Verlauf, Symptome und Therapie

Exokrine Pankreasinsuffizienz

Mag. pharm. Sonja Sofeit, MSc
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Die Ursachen für eine unzureichende Produktion von Verdauungsenzymen durch die Bauchspeicheldrüse reichen von Entzündungen über Stoffwechselstörungen bis hin zu Tumoren. © Shutterstock
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Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) liegt versteckt hinter dem Magen, misst etwa 15 cm und wiegt rund 100 g. Sie gliedert sich in drei Abschnitte: den Pankreaskopf, den Pankreaskörper und den Pankreasschwanz. Der Gallengang verläuft teilweise durch den Pankreaskopf, während der Pankreasschwanz auf der linken Seite bis zur Milz reicht. Täglich produziert das Organ 1,5 bis 3 Liter enzymhaltiges Sekret, das über 20 verschiedene Verdauungsenzyme oder deren inaktive Vorstufen enthält. Zu den wichtigsten Enzymen zählen die Amylase, die Lipase und das Trypsin. 

Übersicht
Pankreasenzyme und Proenzyme
  • Enzyme zur Eiweißspaltung: 
    - Endopeptidasen: Trypsinogen, Chymotrypsinogen, Elastase       (Proelastase)
    - Exopeptidasen: Carboxypeptidasen (Procarboxy­peptidase A & B), 
     Aminopeptidase
  • Enzyme zur Kohlenhydratspaltung: 
     α-Amylase
  • Enzyme zur Spaltung von Nukleinsäuren: 
     Ribonukleasen, Desoxyribonukleasen
  • Enzyme zur Fettspaltung: 
     Pankreaslipase mit Prokolipase, Pankreasesterase,   Lysophospholipase, Cholesterinesterase, Phospholipase A   (Prophosphatase A), Gallensalzaktivierte Lipase

Funktionen des Pankreas

Die Bauchspeicheldrüse erfüllt drei wesentliche Aufgaben:

  • Verdauungsfunktion (exokrine Funktion): Freisetzung von Enzymen zur Nahrungsverwertung 
  • Blutzuckerregulation (endokrine Funktion): Produktion von Hormonen wie Insulin und Glukagon
  • Neutralisation der Magensäure: Abgabe von Bikarbonat zur Pufferung des sauren Mageninhalts im Dünndarm

Wenn die Bauchspeicheldrüse ihre exokrine Funktion teilweise oder vollständig einstellt, spricht man von einer exokrinen Pankreasinsuffizienz. Die Bauchspeicheldrüse ist dann nicht mehr in der Lage, ausreichend Verdauungsenzyme zu produzieren, was zu einer ausgeprägten Verdauungsstörung führt.

Häufig übersehen: Bauchschmerzen und Blähungen könnten ein Hinweis auf eine exokrine Pankreasinsuffizienz sein. © iStock
Häufig übersehen: Bauchschmerzen und Blähungen könnten ein Hinweis auf eine exokrine Pankreasinsuffizienz sein. © iStock

Chronische Pankreatitis als häufigster Auslöser

Die Ursachen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz sind vielfältig und können sowohl organischer als auch funktioneller Natur sein. Bei Erwachsenen ist eine chronische Pankreatitis an erster Stelle zu nennen, häufig bedingt durch übermäßigen Alkoholkonsum oder Gallensteine. Auch eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse, Tumoren, operative Eingriffe wie die teilweise Entfernung des Organs, Diabetes mellitus (Typ 1 und 2), Zöliakie, Mukoviszidose, Morbus Crohn, bariatrische Eingriffe, HIV/AIDS sowie genetische und angeborene Erkrankungen können die Funktion der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen. Übergewicht und ein fortgeschrittenes Lebensalter gelten zudem als begünstigende Faktoren. Bei Kindern ist die exokrine Pankreasinsuffizienz oft Ausdruck einer zystischen Fibrose. 

Folge der exokrinen Pankreasinsuffizienz ist eine verminderte oder fehlende Enzymsekretion. Vor allem durch Lipasemangel kommt es zur Maldigestion und Malabsorption von Fetten. Kohlenhydrate können hingegen durch Enzyme aus Speichel, Magen und Duodenum größtenteils weiterhin normal abgebaut werden. 

