Magistrale Zubereitungen

Häufig verordnete Rezeptursubstanzen und ihre Probleme

Mag. pharm. Christopher Waxenegger
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Individualrezepturen © iStock
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Die hohen Verordnungszahlen von magistral hergestellten Dermatika sind gut nachvollziehbar, denn die Behandlung akuter und chronischer Hauterkrankungen muss individuell abgestimmt werden. Fertigpräparate können das nur begrenzt erfüllen. Mithilfe von Individualrezepturen ist es möglich, die Zusammensetzung auf den Hautzustand, die Körperregion, das Hautalter sowie die Präferenzen der Patient:innen exakt anzupassen.

Voraussetzung für eine effektive Therapie ist jedoch, dass verordnete Zubereitungen nicht nur sinnvoll und korrekt dosiert sind (Plausibilitätsprüfung und etwaige Rücksprache), sondern in der Apotheke auch „lege artis“ hergestellt werden. Dafür ist ein umfassendes Wissen zu den verwendeten Ausgangsstoffen, ihrer Kompatibilität mit anderen Wirk- und Hilfsstoffen, den Indikationen, Löslichkeiten, rezeptierbaren pH-Bereichen u. v. m. nötig. Im Folgenden werden mit Clotrimazol, Erythromycin, Metronidazol und Salicylsäure vier Wirkstoffe skizziert, die häufig Teil magistraler Zubereitungen sind. Die folgende Tabelle fasst geeignete Lösungsmittel zusammen.

Löslichkeit im Text besprochener magistraler Wirkstoffe
WirkstoffWasserEtOH 96 %SonstigeHinweis
ClotrimazolPraktisch unlöslich9,5 g/100 mlLöslich in fetten Ölen, unlöslich in Glycerol 85 %
Propylenglycol: 3,5 g/100 ml
Macrogol 400: 6 g/100 ml
Isopropanol: 9,5 g/100 ml
Unlösliche Salzbildung 
mit Natriumlaurylsulfat, Na-
Cetylstearylsulfat und anderen anionischen Rezeptur­bestandteilen
Erythromycin1,2 g/100 mlLeicht löslich
Metronidazol1 g/100 ml0,5 g/100 ml bei 20 °C
1,5 g/100 ml bei 25 °C
Verdünnte Säuren: 
10 g/100 ml
SalicylsäureSchwer löslich7 g/100 mlGlycerol 85 %: 4,8 g/100 ml
Ol. neutrale: 4,8 g/100 ml
Erdnussöl: 2,5 g/100 ml
Olivenöl: 2,5 g/100 ml
Rizinusöl: 12 g/100 ml
Octyldodecanol: 8 g/100 ml
Auskristallisation aus übersättigten Lösungen nach dem Abkühlen, vor allem aus 
hydrophilen Cremes

Clotrimazol

Clotrimazol ist ein antimykotischer Wirkstoff aus der Gruppe der Azol-Antimykotika mit einem breiten Wirkspektrum gegen Dermatophyten. Es wird in einer Konzentration von 1–2 % in Cremes, Salben, Pasten und Lösungen zur äußerlichen Behandlung von Haut- und Genitalmykosen eingesetzt und dafür 2–3 x täglich auf die betroffenen Stellen aufgetragen. Die empfohlene Anwendungsdauer beträgt 3–4 Wochen. Clotrimazol kommt als weißes bis blassgelbes, feinkristallines oder mikronisiertes Pulver in den Handel. Die Fa. Ichthyol-Gesellschaft bietet ein Rezepturkonzentrat mit 10 % Clotrimazol in Basis Cordes® RK an.

Wie stabil Clotrimazol ist, hängt vom pH-Wert ab mit einem pH-Optimum zwischen pH 7 und 8 und einem rezeptierbaren Bereich zwischen pH 5 und 10. In wässrigen Zubereitungen erfolgt bei pH < 5 (in neueren Untersuchungen < 3,5) eine Inaktivierung durch Hydrolyse. Dieser Umstand ist in Rezepturen relevant, die gleichzeitig saure Wirk- und Hilfsstoffe enthalten. In der Praxis oft verordnete Clotrimazol-Salicylsäure-Kombinationen sind angesichts dessen inkompatibel. Ist eine keratolytische Wirkung erwünscht, kann man Salicylsäure mit Harnstoff tauschen oder Clotrimazol durch die säurestabilen Antimykotika Bifonazol (1 : 1) bzw. Miconazolnitrat (1 : 2) ersetzen. Zum Anreiben in der Fantaschale eignen sich Paraffin oder Glycerin 85 %.

In Suspensionszubereitungen ist der mikronisierten Rezeptursubstanz oder dem Rezepturkonzentrat der Vorzug zu geben. Zur Pufferung (z. B. für Harnstoff) bietet sich der Zusatz von Phosphat-Pufferlösung pH 6,0 in einer Menge von 5 % bezogen auf die Gesamtmenge an. Konserviert wird mit Parabene 0,1 %.

Erythromycin

Cremes, Gele und alkoholische Lösungen mit dem Makrolid-Antibiotikum Erythromycin werden vorrangig in der Akne-Therapie eingesetzt und 1–2 x täglich aufgetragen. Die Therapiedauer beträgt 4–6 Wochen. Übliche Konzentrationen bewegen sich zwischen 0,5–4 %. In der Rezeptur verwendetes Erythromycin liegt als geruchloses weißes bis gelbliches, mikronisiertes Pulver vor, seltener in Form von farblosen bis schwach gelben Kristallen. Die Stabilität ist abhängig von pH-Wert und der Wirkstoffkonzentration. Der rezeptierbare Bereich für Lösungen liegt zwischen pH 8 und 9, jener für Suspensionen zwischen pH 8 und 10. In sauren (pH ≤ 6) und stark alkalischen Lösungen kann es innerhalb weniger Stunden zu einem kompletten Wirkverlust kommen.

