Prophylaxe bei Druckgeschwüren

Dekubitus: Eine vermeidbare Erkrankung

Mag. pharm.

LARISSA

WALCH

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Ein Dekubitus kann schwerwiegende Folgen haben, oft haben Betroffene enorme Schmerzen, die Geschwüre können sogar lebensbedrohlich werden. Auch nach dem Abheilen bleiben teilweise dauerhaft Schäden und Schmerzen. Eine gezielte Prophylaxe von Druckgeschwüren ist daher bei bettlägerigen Personen essenziell. 

In einer Pflegequalitätserhebung aus dem Jahr 2015 lag die Prävalenz von Dekubitusgeschwüren in Österreich bei 4,2 % der Patient:innen in Pflegeeinrichtungen. 2,7 % der Personen wiesen sogar ein Geschwür der Kategorie 2 oder höher auf (siehe Kasten, S.58). 

Ob es sich grundsätzlich um einen Dekubitus oder eine andere Art von Geschwür handelt, lässt sich durch den „Fingertest“ herausfinden, bei dem Druck auf die gerötete Stelle ausgeübt wird. Bereits bei einem Dekubitus der Kategorie 1 verschwindet die entstandene Rötung erst nach Stunden oder Tagen, nachdem kein Druck mehr auf die Hautstelle ausgeübt wird. Bei einem Dekubitusgeschwür kommt es zu einer lokal begrenzten Schädigung der Haut infolge von Druck oder Druck in Kombination mit Scherkräften. Auch tiefere Gewebeschichten wie Fettgewebe oder Muskulatur können betroffen sein. Meistens entstehen die Hautgeschwüre über knöchernen Vorsprüngen. Die Erkrankung betrifft besonders ältere und pflegebedürftige Personen, da bei ihnen oft eine eingeschränkte Mobilität und Hautelastizität vorliegt, was das Risiko erhöht. Als Folge können chronische Entzündungsprozesse entstehen, wodurch wiederum das Risiko für weitere Erkrankungen erhöht wird.

Wichtig

Ein fortgeschrittener Dekubitus stellt ein gefährliches Einfallstor für bakterielle Infektionen dar.

Betroffene leiden oft über Monate oder Jahre an den Folgen eines Dekubitus, der mit starken Schmerzen, ständiger Wundversorgung und manchmal auch einem septischen Verlauf einhergeht. Ein fortgeschrittener Dekubitus stellt ein gefährliches Einfallstor für bakterielle Infektionen dar. Die Entzündung kann im schlimmsten Fall bis zum Knochen vordringen oder sogar zu einer Blutvergiftung führen. Insbesondere bei multimorbiden, älteren Menschen können infizierte Wunden schwerwiegende Komplikationen verursachen, die bis hin zum Tod führen können.

Ursachen und Risikofaktoren 
Bettlägerige Personen, die über längere Zeit immobil sind und Positionswechsel nicht mehr eigenständig durchführen können, sind besonders gefährdet, einen Dekubitus zu entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel Menschen nach einem Schlaganfall, Personen mit Lähmungen oder Patient:innen im Koma. Weitere Risikofaktoren sind ein beeinträchtigter Hautzustand, trockene und rissige Haut sowie ständige Feuchtigkeit, etwa durch Inkontinenz. Auch bestimmte Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen und Über- oder Untergewicht können das Risiko für die Entstehung eines Dekubitus erhöhen. Besonders druckgefährdete Stellen mit wenig bis keinem muskulären Gewebe zwischen Haut und Knochen sind:
• In Rückenlage: Ferse, Ellenbogen, Steißbereich, Hinterkopf, Kreuzbein und Wirbelsäule
• In Seitenlage: Ohrmuscheln, Hüftknochen, Schultergelenk/-blatt und Knöchel

Am häufigsten, mit ca. 40 % aller Fälle, treten Dekubitusgeschwüre im Bereich des Steißbeins auf, der sogenannte Dekubitus sacralis. Die Ferse ist mit rund 18 % die zweithäufigste betroffene Stelle. 

Gewebe bei normaler und bei Druckbelastung © Screenshot APOverlag
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Entstehung eines Dekubitus
Der Auflagedruck, die Druckverweildauer und die jeweiligen Risikofaktoren spielen bei der Entstehung eines Dekubitus eine wichtige Rolle. Bereits das eigene Körpergewicht kann ausreichen, um die Kapillaren der Leder- und Unterhaut abzudrücken. Dadurch entsteht eine unzureichende Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen. Ob es zu einer Schädigung kommt, hängt von der Intensität der mechanischen Kräfte und der Art des Gewebes ab.

Ein Gewebe mit einem hohen Anteil an kollagenen Fasern ist deutlich widerstandsfähiger gegenüber Druck und Scherkräften. Die Haut kann sich in der Regel nach Druckbelastung erholen und längere ischämische Phasen ohne bleibende Schäden überstehen. Muskelgewebe und subkutanes Fettgewebe reagieren sensibel auf mechanische Verformung und Ischämie. Durch Ischämie, gestörten lymphatischen Abfluss und mechanische Zelldeformation entstehen Zellschädigungen, die schließlich zu Gewebenekrosen und einem Dekubitusgeschwür führen.

Prophylaxe
Das oberste Ziel sollte immer die Vermeidung eines Dekubitusgeschwürs sein. Ein entscheidender Faktor hierfür ist die richtige Lagerung und Mobilisation der Patient:innen. Durch gezielte Bewegungsförderung und Positionierung von gefährdeten Personen können die Haut und das Gewebe entlastet werden. Die tägliche Hautkontrolle ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Dekubitusprophylaxe. 

