natrium- und Wasserzufuhr begrenzen, bei Bedarf: Einsatz von Diuretika | Behandlung der Grunderkrankung, auslösende Arzneimittel pausieren/absetzen, bei SIADH Flüssigkeits- zufuhr auf 1 l/Tag begrenzen |
*bei einer Serum-Osomolalität von < 275 mmol/kg und Harn-Osmolalität > 100 mOsm/kg |
Ein Sonderfall namens SIADH
Bei dem Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) oder Schwartz-Bartter-Syndrom kommt es durch eine übermäßige ADH-Ausschüttung zur Wasserretention und folglich zu einer Verdünnungshyponatriämie. Mögliche Ursachen der erhöhten ADH-Sekretion umfassen maligne Tumore, pulmonale und neurologische Erkrankungen sowie viele Arzneistoffgruppen. Hervorzuheben sind Diuretika (z. B. HCT), Antidepressiva (z. B. Citalopram, Fluoxetin), Neuroleptika (z. B. Haloperidol), Antiepileptika (z. B. Carbamazepin, Valproinsäure), PPI (z. B. Omeprazol), Analgetika (z. B. NSAR) sowie einige Chemotherapeutika (z. B. Cisplatin). Bei einem diagnostiziertem SIADH wird neben der Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung bzw. der Evaluierung der auslösenden Medikamente die Flüssigkeitszufuhr auf 1 Liter pro Tag begrenzt. Zudem steht der Vasopressin-(V2)-Rezeptorantagonist Tolvaptan zur Verfügung, der im Tubulusapparat eine elektrolytfreie Wasserausscheidung (Aquarese) verursacht.
Therapie mit Fingerspitzengefühl

Bei der Diagnose einer hypovolämischen Hyponatriämie erfolgt ein Volumenausgleich mit isotoner (0,9 %) NaCl-Lösung i. v., ergänzt durch ein mögliches Absetzen von Diuretika. Die Behandlung der hypervolämischen Hyponatriämie konzentriert sich auf die Therapie der zugrundeliegenden Erkrankung und, falls erforderlich, auf den Einsatz eines Diuretikums wie Furosemid. Die normovolämische Hyponatriämie stellt hingegen eine größere Herausforderung dar, da sich die Therapie nach dem Schweregrad der Symptome richtet. Während bei milden bis moderaten Beschwerden zunächst weitere diagnostische Maßnahmen im Vordergrund stehen, erfordert eine schwere Symptomatik eine sofortige Behandlung mit hypertoner 3%iger NaCl-Lösung i. v.. Die Österreichische Gesellschaft für Nephrologie (Schwarz et al., 2024) empfiehlt die Verabreichung eines Bolus von 2 ml/kg (max. 150 ml) über einen Zeitraum von 10 Minuten, gefolgt von einer Kontrolle der Serumnatriumkonzentration nach 10 bis 20 Minuten.
Bei unzureichendem Anstieg kann diese Maßnahme bis zu zwei Mal wiederholt werden. Eine sorgfältige Überwachung und langsame Korrektur um 6 bis 8 mmol/l innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraums sind entscheidend, um das Risiko eines osmotischen Demyelinisierungssyndroms (ODS) zu minimieren. Für das Management der Hyponatriämie ist außerdem der Kaliumhaushalt zu berücksichtigen. Bei gleichzeitig bestehender Hypokaliämie kann die Substitution von Kalium zu einem rascheren Anstieg der Serumnatriumkonzentration führen. Dieses Phänomen lässt sich mithilfe der Edelman-Gleichung erklären: Die Serumnatriumkonzentration wird durch das Verhältnis des Gesamtkörpergehalts an Natrium (Na+e) und Kalium (K+e) zum Gesamtkörperwasser (TBW) bestimmt.
Natriumkonzentration
Die Natriumkonzentration im Serum lässt sich mithilfe der Edelman-Gleichung bestimmen.
[Na+] = ((Na) e + (K) e) / (TBW)
Ein Natriummangel entsteht demnach nur bei einem Verlust von Natrium oder Kalium, einem Überschuss an Wasser oder einer Kombination aus allen Faktoren.
