Verdauungsstörungen

Gesundheit aus der Mitte

Mag. Larissa Grünwald
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Bitterstoffe, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe und Ballaststoffe fördern eine gesunde Verdauung. © Shutterstock
Bitterstoffe, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe und Ballaststoffe fördern eine gesunde Verdauung. © Shutterstock

Verdauungsbeschwerden (Dyspepsien) äußern sich in vielfältiger Weise. Das Spektrum reicht von Blähungen, Aufstoßen, Völlegefühl bis hin zu Krämpfen, Durchfall, Verstopfung und Übelkeit. Die Auswirkungen dieser Symptome auf den Organismus sind signifikant und reichen von chronischer Müdigkeit, Kopfschmerz und Hautproblemen bis hin zu Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen und Angstzuständen. Auch wenn wir ungern über Verdauungsbeschwerden reden: Je länger wir zuwarten, umso weitreichender die Folgen.

Wenn nicht alles vertragen wird

Auf der Suche nach den Auslösern werden häufig Stress, Ernährungsgewohnheiten, üppige Mahlzeiten, entzündliche Erkrankungen und/oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten genannt. Letztere haben in der nähren Vergangenheit an Bedeutung gewonnen, wobei hier streng zwischen einer Nahrungsmittelintoleranz und einer Nahrungsmittelallergie unterschieden werden muss.

Bei der Allergie reagiert das Immunsystem des Körpers auf einen bestimmten Inhaltsstoff in der Nahrung allergisch. Die Folgen können für den Menschen teilweise sogar lebensbedrohlich sein. In-toleranzen sind hingegen keine Immunreaktionen; vielmehr handelt es sich dabei um Funktionsstörungen von Enzymen oder Transportmechanismen im Rahmen der Verdauung bzw. beim Abbau der betroffenen Substanz.

Intoleranzen sind oft der Lebenssituation geschuldet

Zu den häufigsten   zählen die Fructose-, Lactose-, Histamin- und Glutenintoleranz, häufig auch Glutensensitivität genannt. Nahrungsmittelallergien betreffen nur 1–5 % der Bevölkerung. Bei Kindern liegt der Prozentsatz etwas höher, reduziert sich jedoch häufig mit zunehmendem Alter. Nahrungsmittelintoleranzen hingegen kommen wesentlich häufiger vor, treten meist im Erwachsenenalter auf und können mit einer Umstellung der Ernährung, einer Darmsanierung und Veränderung des Lebensstils, wenn nicht sogar der Lebenssituation (psychische Komponente) Besserung erfahren.

Ernährungsumstellung und Darmsanierung

Zur Verbesserung der Symptomatik ist neben einer Ernährungsumstellung eine Darmsanierung mit einem hochwertigen probiotischen Produkt zu empfehlen. Parallel sind Zink, B-Vitamine, Vitamin A und Omega-3-Fettsäuren zur Abheilung der Schleimhaut sinnvoll. Die Aminosäure L-Glutamin kann die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut reduzieren und die Darmbarriere aufrechterhalten.

Empfohlene Dosierung:

Zink 25 mg/Tag; B-Vitamine 150−300 mg/Tag; Vitamin A 800 µg/Tag; Omega-3-Fettsäuren 1−2 g/Tag; L-Glutamin 5−10 g/Tag

Das enterale Immunsystem nicht vergessen

Vitamin D stärkt wiederum das Immunsystem im Darm und sorgt für eine intakte Immunbarriere. Mit natürlichen Antioxidantien können weitere Schleimhautveränderungen verhindert und die radikale Belastung durch Entzündungsprozesse reduziert werden. Zu den effektivsten Antioxidantien zählen bspw. OPC, Astaxanthin oder Glutathion.

