Vollmacht

Vorsorgen ist besser als Ungewissheit

Prof. Dr.

Wolfgang

Völkl

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Beratungsgespräch © iStock/ Ridofranz
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Eine Vorsorgevollmacht ist eine vorsorglich eingeräumte Vollmacht, die erst dann wirksam wird, wenn die Person für die davon umfassten Angelegenheiten nicht mehr entscheidungsfähig ist (man spricht dann von „Eintritt des Vorsorgefalls“). Die Vorsorgevollmacht schränkt den/die Vollmachtgeber:in also nicht ein, solange sie nicht aktiviert worden ist. Dies ist aber erst möglich, wenn der Wegfall der Entscheidungsfähigkeit medizinisch diagnostiziert wurde. Es muss ein ärztliches Zeugnis vorgelegt werden. Rechtsgrundlagen sind §§ 260 bis 263 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), § 131 Außerstreitgesetz (AußStrG) und § 4e Erwachsenenschutzvereinsgesetz (ErwSchVG).

Wirtschaftliche Nachteile

Neben der Vorsorgevollmacht gibt es auch die Möglichkeit der Erwachsenenvertreter-Verfügung. Der Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Erwachsenenvertreter-Verfügung liegt darin, dass mit der Vorsorgevollmacht die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters/einer gerichtlichen Erwachsenenvertreterin durch das Gericht verhindert werden soll. Die Vertretung wird im Vorhinein selbst geregelt. Mit der Erwachsenenvertreter-Verfügung kann die Person des/der künftigen gerichtlichen Erwachsenenvertreter:in aber nur gewünscht werden. 

Wie wichtig eine derartige Vorsorge gerade für Personen im Apothekenbereich sein kann, zeigt sich an folgendem Beispiel: Die Gesellschafterin (Kommanditistin) einer eine öffentliche Apotheke betreibenden Kommanditgesellschaft wird pflegebedürftig und entscheidungsunfähig. Es besteht keine Vorsorgevollmacht, es wird ein/e Erwachsenenvertreter:in bestellt – wesentliche mit der Gesellschaft in Zusammenhang stehende Rechtshandlungen, z. B. der Verkauf ihres Anteils oder auch der ganzen Apotheke, müssen nun vom Pflegschaftsgericht genehmigt werden. Das führt zu erheblichen Verzögerungen, die sich wirtschaftlich nachteilig auswirken und Kosten verursachen können. 

Vertrauen ist wichtig

Hätte die Betroffene eine Vorsorgevollmacht errichtet, so könnte die vorsorgebevollmächtigte Person nach Aktivierung der Vorsorgevollmacht in ihrem Sinn handeln, ohne die Genehmigung des Pflegschaftsgerichts einholen zu müssen. Der grundlegende Unterschied zwischen gerichtlicher Erwachsenenvertretung und Vorsorgebevollmächtigung liegt darin, dass die mit Vorsorgevollmacht bevollmächtigte Person grundsätzlich keiner Kontrolle durch das Pflegschaftsgericht unterliegt, während gerichtliche Erwachsenenvertreter:innen immer der Kontrolle des Gerichts unterliegen. Das bedeutet freilich, dass die mit der Vorsorgevollmacht bevollmächtigte Person, die von der/dem Vollmachtgeber:in ausgewählt wird, deren absolutes Vertrauen genießen sollte. Man kann auch mehrere Personen als Vorsorgebevollmächtigte benennen. Die vertretene Person verliert auch im Fall der Aktivierung der Vorsorgevollmacht nicht automatisch ihre Geschäftsfähigkeit. In Bereichen, in denen sie weiterhin entscheidungsfähig ist, kann sie auch weiterhin Geschäfte abschließen. Nur wenn sie nicht entscheidungsfähig ist, kann das Geschäft wirksam nur von der vorsorgebevollmächtigten Person abgeschlossen werden.

Flexibel gestaltbar

Eine Vorsorgevollmacht muss schriftlich und persönlich vor einem/einer Notar:in oder Rechtsanwält:in errichtet werden. In einfachen Fällen kann dies auch bei einem Erwachsenenschutzverein erfolgen. Für ihre Wirksamkeit müssen die Vorsorgevollmacht und gegebenenfalls der Eintritt des Vorsorgefalls im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden. 

Die Vollmacht kann so wie jede andere Vollmacht jederzeit widerrufen bzw. gekündigt werden. Der Widerruf bzw. die Kündigung muss ebenfalls im ÖZVV eingetragen werden.

Die Vorsorgevollmacht ist erst ab Eintragung des Eintritts des Vorsorgefalls im ÖZVV gültig, also sobald die Person die Entscheidungsfähigkeit für die von der Vorsorgevollmacht umfassten Angelegenheiten verliert bzw. verloren hat. 

In der Vorsorgevollmacht kann festgelegt werden, welche Angelegenheiten von der vorsorgebevollmächtigten Person erledigt werden sollen. Es kann dies auch nur ein bestimmtes Geschäft sein, wie der Verkauf einer Liegenschaft oder auch generelle Angelegenheiten wie die Vermögensverwaltung. Es können aber auch Gesundheitsangelegenheiten und die Entscheidung über den Unterbringungsort der vertretenen Person aufgenommen werden. Der Wirkungskreis der vorsorgebevollmächtigten Person ist auf die in der Vorsorgevollmacht angeführten Angelegenheiten beschränkt. 

Die Vorsorgevollmacht ist nicht befristet. Sie endet mit Wegfall des Vorsorgefalls, Tod des/r Vertretenen, Tod der vorsorgebevollmächtigten Person, Widerruf, Kündigung oder gerichtlicher Beendigung z. B. wegen Vollmachtsmissbrauchs. 

Die Kosten der Errichtung einer Vorsorgevollmacht bei Notar:in oder Rechtsanwält:in werden individuell vereinbart und richten sich nach Umfang der Beratung und der Vollmacht. Die Kosten der Registrierung im ÖVZZ betragen derzeit EUR 10,00. 

In vielen Fällen wird betreffend Gesundheitsangelegenheiten gleichzeitig mit der Vorsorgevollmacht auch eine Patientenverfügung errichtet. Dazu wird demnächst ein weiterer Artikel erscheinen.






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