Magistrale Erythromycin-Rezepturen mit sauer reagierenden Wirk- und Hilfsstoffen wie Salicylsäure, Milchsäure, Sorbinsäure und Tannin sind inkompatibel und infolgedessen abzulehnen. Dasselbe gilt für Wirkstoffe, die sich in dem für Erythromycin erforderlichen basischen Milieu zersetzen würden (z. B. Prednisolon). Rezepturen sind auf das oben beschriebene pH-Stabilitätsoptimum, ggf. unter Zugabe von Citronensäure-Lösung 0,5 % (pH-Absenkung) bzw. Trometamol oder Natriumhydrogencarbonat (pH-Erhöhung), einzustellen. Weiters ist zu beachten, dass für Erythromycin aufgrund des variierenden Wassergehalts eine Einwaagekorrektur erforderlich ist. Manche Hersteller geben den individuellen Korrekturfaktor auf dem Etikett an, bei anderen muss dieser vom pharmazeutischen Personal berechnet und auf dem Tiegel vermerkt werden.

Erythromycin neigt zur Agglomeratbildung und ist mit vielen gängigen Rezepturgrundlagen schlecht benetzbar. Es ist daher essenziell, den Wirkstoff gut anzureiben. Dafür eignen sich Dispersionshilfen wie Propylenglykol, Tween-20-Lösung 10 % und Oleum neutrale. Dies gilt besonders für die Verarbeitung in Rührsystemen (z. B. Topitec®). Konserviert wird mit Propylenglykol 20 %, Ethanol 20 % (V/V) oder 2-Propanol 15 % (V/V), bezogen auf die Wassermenge.

Metronidazol

Metronidazol vereint mit seiner antimikrobiellen, antiphlogistischen, antiproliferativen und immunmodulierenden Wirkung mehrere Eigenschaften, die man sich in der Therapie von Rosazea und Akne zunutze macht. Entsprechende Zubereitungen werden 2 x täglich über zwölf Wochen aufgetragen Das NRF gibt die therapeutische Richtkonzentration mit 0,5–3 % an. Vom Großhandel wird Metronidazol als weißes kristallines oder mikronisiertes Pulver geliefert. (Suspensions-) Konzentrate sind ebenfalls verfügbar. Der Wirkstoff ist licht- (dunkle Verfärbung) und temperaturempfindlich (Lagerung bei Raumtemperatur) und neigt selbst unter optimalen Bedingungen zur Umkristallisation. Im neutralen und alkalischen Milieu ist eine rasche Zersetzung die Folge. Um Rezepturen zu stabilisieren, ist es sinnvoll, den pH-Wert mit Citronensäure-Phosphatpuffer auf pH 5 einzustellen.

Bei der Einarbeitung von Metronidazol in wässrigen Zubereitungen ist Wärmeanwendung zu vermeiden (Übersättigung der Wasserphase → Um- und Rekristallisation). Hierauf ist speziell bei automatischen Rührsystemen zu achten, wo die erzeugte Reibungswärme während des Mischvorganges durch Anlegen einer Kühlmanschette abgeführt werden muss. Alternativ kann man die verwendete Grundlage im Kühlschrank vorkühlen oder die Rührgeschwindigkeit herabsetzen und die Rührdauer entsprechend verlängern. Angerieben wird mit Paraffin. Die Konservierung erfolgt mit Propylenglykol 20 % (bezogen auf die Wassermenge) oder Sorbinsäure 0,1 %.

Salicylsäure

Salicylsäure rekristallisiert nach dem Abkühlen aus übersättigten Lösungen vor allem dann, wenn sie mit Rizinusöl angerieben wurde. Besser ist das Verreiben mit Paraffinöl. © Shutterstock
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Salicylsäure wirkt konzentrationsabhängig keratolytisch, antiphlogistisch, antibakteriell und fungizid. Ärzt:innen verordnen es bei übermäßiger Hornhautbildung und Abschuppung bei Psoriasis sowie bei Kopfschuppen. Die obere Richtkonzentration für die großflächige Anwendung beträgt 3 %. Kleinflächig wird Salicylsäure in antiseptischen Salben (0,5–1 %), schweißhemmenden Pudern (3–5 %), Schälsalben (10 %) und Hühneraugensalben (40–60 %) rezeptiert. Der rezeptierbare Bereich liegt unterhalb von pH 3.

Abgesehen vom pH-Wert wurden Inkompatibilitäten mit Eisen(III)-Salzen (Rotfärbung), Iod (Fällung), Macrogole und Zinkoxid (Komplexverbindungen → Titandioxid) beschrieben. Salicylsäure rekristallisiert aus übersättigten Lösungen nach dem Abkühlen. Die Gefahr von Kristallwachstum ist insbesondere durch Anlösen der Salicylsäure in Rizinusöl gegeben. Das Anreiben sollte daher stets mit Paraffinöl erfolgen. Suspensionssalben müssen zur Vermeidung von Pulvernestern mehrere Male in der Salbenmühle bearbeitet werden. Inwiefern Salicylsäure in Lösung geht, hängt vom verwendeten Lösungsmittel ab.

Quellen

  • DAC/NRF (aktuelle Version
  • Ziegler AL. Rezeptur-Retter - Problemrezepturen erkennen, Deutscher Apotheker Verlag, 1. Auflage, 201
  • Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch (aktuelle Version
  • Peuke C, Dreeke-Ehrlich M. Rezeptur - Leitlinien der Herstellung, Deutscher Apotheker Verlag, 4. Auflage, 2014.

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