Typisches Symptom: Fettstuhl

Die Symptome einer exokrinen Pankreasinsuffizienz sind relativ unspezifisch, wodurch die Diagnosestellung erschwert wird und die Erkrankung häufig übersehen wird. Insbesondere bei Diabetiker:innen gilt die Erkrankung als unterdiagnostiziert. Bei Symptomen wie Fettstuhl, abdominellen Beschwerden, Blähungen und Gewichtsabnahme sollte daher immer auch an Pankreasinsuffizienz gedacht werden. Im Vordergrund stehen die Symptome der Maldigestion: Diarrhoe, großes Stuhlvolumen, schmieriger fettiger Stuhl, abdominelle krampfartige Schmerzen im Oberbauch, Völlegefühl (meist etwa 30 bis 60 Minuten nach einer Mahlzeit), Flatulenz, Blähungen und Gewichtsverlust. In fortgeschrittenen Stadien entwickelt sich ein Mangel an den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K. Die Maldigestion von Fetten durch das Fehlen von Lipasen ist die Ursache für Fettstühle (Steatorrhoe) – das typische Leitsymptom der exokrinen Pankreasinsuffizienz. 

Gefahr der Malnutrition 

Ist die Pankreasinsuffizienz nur von schwacher bis mäßiger Ausprägung, wird sie leicht übersehen. Eine frühe Diagnose ist aber für den Therapieerfolg wichtig, andernfalls drohen Maldigestion, Malabsorption und Malnutrition. Durch Malnutrition kann es zu Mikronährstoffmangel und in Folge zu Störungen des Knochenstoffwechsels mit Osteomalazie und Osteoporose kommen. Auch Muskelkrämpfe, abnehmende Immunkompetenz und ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko treten vermehrt auf.

Diagnostik: Atemtest oder Stuhltest

Zur Diagnosesicherung sollte stets ein nicht-invasiver Pankreasfunktionstest durchgeführt werden. Am praktikabelsten sind die Messung der fäkalen Elastase-1 oder ein Atemtest mit 13C-markierten Lipiden. Liegt die Elastase-1-Konzentration im Stuhl im Normalbereich, ist eine schwere exokrine Pankreasinsuffizienz unwahrscheinlich. Ein erniedrigter Wert gibt zwar einen ersten Hinweis, ist aber noch kein Beweis für eine exokrine Insuffizienz, da dies auch andere Ursachen haben kann.

Physiologisch wird die Pankreas-Elastase-1 nicht gespalten, weshalb eine lineare Korrelation zwischen der vom Pankreas sezernierten Elastase-1 und der Elastase-1 im Stuhl besteht. Bei einer Pankreasinsuffizienz wird keine Elastase-1 mehr ausgeschüttet, entsprechend sinkt auch die Konzentration im Stuhl. Dieser Marker ist jedoch nur bei schweren Formen der Insuffizienz hochsensitiv. 

Der Referenzbereich im Stuhl beträgt bei Erwachsenen und Kindern ab dem ersten Lebensmonat 200 bis > 500 μg E1 pro Gramm Stuhl. Werte von 100 bis 200 μg E1/g weisen auf eine leichte bis mittlere exokrine Pankreasinsuffizienz hin, Werte < 100 μg E1/g werden als schwere exokrine Pankreasinsuffizienz klassifiziert.

Eine Trypsinogen-Konzentration im Serum von unter 20 ng/ml spricht ebenfalls für eine fortgeschrittene exokrine Pankreasinsuffizienz. Ebenso stellen Stuhlfettwerte ≥ 15 g/d bei entsprechender Symptomatik eine Indikation zur Substitution von Pankreatin dar. 

Therapie durch Enzymsubstitution

Im Zentrum der Therapie steht die Substitution von Pankreasenzymen in Form von Schweine-Pankreatin (oder Rizoenzymen aus dem japanischen Reispilz Rhizopus oryzae). Die Dosierung wird an die Mahlzeiten angepasst. Die benötigte Dosis ist individuell und wird gemäß dem Ansprechen titriert. Empfohlen werden meist 25.000 bis 80.000 Einheiten Lipase zu den Hauptmahlzeiten. Die übliche Dosis für eine Zwischenmahlzeit liegt bei der Hälfte der Dosis für eine Hauptmahlzeit. Pro Gramm Nahrungsfett werden etwa 2.000 I.E. Lipase gegeben. Der tägliche Bedarf ist individuell recht unterschiedlich. Die Gabe des Lipasepräparates sollte zu jeder fettigen Mahlzeit erfolgen. Besteht ein klinischer Verdacht, sollte möglichst früh eine Enzymsubstitution eingeleitet werden. Weitere sinnvolle Maßnahmen sind der Verzicht auf Rauchen, Alkohol und eine Diät, die der leichten Vollkost entspricht. 

