Ein Rote-Hand-Brief machte bereits im Vorjahr auf Anwendungsbeschränkungen von systemisch und inhalativ angewendeten fluorchinolonhaltigen Antibiotika (Ciprofloxacin, Delafloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin) aufmerksam.
Konkret hieß es darin: „Systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone sind mit sehr seltenen, schwerwiegenden, die Lebensqualität beeinträchtigenden, langanhaltenden (über Monate oder Jahre andauernd) und möglicherweise irreversiblen Nebenwirkungen assoziiert. Diese Produkte sollten nur für die zugelassenen Indikationen (viele davon beschränkt auf die Behandlung der letzten Wahl bei Patient:innen, für die es keine alternativen therapeutischen Optionen gibt) und nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung verschrieben werden.“
Auch die britische Arzneimittelbehörde MHRA betonte kurz darauf, dass Fluorchinolone aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen nicht für milde, mittelschwere oder selbstlimitierende Infektionen verordnet werden dürfen, sofern andere Antibiotika zur Verfügung stehen.
Muskeln, Gelenke und Psyche
Zu den Nebenwirkungen zählen Sehnenentzündungen und -ruptur, Arthralgie, Schmerzen in den Extremitäten, Gangstörungen, Neuropathien mit Parästhesien, Schlafstörungen sowie Beeinträchtigung des Hör-, Seh-, Geschmacks- und Geruchssinns. Hinzu kommen mögliche psychische Nebenwirkungen wie Depressionen, Halluzinationen, Psychosen, Suizidalität und suizidales Verhalten.
Sollten Reaktionen dieser Art auftreten, muss die Behandlung sofort abgebrochen und ärztlicher Rat eingeholt werden. Bei Menschen mit psychiatrischen Vorerkrankungen ist besondere Vorsicht geboten.
In einer aktuellen Aussendung betont die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), dass psychiatrische Symptome bereits nach der ersten Anwendung auftreten können. Da die Betroffenen Veränderungen von Stimmung und Verhalten eventuell nicht selbst wahrnehmen können oder nicht der Medikamenteneinnahme zuordnen, sollten Angehörige und Freund:innen ebenfalls über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden.
Auch die MHRA verschärfte zuletzt ihre bestehende Empfehlung: Fluorchinolone dürfen nur noch verschrieben werden, wenn andere allgemein empfohlene Antibiotika ungeeignet sind. Fluorchinolone sind in folgenden Fällen besonders gefährlich:
- wenn Patient:innen in der Vergangenheit schwerwiegende Nebenwirkungen unter (Fluor)Chinolon-Antibiotika erlitten haben
- bei Personen über 60 Jahren, bei Nierenfunktionsstörungen und Transplantationen
- bei gleichzeitiger Einnahme von Glucocorticoiden, da das Risiko für Sehnenentzündungen und -risse besonders erhöht ist.
Quellen
Rote-Hand-Brief zu systemisch und inhalativ angewendeten fluorchinolonhaltigen Antibiotika, 07.06.2023, www.bfarm.de
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Drug Safety Mail 2024–03, 22.01.2024
MHRA: Fluoroquinolone antibiotics: reminder of the risk of disabling and potentially long-lasting or irreversible side effects, 30. August 2023, www.gov.uk
MHRA: Fluoroquinolone antibiotics: must now only be prescribed when other commonly recommended antibiotics are inappropriate, 22. Januar 2024, www.gov.uk