Seit den ersten Berichten über SARS-CoV-2 Ende 2019 ist das Wissen über Symptome, Übertragung, Verläufe, Impfungen und Behandlungsmöglichkeiten stetig gestiegen. Der Krankheitsverlauf kann laut Robert-Koch-Institut (RKI) variieren, in manchen Fällen in eine Long-Covid-Symptomatik übergehen und im schlimmsten Fall sogar tödlich enden. Die häufigsten Corona-Symptome sind Husten, Fieber, Schnupfen, Störung des Geruchs- und/oder Geschmackssinns, Lungenentzündung, Hals-, Kopf- oder Gliederschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden oder Kurzatmigkeit. Auch von Symptomen wie Bindehautentzündung, Hautausschlag, Apathie oder Somnolenz berichtet das RKI. Was die Symptomatik, Ansteckung und Risikogruppen betrifft, gibt es enge Überschneidungen mit der echten Grippeerkrankung (Influenza).
Ziele der Mikronährstoffmedizin
Eine gesunde Ernährung scheint die Prognose von COVID-19 wie auch von weiteren viralen Erkrankungen zu verbessern. Dies lässt annehmen, dass sich eine gute Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und hochwertigen Fetten positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt.
Der Nutzen liegt einerseits in der Prävention und andererseits in der begleitenden Anwendung in akuten Situationen. Ziel ist die Stärkung der Schleimhautbarrieren, die Reduzierung der oxidativen Belastung des Körpers, die bestmögliche Linderung der Symptome wie auch die Beschleunigung der Genesung.
Vitamin C – ein unangefochtener Klassiker
Vitamin C zählt zu den Klassikern der immunstimulierenden Vitalstoffe. Bei Infekten kann eine rechtzeitige und ausreichend hohe Vitamin-C-Supplementierung (1–5 g/d) die Krankheitsdauer bei Erwachsenen und Kindern signifikant verkürzen. Die hochdosierte Gabe von Vitamin C bewirkt eine Erhöhung der Vitamin-C-Konzentration in den Leukozyten und eine Steigerung ihrer Phagozytoseaktivität.
Empfohlene Dosierung
Akut: 1–6 g/Tag, anschließend 0,5–1 g/Tag
Zink und Selen zeigen antivirale Wirkung
Zink zeigt Studien zufolge einen direkten Einfluss auf das Erkrankungsrisiko bzw. die Dauer und Intensität von Erkrankungen. Eine mangelhafte Zinkversorgung beeinträchtigt insbesondere die Bildung und die Aktivität der Phagozyten und der natürlichen Killerzellen. Zusätzlich kann Zink das Eindringen von Viren in die Schleimhäute verhindern sowie in hoher Konzentration die Virusvermehrung erfolgreich behindern. Die Kombination mit Vitamin C und Selen ist empfehlenswert, da sich die Wirkungen ergänzen.
Empfohlene Dosierung
Akut: 60–90 mg/Tag, anschließend 20–25 mg/Tag
Selen bei erhöhtem oxidativem Stress
Das Enzym Glutathion-Peroxidase spielt eine wichtige Rolle beim adäquaten Umgang mit oxidativem Stress. Dieser entsteht durch vermehrte Produktion schädlicher Sauerstoffmoleküle wie beispielsweise Wasserstoffperoxid. Glutathion-Peroxidase ist in der Lage, Wasserstoffperoxid und andere schädliche Peroxide abzubauen. Selen übernimmt dabei eine entscheidende Cofaktor-Funktion und schützt die Zellen vor radikalbedingten Schäden. Dies erklärt den erhöhten Bedarf an Selen bei diversen Virusinfektionen und der damit verbundenen erhöhten ROS (Reaktive Sauerstoffspezies)-Produktion.