Empfohlene Dosierung:

Vitamin D 2.000–4.000 I.E./Tag; OPC 1–2 mg/kg KG/Tag; Astaxanthin 4–6 mg/Tag; Glutathion 200–400 mg/Tag

Bitterstoffe für eine funktionierende Verdauung

Eine Ernährung reich an Bitterstoffen unterstützt eine funktionierende Verdauung und reguliert auf lange Sicht die Verdauungsleistung. Ihr bitterer Geschmack stimuliert Magen, Leber, Gallenblase und Bauch-speicheldrüse zur Produktion und Sekretion der Verdauungssäfte. Bitterstoffe sind u. a. in Artischockenblättern, Curcuma, Echter Engelwurz, Galgant, Ingwer, Löwenzahn, Enzianwurzel, Kamille, Salbei, Schafgarbe, Wegwarte und Wermut enthalten. Ein hochwertiges Bitterstofftonikum enthält im Idealfall verschiedene Arten bitterstoffhaltiger Kräuter. Für die Ernährung heißt die Formel: Chicorée, Endiviensalat, Rucola, Artischocken, Radicchio, Pomelo, Grapefruit, Oliven & Co. 

Reizdarm und das enterale Nervensystem

Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung und Krämpfe sind die Hauptsymptome des Reizdarm-syndroms. Dahinter steckt in der Regel eine gereizte Darmschleimhaut, die aufgrund der vermehrten Gasbildung chronisch überdehnt wird. Können die Darmwinde nicht ausreichend entweichen, bildet sich ein Blähbauch, der trommelartig aufgetrieben sein kann und mitunter stark schmerzt. Zwar bessern sich die Beschwerden meistens nach dem Stuhlgang, doch kann selbst dieser für einige Betroffene sehr schmerzhaft sein.

Zur Entstehung von Reizdarm gibt es zahlreiche Hypothesen. Dabei sind einige typische Veränderungen im Darm von Betroffenen festzustellen. Unter anderem zeigt sich eine gestörte Darmperistaltik, die über das eigenständige enterale Nervensystem in der Darmwand, das Bauchhirn, reguliert wird. Bei der Steuerung spielt der Botenstoff Serotonin eine wichtige Rolle. Bei einem Reizdarm gibt das enterale Nervensystem fehlerhafte Anweisungen, die genannte Symptome zur Folge haben.

Mikronährstoffe beim Reizdarmsyndrom

Psychische und physische Belastungen wie Ärger, Stress, Angst, Nervosität, intensiver Sport etc. verschlimmern in der Regel die Reizdarmsymptome. Lässt die Belastung wieder nach, bessert sich die Symptomatik. Bei anhaltenden Belastungen kann es zu dauerhaften Veränderungen im Magen-Darm-Trakt inklusive Magensaftproduktion, Darmperistaltik und Immunreaktionen im Darm kommen. Empfehlenswert sind Maßnahmen zur Stressprophylaxe sowie eine Kombination aus B-Vitaminen, Magnesium sowie Lecithin zur Beruhigung des Nervensystems. Bei anhaltenden Entzündungen und je nach Verträglichkeit kann der antientzündliche Effekt von Weihrauch und Omega-3-Fettsäuren genutzt werden.

Empfohlene Dosierung:

B-Vitamine 300−600 mg/Tag; Magnesium 300− 400 mg/Tag; Lecithin 5−10 g/Tag; Weihrauch-Extrakt 1.500–2.000 mg/Tag

Leaky gut ist kein eigenständiges Krankheitsbild

Ein bekanntes Phänomen der Reizdarmproblematik ist die vermehrte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut (leaky gut). Die Schleimhautzellen sind jeweils über eine Art Haftbrücke (tight junction) eng miteinander verbunden. Diese verhindern den unkontrollierten Übertritt von Fremdstoffen oder Krankheitserregern aus dem Darmlumen in den Körper. Beim Reizdarmsyndrom bzw. bei chronischen Entzündungen im Darm können die Haftbrücken durch die übermäßige Belastung auf die Darmwand ihre abdichtende Funktion verlieren. Auf diesem Weg können vermutlich vermehrt Fremdstoffe, Krankheitserreger sowie unverdaute Nahrungsbestandteile in die Darmschleimhaut eindringen und heftige Immunreaktionen auslösen.

Generell wird ein leaky gut (löchriger Darm) nicht als eigene Krankheitsentität gesehen, sondern als Teil dieser. Vor allem beim Reizdarmsyndrom wird die Permeabilitätsstörung als zentraler pathophysiologischer Baustein betrachtet. Bei der Colitis ulcerosa steht die Dysregulation des darmassoziierten Immunsystems an der Darmbarriere im Vordergrund.

