Die Pharmawirtschaft, vertreten durch den Fachverband der Chemischen Industrie (FCIO), den Österreichischen Generikaverband (OeGV) sowie den Verband der pharmazeutischen Industrie (Pharmig), hatte mit dem Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Vorschläge für Anpassungen in Preis- und Erstattungsfragen bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln erarbeitet. Damit sollte Planbarkeit für beide Seiten zumindest für die nächsten beiden Jahre sichergestellt werden.
Die Vorschläge, die am 24. Februar 2022 im Nationalrat beschlossen wurden, spiegeln laut Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig, in keiner Weise den Konsens wider, auf den sich die Verhandlungspartner in Gesprächen geeinigt hatten. „Diese Einigung stellte einen sehr verantwortungsvollen Pfad dar, um Ökonomie und Gesundheitsversorgung in einer für alle vertretbaren Balance zu halten. Diese Einigung wurde vom Gesundheitsministerium mutwillig torpediert. Eine der beschlossenen Regelungen stellt ausnahmslos die Arzneimittelausgaben in den Mittelpunkt, ohne auf ein für uns alle angemessenes, hohes Niveau in der Gesundheitsversorgung zu achten“, zeigt sich Herzog vom Vorgehen von Vertretern des Gesundheitsministeriums enttäuscht und schockiert.
Die Details der Preisregelung
Beabsichtigt war ursprünglich, das mit 2017 eingeführte Preisband zu adaptieren. Dieses legt fest, dass sich die Preise von wirkstoffgleichen Arzneimitteln innerhalb eines bestimmten Preisgefüges befinden müssen, andernfalls sie aus der Erstattung gestrichen werden. Die bisher gültige Regelung schrieb vor, dass dieser Preis maximal 30 Prozent über dem des jeweils günstigsten Anbieters eines Wirkstoffs liegen durfte. Dies ist nun auf 20 Prozent gesenkt worden. Eine Ausnahme soll für Produkte bestehen, deren Preis unter der Kostenerstattungsgrenze liegt.
„Das war Ergebnis der gemeinsamen konstruktiven Gespräche zwischen Pharmawirtschaft und Sozialversicherung“, so Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs FCIO. Zusätzlich sei jedoch ohne Rücksprache mit den Verhandlungspartnern eine Regelung getroffen worden, die im Bereich der chefarztpflichtigen innovativen Produkte einen Preisabschlag von 6,5 Prozent auf den EU-Durchschnittspreis festlegt. Dazu Hofinger: „Das konterkariert jegliches Engagement um eine Stärkung des Produktions- und Forschungsstandortes Österreich. Von den Ankündigungen am Höhepunkt der Coronakrise, die heimische Produktion zu stärken, ist nicht viel geblieben – im Gegenteil, Österreich ist auf dem Weg zum Billigstpreisland.“
Österreich zählt zu den fünf reichsten Volkswirtschaften in der EU. „Da könnte man meinen, dass es in Österreich selbstverständlich sein sollte, dass Patientinnen und Patienten Zugang zu den neuesten medizinischen Innovationen gewährt wird. Doch mitnichten. Denn die vom Gesundheitsministerium forcierte Regelung erlaubt nicht einmal, den EU-Durchschnittspreis für Arzneimittelinnovationen zu verlangen. Vielmehr müssen die Unternehmen auch in diesem Bereich ihre Produkte weit unter EU-Niveau anbieten. Damit verliert Österreich an Attraktivität für mögliche Investitionen seitens der Unternehmen in ihre hiesigen Standorte. Vor allem aber verliert unser Gesundheitssystem an Qualität. Das ist für mich kein verantwortungsvoller Umgang mit den Patientinnen und Patienten und unserem Gesundheitssystem“, so Herzog.
Dazu auch Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes OeGV: „Seit Jahren werden bei den Arzneimittelausgaben konsequent nur Einsparungen gefordert, ohne die Versorgungssicherheit und Versorgungsvielfalt zu berücksichtigen. Endlich schien ein Dialog auch darüber möglich zu werden, der nun leider gleich wieder einen starken Dämpfer erhalten hat.“
Die Verbände fordern in einer Aussendung „einen verantwortungsvollen Umgang mit dem österreichischen Gesundheitswesen und eine Fairness gegenüber jenen, die dieses System, wie im Falle der pharmazeutischen Industrie, mit wertvollen, hoch qualitativen Produkten versorgen.“
red