Eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse zeigte, dass erholsamer Schlaf einen Einfluss auf die immunologische Reaktion auf Impfungen haben kann. Die Seniorautorin der Studie, Eve Van Cauter, hatte bereits 2002 eine Arbeit veröffentlicht, in der sie die Auswirkungen des Schlafes auf Impfungen untersuchte. Sie konnte zeigen, dass Personen, die in den Tagen um eine Influenza-Impfung herum zu wenig Schlaf bekamen, um die Hälfte niedrigere Titer der Immunglobulin (IgG)-Antikörper aufwiesen als die Kontrollgruppe.
Beeinträchtigte Immunantwort
Die aktuelle Metaanalyse umfasste sieben ausgewählte Studien, darunter vier experimentelle und drei prospektive Studien. Analysiert wurde die Effektstärke (ES), mit der eine unzureichende Schlafdauer von weniger als sechs Stunden die immunologische Reaktion auf eine Impfung beeinflusst. Wenn die Probanden ihre Schlafdauer selbst angaben, wurden die vordefinierten statistischen Signifikanzkriterien für eine Korrelation zwischen Kurzschlaf und Impfreaktion nicht erreicht. Die Gesamteffektstärke (ES) betrug 0,29.
Die Verwendung objektiver Schlafmessungen zeigte jedoch eine deutlich nachteilige Auswirkung von kurzem Schlaf auf die Impfreaktion. Über beide Geschlechter hinweg betrug die ES 0,79.
Bei Männern war ein kurzer Schlaf mit einem reduzierten Antikörpertiter mit einer großen ES von 0,93 verbunden. Bei Frauen war dieser Zusammenhang mit einer ES von 0,42 nicht signifikant. Dieser Unterschied sei wahrscheinlich auf schwankende Sexualhormonspiegel zurückzuführen, so die Forscher:innen, denn bei Frauen wird die Immunität durch den Menstruationszyklus, die Verwendung von Verhütungsmitteln sowie durch den Wechseljahrs- und Postmenopausenstatus beeinflusst.
Insgesamt konnte gezeigt werden, dass Menschen, die weniger als sechs Stunden pro Nacht schlafen, signifikant weniger Antikörper produzieren als Menschen, die sieben Stunden oder mehr schlafen. Das resultierende Defizit entsprach etwa einem Antikörperschwund nach zwei Monaten.
Das Wissen, dass die Schlafdauer die Impfung beeinflusst, könnte den Menschen ein gewisses Maß an Kontrolle über ihre Immunität geben, meint Van Cauter: „Wenn man sich die Unterschiede im Schutz durch die COVID-19-Impfstoffe ansieht, sind Menschen mit Vorerkrankungen weniger geschützt, Männer sind weniger geschützt als Frauen und übergewichtige Menschen sind weniger geschützt als Menschen, die nicht an Fettleibigkeit leiden. Das sind alles Faktoren, auf die eine einzelne Person keine Kontrolle hat, aber den Schlaf kann jeder verändern.“
Quelle
Spiegel K et al.: A meta-analysis of the associations between insufficient sleep duration and antibody response to vaccination." Current Biology 2023; doi: https://doi.org/10.1016/j.cub.2023.02.017