Bereits vor Beginn der Familienplanung sollten Impfungen gegen Feuchtblattern, Masern und Hepatitis B aufrecht sein. Während einer Schwangerschaft gilt es, sich und das Kind gegen Grippe, Keuchhusten, Covid und RSV zu schützen, betont der Mediziner Philipp Fößleitner.
"In der Schwangerschaft sollten keine Lebendimpfstoffe geimpft werden", sagte Fößleitner im Gespräch mit der APA zu den drei bereits im Vorfeld angeratenen Immunisierungen. Die Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR) ist in Österreich in jedem Alter nachholbar und kostenlos erhältlich. Sie ist laut dem Gynäkologen "sehr wichtig", weil Röteln Fehlbildungen des Kindes hervorrufen können. Gleiches gilt in seltenen Fällen für Feuchtblattern (auch Windpocken oder Varizellen genannt), zudem besteht für Schwangere ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von schweren Varizellen-Komplikationen, heißt es im allgemeinen österreichischen Impfplan.
"Ab dem Zeitpunkt, wo wir das Erwachsenenalter betreten, vergessen wir, dass wir Impfungen auffrischen", sagte Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Verbandes der Österreichischen Impfstoffhersteller (ÖVIH), in dem Gespräch. Je mehr die Gynäkologin oder der Gynäkologe schon "prepare for pregnancy" ("Vorbereitung auf eine Schwangerschaft") verfolge, desto besser, riet Gallo-Daniel. Der ÖVIH hat den Impfplan für Schwangere gemeinsam mit der ESIDOG (European Society for Infectious Diseases in Obstetrics and Gynaecology) herausgegeben.
Zuerst Influenza und COVID
Die saisonale Influenza-Impfung sollte bevorzugt im zweiten oder dritten Schwangerschaftsdrittel (Trimenon) geimpft werden. Sie kann aber auch bereits im ersten Drittel verabreicht werden, wenn eine Grippewelle unmittelbar bevorsteht. Die "echte Grippe" zeigt während einer Schwangerschaft oft schwere Verläufe der Mutter. Influenza ist zudem in den ersten Lebensjahren ein häufiger Grund für Spitalsaufenthalte bei Kindern. Die von der Mutter übertragenen Antikörper der Impfung schützen das Neugeborene bis zum sechsten Lebensmonat.
Für die Impfung gegen Covid-19 gilt ebenfalls eine Empfehlung für die Verabreichung im zweiten bis dritten Schwangerschaftsdrittel. Während der Schwangerschaft besteht bei einer Erkrankung mit Covid-19 erhöhtes Risiko für eine Aufnahme auf einer Intensivstation, für eine Fehlgeburt, einen Kaiserschnitt, mütterliches Versterben und in der Folge auch für die Aufnahme des Neugeborenen auf die Intensivstation, warnte Fößleitner als Vorstandsmitglied der ESIDOG Österreich. Aufgrund der Pandemie seien sehr viele Daten von Schwangeren vorliegend, die zeigen, dass die Impfung "sehr gut funktioniert und sicher ist".
Demnächst passive RSV-Immunisierung
Danach sei es am sinnvollsten, zuerst den Schutz vor Keuchhusten (Pertussis) aufzufrischen und dann mit zweiwöchigem Abstand gegen RSV zu impfen, empfahl der Gynäkologe. Bei Pertussis wurde der Auffrischungsabstand der Dreifachimpfung mit Tetanus und Diphtherie wegen der heuer explodierten Zahl der Keuchhustenfälle erst kürzlich von lange gewohnten zehn auf fünf Jahre verkürzt. Für werdende Mütter empfiehlt sich die 27. bis 36. Schwangerschaftswoche für einen Impftermin als Schutz für das Kind nach der Geburt. Dieser wird durch die Weitergabe der Antikörper über die Plazenta auf das ungeborene Kind erzielt, sagte Fößleitner. Keuchhusten stellt für Neugeborene eine schwere Erkrankung dar.
Die RSV-Impfung sollte in der Schwangerschaftswoche 24 bis 36 durchgeführt werden, da ebenfalls hohe mütterliche Antikörperspiegel auf das Kind übertragen werden können. Optimaler Impfzeitpunkt ist ab der 32. Woche. "Ein bis zwei Prozent aller Säuglinge unter einem Jahr müssen wegen RSV hospitalisiert werden", hielt Fößleitner fest. Bis zum zweiten Geburtstag infizieren sich fast alle Kinder mit dem für einige auch tödlichen Atemwegsvirus. Neben der Impfung der Mutter ist eine passive Immunisierung des Kindes nach der Geburt möglich. Eine Verabreichung des Wirkstoffs Nirsevimab sollte laut Gesundheitsministerium noch vor Weihnachten für alle Neugeborenen möglich sein, deren Eltern dies wünschen. Dies wird kostenlos angeboten, im Unterschied zur teuren RSV-Impfung, die allerdings auch die werdende Mutter schützt. Für das Kind ist eine der Präventionsmöglichkeiten ausreichend, sagte Fößleitner.
Auch enges Umfeld impfen
"Wenn Impfungen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, kann die Durchimpfungsrate gesteigert werden", forderte der Mediziner. Über die Immunisierungen informieren sollten die Frauenärztin oder der Frauenarzt, möglichst schon vor Beginn der Familienplanung. Auch für das enge Umfeld einer Schwangeren wie den Partner empfehlen sich Impfungen, um die Frau und das Neugeborene vor Ansteckung zu schützen - vor allem gegen die saisonalen Erkrankungen Covid und Influenza sowie gegen Pertussis, wegen der gestiegenen Keuchhustenzahlen, betonte Fößleitner.
Service: Impfpläne für Frauen sowie für Schwangere: www.esidog.at - Allgemeiner Impfplan Österreich: https://go.apa.at/ercinwcK
APA