Besonders nach dem Jahreswechsel wird behauptet, dass Schadstoffe und Umweltgifte, große Mengen von Fett und Zucker im Rahmen einer unausgewogenen Ernährung sowie Alkohol vom Körper nicht eigenständig ausgeschieden werden können und sich in Bindegewebe und Organen als „Schlacken“ (engl. toxins) ablagern.1 Regelmäßige Detox-Kuren sollen Haut, Lymphsystem, Darm und innere Organe wieder von diesen Substanzen befreien. Worum es sich bei Schlacken konkret handelt, ist jedoch nicht eindeutig definiert. Der Begriff des Entschlackens ist also eher eine Metapher für die Ausscheidung und Reinigung von körperlichen Belastungen und Unreinheiten als ein medizinisch definierter Vorgang.2
Gesundheitsbezogene Aussagen
Nicht nur Diäten und Lebensmitteln, sondern auch Nahrungsergänzungsmitteln, Medizinprodukten und pflanzlichen Arzneimitteln werden „entgiftende“ Eigenschaften zugeschrieben. Dabei sind die Begriffe „Detox“ und „Entgiftung“ nach der Health-Claims-Verordnung gesundheitsbezogene Aussagen und dürfen daher nur unter strengen Kontrollen der EFSA (European Food Safety Authority) verwendet werden.3 Und ein gesunder Körper braucht diese Produkte nicht: Er verfügt mit Leber, Nieren, Darm, Haut und Atmung über sein eigenes System zur Elimination von Toxinen und Schadstoffen.4
Vorwiegend Tierstudien
Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung weist darauf hin, dass insgesamt keine aussagekräftigen klinischen Humanstudien vorliegen, die die Effektivität von Detox-Diäten nachweisen. Zwar existieren einige Untersuchungen darüber, dass Chlorella, Koriander, Succinylsäure, Zitronensäure, Selen und andere Substanzen den Abbau von persistenten organischen Schadstoffen und Schwermetallen fördern können, dabei handelt es sich jedoch meistens um Studien am Tiermodell, weswegen die Studienergebnisse nicht zwingend auf den Menschen übertragbar sind. Humanstudien sind selten, qualitativ mangelhaft und ihre Aussagekraft begrenzt, es liegt sehr wenig Evidenz zum Nutzen von Detox-Diäten vor.5 Auch gibt es bislang keinen Nachweis, dass Darmreinigungen den Allgemeinzustand verbessern oder fördern.6
Gefahren von Wildkräutern, Petersilie und Selleriesaft
„Detox“ kann auch kontraproduktiv sein: Die Zubereitung von grünen Smoothies aus wildgesammelten Kräutern oder Pflanzen kann zur versehentlichen Aufnahme von leberschädigenden Pyrrolizidinalkaloiden führen. Hohe Dosen von Petersilie können Nieren-, Blasen-, Darm und Uterusbeschwerden, Löwenzahn- und Brennnesselblätter aufgrund ihrer entwässernden Wirkung Elektrolytstörungen verursachen.4,7,8 Auch Fallberichte von Nierenversagen aufgrund übermäßigem Konsum von Selleriesaft liegen vor; Selleriesaft ist reich an Oxalat, das in den Nieren auskristallisieren und so eine Oxalat-Nephropathie auslösen kann.9 Kindern, Jugendlichen, Schwangeren und Stillenden wird von einer „Entgiftungsdiät“ abgeraten.10
Quellen:
- www.oege.at/ernaehrung-von-a-z/detox-und-entgiftungsdiaeten-bewertung/ Zugriff am 06.11.2024
- www.dge.de/gesunde-ernaehrung/diaeten-und-fasten/entgiftungsdiaeten/ Zugriff am 06.11.2024
- www.health.harvard.edu/blog/harvard-health-ad-watch-whats-being-cleansed-in-a-detox-cleanse-2020032519294 Zugriff am 06.11.2024
1 Ernst E, Alternative detox. British medical bulletin, 2012, 101, 33–38.
2 Dellmour F, Der Schlackenbegriff als medizinische Metapher. In Marktl W, Ekmekcioglu C, Reiter B (Hrsg). Säure – Basen – Schlacken. 2007, 17-24. Wien, Österreich: SpringerWienNewYork.
3 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCV). https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32006R1924R(01)&from=SV, Zugriff am 06.11.2024
4 Bernard A I et al., Frühjahrsputz mit ,,Detox‘‘? Ernährung aktuell 2/2017: 11
5 Klein AV et al. Detox diets for toxin elimination and weight management: A critical review of the evidence. Journal of human nutrition and dietetics: the official journal of the British Dietetic Association, 2014, 28(6), 675–686.
6 Acosta RD et al. Clinical effects of colonic cleansing for general health promotion: a systematic review. Am J Gastroenterol. 2009 Nov;104(11):2830-6; quiz 2837. doi: 10.1038/ajg.2009.494. Epub 2009 Sep 1. Erratum in: Am J Gastroenterol. 2010 May;105(5):1214.
7 Röchter S, Clausen A. Detox-Trend. Fragwürdige Detox-Lebensmittel für Schönheit und Gesundheit. Ernährungs Umschau. 2019. 66 (5): M276 – M286.
8 Fabian E. Komplementär- und alternativmedizinische Präparate – unterschätzte Gefahr? Ernährung aktuell 1/2019:7
9 Getting JE et al. Oxalate nephropathy due to 'juicing': case report and review. Am J Med. 2013 Sep;126(9):768-72. doi:10.1016/j.amjmed.2013.03.019. Epub 2013 Jul 3
10 www.dge.de/gesunde-ernaehrung/diaeten-und-fasten/entgiftungsdiaeten/ Zugriff am 06.11.2024