Balanceakt im Kaliumhaushalt
Im Kaliumhaushalt sind sowohl Hypokaliämie (< 3,5 mmol/l) als auch Hyperkaliämie (> 5 mmol/l) klinisch bedeutsam. Aufgrund der ähnlichen Symptomatik wie Muskelschwäche, gastrointestinale Beschwerden (z. B. Obstipation), Apathie, Nierenfunktionsstörungen, metabolische Alkalose sowie Herzfunktionsstörungen mit charakteristischen EKG-Veränderungen ist eine Unterscheidung ohne serologische Diagnostik häufig schwierig. Die Ursachen umfassen Störungen im Hormon- und Säure-Base-Haushalt, gastrointestinale und renale Erkrankungen sowie Nebenwirkungen von Arzneistoffen, die den Kaliumspiegel beeinflussen. Eine notwendige Therapie ist dementsprechend zu wählen.
Störungen im Kaliumhaushalt Ursachen & Therapie im Überblick | ||
Hyperkaliämie > 5 mmol/l | Hypokaliämie < 3,5 mmol/l | |
Ursachen | Akute bzw. chronische Niereninsuffizienz, Azidose, Mineralcorticoidmangel und Arzneistoffe wie: kaliumsparende Diuretika, ACEI, AT1-Antagonisten, NSAR, Heparin, Calcineurin-Inhibitoren sowie eine Herzglykosid-Überdosierung | Gastrointestinale Kaliumverluste (Erbrechen, Diarrhoe, Anorexia nervosa), chronischer Alkoholismus, Hyperaldosteronismus, chronische Niereninsuffizienz, akute Alkalose und Arzneistoffe wie: Thiazid- und Schleifendiuretika, Laxantien, Glucocorticoide, β-Sympathomimetika sowie eine Insulin-Überdosierung |
Therapie | Kaliumarme Ernährung, auslösende Arzneimittel absetzen, Kationenaustauschpolymere, im Akutfall Calciumionen, Glucose, Insulin, β-Sympathomimetika und Furosemid i. v. zur Kaliumausleitung bzw. -umverteilung | Anpassung der Arzneimitteltherapie, oral mit Kaliumchlorid oder -citrat, im Akutfall Kaliumionen i. v. |
Zudem gibt es zahlreiche Arzneistoffe, deren Wirkungen und Nebenwirkungen vom Kaliumspiegel abhängen. Herzglykoside wirken beispielsweise durch Hemmung der Na+/K+-ATPase, die für die Aufrechterhaltung der intrazellulären Kaliumkonzentration verantwortlich ist. Eine Verschiebung der Kaliumwerte kann dabei zu einer abgeschwächten Wirkung bei Hyperkaliämie oder einer verstärkten, potenziell toxischen Wirkung bei Hypokaliämie führen. Darüber hinaus verstärkt eine Hypokaliämie die QT-Intervall-verlängernde Wirkung bestimmter Arzneistoffe wie Antiarrhythmika, Citalopram und Moxifloxacin. Bei diesen Arzneimitteltherapien hat der Kaliumhaushalt daher hohe pharmakologische Bedeutung und muss regelmäßig kontrolliert werden. Gleichzeitig ist die Kaliumzufuhr über die Ernährung zu beachten und eine Substitution über Nahrungsergänzungsmittel sollte bei entsprechender Arzneimitteltherapie ärztlich abgeklärt werden.

Kaliumreiche Lebensmittel
Bei entsprechender Medikation muss die Kaliumzufuhr über die Ernährung beachtet werden. Zu den kaliumreichen Lebensmitteln zählen u. a.:
- Obst und Gemüse
Bananen, Karotten, Kartoffeln, Kohlrabi, Avocado, Tomaten und Marillen - Nüsse
Haselnüsse, Erdnüsse, Cashewkerne und Mandeln - Getreidesorten
Dinkel, Roggen und Buchweizen - Bitterschokolade
Quellen
- Schwarz C, et al.: Konsensusempfehlungen zur Diagnose und Therapie der Hyponatriämie der Österreichischen Gesellschaft
für Nephrologie. Wien Klein Wochenschr 2024; 136: 1-33 - Geisslinger G, et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen (2020), 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
- Kim G. Pathophysiology of drug-induced hyponatremia. J Clin Med 2022; 11(19): 5810
- Kim M, et al.: Potassium Disorders: Hypokalemia and Hyperkalemia. Am Fam Physician 2023; 107(1): 59-70
- Ben Salem C, et al.: Drug-induced hyperkalemia. Drug Saf 2014; 37: 677-692.
Weitere Literatur auf Anfrage