Diabetiker:innen mit neu begonnener oder erhöhter Pankreatintherapie sollten ihre Blutzuckerspiegel vorübergehend engmaschiger kontrollieren, da die verbesserte Nährstoffdigestion zu Veränderungen der Blutzuckerregulation führen kann. Hier sind sowohl Hyperglykämien durch die verbesserte Kohlenhydrataufnahme möglich als auch Hypoglykämien als Folge der besseren Nährstoffaufspaltung, die die Freisetzung von GLP-1 und damit auch die endogene Insulinsekretion erhöht.

Bei Diabetiker:innen kann eine Pankreatintherapie zu Hyper- oder Hypoglykämien führen. Deshalb ist bei Behandlungsbeginn eine vorübergehende engmaschige Blutzuckerkontrolle wichtig. © Shutterstock
Bei Diabetiker:innen kann eine Pankreatintherapie zu Hyper- oder Hypoglykämien führen. Deshalb ist bei Behandlungsbeginn eine vorübergehende engmaschige Blutzuckerkontrolle wichtig. © Shutterstock

Enzymgemisch Pankreatin

Pankreatin ist ein Gemisch aus Verdauungsenzymen mit proteolytischer, lipolytischer und amylolytischer Aktivität. Es handelt sich um ein schwach braunes, amorphes Pulver, das in Wasser teilweise leicht löslich ist. Aufgrund seiner Empfindlichkeit gegenüber Magensäure muss Pankreatin in magensäureresistenter Form oder zusammen mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI) verabreicht werden, um seine Wirksamkeit zu gewährleisten.

Zu den Indikationen für die Anwendung von Pankreatin gehören die Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl und Flatulenz sowie die Unterstützung bei einer Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse. Diese kann beispielsweise im Rahmen von Erkrankungen wie zystischer Fibrose, chronischer Pankreatitis, nach einer Pankreatektomie oder Gastrektomie auftreten. Besonders bei Patient:innen mit zystischer Fibrose zeigt sich eine Pankreasinsuffizienz in bis zu 85 % der Fälle.

An Folsäure denken

Pankreatinpräparate werden während der Mahlzeit mit ausreichend Wasser eingenommen. Keinesfalls sollten die Kapseln zerkaut werden, da sonst die Schleimhaut des Mundes geschädigt werden kann. Kontraindikationen sind Überempfindlichkeit und eine akute Pankreatitis. Pankreatin kann die Aufnahme von Folsäure reduzieren, wodurch eine Folsäuresubstitution indiziert sein kann. 

Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehören Schmerzen im Magen-Darm-Bereich, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Völlegefühl, Durchfall. Diese Beschwerden können jedoch auch durch die zugrunde liegende Erkrankung bedingt sein, welche die Einnahme des Enzympräparats erforderlich gemacht hat.

Erfolgskontrolle und Dosisanpassung

Ein Behandlungserfolg zeigt sich in der Regel durch eine spürbare Linderung der Beschwerden innerhalb einer Woche. Falls trotz korrekter Dosierung keine ausreichende Wirkung erzielt wird, kann die zusätzliche Gabe eines PPI sinnvoll sein, da die Wirksamkeit der Lipase vom pH-Wert abhängt.

Bleibt der Erfolg weiterhin aus, kann die Enzymdosis schrittweise verdoppelt oder verdreifacht werden. Es ist jedoch wichtig, sehr hohe Enzymdosen zu vermeiden. Tagesdosen von mehr als 10.000 bis 20.000 Einheiten Lipase pro Kilogramm Körpergewicht gelten als kritisch und sollten vermieden werden.


Quellen

  • S3-Leitlinie: Pankreatitis (2021), AWMF Reg.Nr. 021-003
  • Mössner J, et al.: Therapie mit Pankreasenzymen. Deutsches Ärzteblatt 2011; 108(34-35): 578-582.
  • Witt H: Exokrine Pankreasinsuffizienz. In Gastroenterologie–Hepatologie–Ernährung–Nephrologie–Urologie (2024), S. 253-259, Springer Berlin Heidelberg.
  • Stiefelhagen P: Oft übersehen: Exokrine Pankreasinsuffizienz. CME 2023, 20(3), 46-46.
  • Kieseritzky K: Bei unspezifischen Symptomen auch an exokrine Pankreasinsuffizienz denken. Gastro-News 2024; 11: 59.

    Weitere Literatur auf Anfrage

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