Ernährung für das Darmmikrobiom

Besserung des Leaky-gut-Syndroms bringt in erster Linie der Verzicht auf Alkohol und Rauchen sowie eine längerfristige Ernährungsumstellung. Diese berücksichtigt aktuelle Überempfindlichkeiten und Intoleranzen und streicht alle betroffenen Lebensmittel mindestens sechs Wochen aus dem Speiseplan. Weiters sollten Fertigprodukte, Fast Food, Produkte mit künstlichen Zusatzstoffen sowie Zucker gemieden werden.

Hochwertige, frische und ballaststoffreiche Lebensmittel sind die Eckpfeiler einer mikrobiomfreundlichen Ernährung und optimale Mikronährstofflieferanten zur Regeneration der beeinträchtigten Darmschleimhaut. Auch einige sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide oder Anthocyane aus frischem Obst und Gemüse haben einen förderlichen Effekt auf das Wachstum einer gesunden Darmflora.

Ballaststoffe für ein gesundes Mikrobiom

Um die wichtige Artenvielfalt der Darmbakterien zu erhalten bzw. optimale Bedingungen für die Darmbewohner zu schaffen, wirkt die gezielte Zufuhr von Ballaststoffen unterstützend. Einerseits kann über die Lebensmittelauswahl die Zufuhr gesteigert werden, andererseits kann über Präbiotika aus der Apotheke nachgeholfen werden.

Es handelt sich dabei um lösliche Ballaststoffe wie Pektin, Inulin und Oligofructose. Diese kommen z. B. in Hülsenfrüchten, Gemüse und Obst vor. Auf diese Weise wird das Wachstum nützlicher Darmbakterien gefördert. Das ist insofern wichtig, da 99 % unserer physiologischen Darmflora anaerob sind und bei Kontakt mit Sauerstoff absterben. Das macht die Züchtung außerhalb des Körpers wie-derum etwas schwieriger und stellt den Umweg über die Anfütterung der bestehenden Bakterien zwecks Vermehrung in den Fokus. Auch die nichtlöslichen Nahrungsbestandteile wie Beta-Glucan, Cellulose, Lignin und Xanthan sind für einen gesunden Darm wichtig. Diese kommen in Gemüse, Pilzen und Getreide vor und spielen sowohl für die Darmperistaltik als auch für den Cholesterin- und Blut-zuckerspiegel eine wichtige metabolische Rolle.

Empfohlene Dosierung:

8–10 g Ballaststoffe/Tag

Probiotika lang genug einnehmen

Probiotika sollten möglichst ohne Unterbrechung über mindestens drei Monate eingenommen werden, zudem sollte ausreichend hoch dosiert werden und das Produkt mindestens sechs verschiedene Bakterienstämme beinhalten. Auch hier ist es sinnvoll, auf qualitativ hochwertige Produkte aus der Apotheke zu setzen, deren Nutzen für das menschliche Wohlbefinden in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen wurde.

Empfohlene Dosierung:

Probiotika mit mindestens zwei, optimalerweise sechs verschiedenen Stämmen und rund 109 KBE/Tag (koloniebildende Einheiten)

probiotika: darmflora aufbauen

Bei regelmäßiger Einnahme setzen sich die als Probiotika zugeführten Bakterien in der Darmflora an. Besonders effektiv ist die Einnahme von mindestens sechs verschiedenen probiotischen Bakterienstämmen:

  • Lactobacillus bulgaricus
  • Lactobazillen
  • Propionibakterien
  • Lactococcus lactis
  • Bifidobakterien
  • Streptococcus thermophilus


Quellen:

•   Löwe B. et al.: The Development of Irritable Bowel Syndrome: A Prospective Community-Based Cohort Study. Am J Gastroenterol. 2016;111(9):1320-9

•   The Human Microbiome Project Consortium: Structure, Function and Diversity of the Healthy Human Microbiome. Nature. 2012 Jun 14;486(7402):207−214

•   DGE: Ernährung und Mikrobiom. Wissenschaftliches Symposium 09.2021

•   Häuser W. et al.: Funktionelle gastrointestinale Störungen. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147(10): 595−604

•   Freye, R.: Mikrobiomveränderung wichtiger Faktor. Gastro News 6, 64(2021)

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