Empfohlene Dosierung
Akut: 70–100 µg/Tag, anschließend: 50–70 µg/Tag
Vitamin D als Immunmodulator bei Atemwegsinfekten
Die Funktion von Vitamin D in der Immunabwehr ist mittlerweile gut dokumentiert. Studien haben gezeigt, dass niedrige Vitamin-D-Spiegel mit einem erhöhten Risiko für Infektionen der oberen Atemwege assoziiert sind. Umgekehrt kann eine regelmäßige Vitamin-D-Supplementierung bzw. ein ausreichend hoher Vitamin D-Spiegel vor Infektionen der oberen Atemwege schützen. Daher ist es gerade bei häufigen Infektionen ratsam, den Vitamin-D-Spiegel regelmäßig kontrollieren zu lassen, um einem Mangel vorzubeugen. Für einen bestmöglichen gesundheitlichen Nutzen empfehlen Mikronährstoff-Expert:innen einen Calcidiol-Spiegel (25-OH-Vitamin-D) zwischen 40 und 60 ng/ml.
Empfohlene Dosierung
Je nach Spiegel 1.000–2.000 IE/Tag
Vitamin K bei COVID-19-Infektion?
Vitamin K spielt eine zentrale Rolle bei der Blutgerinnung und der Gefäßgesundheit. Interessant sind Untersuchungen bei SARS-CoV-2-Infektionen, die einen Vitamin-K-Mangel mit einem verstärkten Gewebeabbau in der Lunge in Zusammenhang bringen.1 Der Gewebeabbau ist nicht nur für diverse Lungenschäden verantwortlich, sondern kann auch einen schweren Krankheitsverlauf zur Folge haben. Die Erklärung liegt in der antioxidativen und entzündungshemmenden Wirkung von Vitamin K. Die Forscher:innen nehmen an, dass ein niedriger Vitamin-K-Spiegel vermutlich schwere Entzündungen (Zytokinsturm), Gefäßverkalkungen und Blutgerinnsel begünstigen kann.
Es gibt verschiedene Formen von Vitamin K. Die beiden bekanntesten Vertreter sind Vitamin K1 (Phyllochinon) und Vitamin K2 (Menachinon). Vitamin K1 und Vitamin K2 zeigen eine ähnliche Molekularstruktur, unterscheiden sich jedoch in Bezug auf Quelle, Absorptionsraten, Gewebeverteilung und Bioverfügbarkeit. Vitamin K2 zirkuliert länger im Körper und zeigt eine bessere Bioverfügbarkeit. Zur Ergänzung eignet sich besonders Vitamin K2 MK-7.
Empfohlene Dosierung
50–70 µg Vitamin K2/Tag
Omega-3-Fettsäuren beeinflussen Entzündungen
Omega-3-Fettsäuren sind wichtige Entzündungsregulatoren in der Mikronährstofftherapie und reduzieren die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe. Dies gilt gleichermaßen für das Entzündungsgeschehen bei und nach COVID-19-Infektionen. Forscher:innen vermuten schon länger, dass eine adäquate Versorgung mit Omega 3-Fettsäuren den oft zitierten Zytokinsturm und seine Folgen positiv beeinflussen kann. Eine Pilotstudie aus den USA ließ tatsächlich eine höhere Überlebensrate bei einer guten Versorgung erkennen.2
So war bei Patient:innen mit einem Omega-3-Index > 5,7 % die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu sterben, um 75 % geringer, verglichen mit Patient:innen mit einem niedrigeren Index. Der Omega-3-Index spiegelt die Versorgung mit den beiden Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) in den roten Blutzellen wider. Trotz der erfreulichen Resultate müssen noch weitere Untersuchungen bei einem größeren Kollektiv folgen, um diese These ausreichend zu untermauern.
Empfohlene Dosierung
1–2 g EPA und DHA/Tag
Hühnersuppe
Bei einer Grippe oder Erkältung kann Hühnersuppe tatsächlich Wunder wirken. Das altbewährte Heilmittel wurde bereits im Jahr 2000 in einer Laborstudie untersucht.5 Es galt, die Wirkung einer selbstgemachten Hühnersuppe auf ein Serum, das Entzündungsprozesse im menschlichen Körper widerspiegelte, genauer zu untersuchen. Fazit: Die Beweglichkeit von neutrophilen Leukozyten, die für Entzündungsprozesse mitverantwortlich sind, konnte merkbar reduziert werden. Neutrophile werden v. a. bei Virusinfektionen in großen Mengen freigesetzt und lösen Entzündungen und Schwellungen der Schleimhäute in den oberen Atemwegen aus. Wie sich die Suppe im menschlichen Organismus auswirkt, ist jedoch nach wie vor nicht untersucht. Wobei einiges für die wohltuende Wirkung der Hühnersuppe spricht. Zum einen liefert Hühnerfleisch die Aminosäure L-Cystein, die u. a. einen abschwellenden und entzündungshemmenden Effekt aufweist. Zum anderen ist die elektrolythaltige Flüssigkeitszufuhr für die Schleimhäute ein nicht zu unterschätzender Faktor, um funktionsfähig zu bleiben.
Probiotika für eine gesunde Darmflora bei COVID-19
Dass sich Infektionen mit SARS-CoV-2 nicht nur in der Lunge, sondern auch in anderen Organen wie Herz, Nieren, Haut und im Darm manifestieren können, hängt mit der besonderen Struktur des Virus zusammen. Im Darm kann es zu Störungen der natürlichen Zusammensetzung der Darmflora kommen und in der Folge zu Beschwerden im Magen-Darm-Trakt.
So treten bei bis zu 60 % der Patient:innen im Verlauf von COVID-19 gastrointestinale Symptome auf, die mit einer längeren Krankheitsdauer und/oder einem schlechteren Verlauf verbunden sein können. Laut einer Übersichtsarbeit verringern Probiotika die Schwere und Dauer von COVID-19.3 Diese normalisieren in angemessener Dosierung das Darmmilieu und können u. a. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall sowie Müdigkeit, Riechstörungen und Atemnot positiv beeinflussen. Probiotika führten außerdem zu einer schnelleren Abnahme der Viruslast und einem Anstieg der Antikörper gegen das Coronavirus.
Empfohlene Dosierung
2–3 Milliarden (2–3 x 109) koloniebildende Einheiten (KBE)
Vitamin A bei Geruchsverlust
Verlust des Geruchssinnes gilt als eines der typischen Symptome von COVID-19 und kann bei etwa 10 % der Genesenen längerfristig Probleme bereiten. Doch auch unabhängig von SARS-CoV-2 gibt es Viren, die beim Menschen zu Geruchsverlust und -verzerrungen führen können. Fachleute schätzen, dass insgesamt 5 % der Menschen von dieser Symptomatik betroffen sind, wobei rund ein Zehntel der Geruchsausfälle auf Viren zurückzuführen ist. Neben einem konsequenten Riechtraining stellt die lokale Anwendung von Vitamin A einen möglichen Therapieansatz dar. Das Vitamin soll die Regeneration gereizter Schleimhäute unterstützen und ist in einigen Nasenölen und -salben enthalten. Die Vermutung, dass auch coronabedingter Geruchsverlust in ähnlicher Weise von Vitamin A profitieren kann, stützt sich auf eine Studie aus dem Jahr 2017.4 Hier konnte gezeigt werden, dass intranasales Vitamin A in einer Dosis von 10.000 IE pro Tag über zwei Monate bei der Behandlung nützlich sein kann. Weitere Arbeiten sind jedoch erforderlich, um diese Ergebnisse zu bestätigen.
Gut zu wissen: Auch Omega-3-Fettsäuren zeigen gute Ergebnisse bei Riechstörungen.
Quellen
- Dofferhoff ASM, et al.: Reduced vitamin K status as a potentially modifiable risk factor of severe coronavirus disease 2019. Clin Infect Dis 2021; 73(11): e4039-e4046.
- Asher A et al.: Blood Omega-3 fatty acids and death from Covid-19: a pilot study. PLEFA 2021; 66:102250.
- Xavier-Santos D, et al.: Evidences and perspectives of the use of probiotics, prebiotics, synbiotics, and postbiotics as adjuvants for prevention and treatment of COVID-19: A bibliometric analysis and systematic review. Trends Food Sci Technol 2022; 120: 174–192.
- Hummel T, et al.: Intranasal vitamin A is beneficial in post-infectious olfactory loss. Eur Arch Otorhinolaryngol 2017; 274: 2819-2825.
- Rennard BO, et al.: Chicken soup inhibits neutrophil chemotaxis in vitro. Chest 2000; 118(4): 1150-1157.
Weitere Literatur auf Anfrage