Der Hautpflege sollte bei bettlägerigen Personen dabei besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Hautreinigung sollte idealerweise nur mit pH-neutralen Pflegemitteln erfolgen. Cremen auf Wasser-in-Öl-Basis (W/O-Basis) werden bevorzugt, um die Haut vor dem Austrocknen zu schützen. Zudem wird atmungsaktive, nicht einschnürende Kleidung wie Socken oder Hosen ohne Gummibund empfohlen. Bei Personen, die längere Zeit bettlägerig sind, kann eine Dekubitusmatratze sinnvoll sein, die gezielt gefährdete Stellen druckentlastet. Insgesamt ist es wichtig, pflegebedürftige Personen vorausschauend zu beobachten und Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen, um rechtzeitig die richtigen präventiven Maßnahmen zu ergreifen.
Ernährung unterstützt die Wundheilung
Die richtige Ernährung ist einerseits bei einem schon erstandenen Dekubitus, andererseits aber auch in der Prophylaxe essenziell. Am besten ist eine möglichst abwechslungsreiche Kost mit einer ausreichenden Versorgung von Eiweißen, Vitaminen und Mineralstoffen. 

Für die Wundheilung wichtige Vitamine sind Vitamin A, C, E und D3. Vitamin A fördert den Aufbau neuer Hautzellen, Vitamin C wirkt antioxidativ und fördert die Kollagensynthese, Vitamin E wirkt entzündungshemmend und unterstützt, genauso wie Vitamin D3, das Immunsystem. Vitamin D3 fördert außerdem die Zellteilung. Der wichtigste Mineralstoff für die Wundheilung und zum Schutz der Hautbarriere ist Zink. Das Spurenelement wirkt entzündungshemmend und kann durch die Beeinflussung der Zelldifferenzierung und Regenerationsprozesse die Wundheilung fördern. Auch eine gute Eisenversorgung kann helfen: Wundgewebe braucht Eisen, um eine Verletzung während des Heilungsprozesses mit Sauerstoff suffizient zu versorgen. Und natürlich ist auch eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung notwendig, da bei nässenden Wunden durch das Exsudat viel Flüssigkeit verloren gehen kann.

Klassifikation: Vier Dekubitus-Kategorien*

Kategorie 1: 
Lokale Rötung der Haut 
(bleibt auch nach Druckentlastung)

Kategorie 2: 
Schädigung der Epithelschicht bis zur Dermis

Kategorie 3: 
Schädigung aller Gewebeschichten 
(subkutanes Gewebe sichtbar)

Kategorie 4: 
Vollständiger Gewebeverlust (Muskeln, 
Sehnen und Knochen werden sichtbar)

* Es existieren zwei weitere Sonderkategorien für nicht 
eindeutig definierbare Geschwüre.

Richtige Wundauflage entscheidend 
Die wichtigste Maßnahme zur Behandlung eines Dekubitus, insbesondere bei einem Geschwür der Kategorie 1, ist die Druckentlastung. Dadurch kann die Durchblutung von Haut und Gewebe wiederhergestellt werden. Wird ein Dekubitus frühzeitig entdeckt, kann sich das Gewebe erholen und sogar heilen. 
Hat sich bereits eine Wunde der Kategorie 2 oder höher entwickelt, ist eine sachgerechte Wundversorgung erforderlich. Die Wahl der richtigen Wundauflagen ist entscheidend: Bei einem Dekubitus der Kategorie 2 mit mäßiger Exsudation eignen sich Hydrokolloide, Hydrogele und Polymere. Für Dekubitus der Kategorie 3 und 4 mit geringem Exsudat werden Hydrogele verwendet, bei mäßigem Exsudat eignen sich Calciumalginat-Verbände.

Bei einem infizierten Dekubitus kommen spezielle Schaumverbände mit antimikrobiellen Substanzen zum Einsatz. Eine angemessene Schmerztherapie ist ebenfalls von großer Bedeutung. Patient:innen leiden oft über längere Zeit unter starken Schmerzen. Der Verbandswechsel stellt für viele Betroffene eine erhebliche Belastung dar. Bei fortgeschrittenen Geschwüren der Kategorien 3 und 4 kann eine Operation erforderlich sein. Das Ziel einer chirurgischen Rekonstruktion ist es, die Wunde zu säubern, infiziertes Gewebe zu entfernen, die Blutung zu stillen und den Defekt mit vitalem Gewebe spannungsfrei zu verschließen. Zusätzlich muss das rekonstruierte Gewebe entlastet werden. Je nach betroffener Stelle kann der Defekt durch eine Hauttransplantation oder eine Lappenplastik (Verlagerung von Eigengewebe) behandelt werden.

Fazit
Oberstes Ziel sollte es sein, mittels einer geeigneten Prophylaxe keine Dekubitusgeschwüre entstehen zu lassen und den Patient:innen so viel Leid zu ersparen.

Quellen
•   Seiler WO: Dekubitus – Pathogenese und Prophylaxe (I). Wundforum: das Magazin für Wundheilung und Wundbehandlung 2002; 3: 9-15
•   Eisenberg M.: Dekubitus-Therapie mit Lappenplastik: was Pflegekräfte wissen sollten. 2024 
https://www.draco.de/dekubitus-therapie-mit-lappenplastik/ [22.08.2024]
•   Mayers: Ernährungstherapie bei Dekubitus. Journal für Ernährungsmedizin 2002; 4 (4): 11-12 https://www.kup.at/kup/pdf/1305.pdf [22.08.2024]
•   Aspäck et al.: Dekubitusprävention- Update der Handlungsempfehlung „Dekubitus frei“. 2018. 
https://pflegewissenschaft.medunigraz.at/frontend/user_upload/OEs/institute/pflegewissenschaft/pdf/Dekubitusempfehlungen.pdf [22.08.2024]
•   Tomova-Simitchieva et al.: Die Epidemiologie des Dekubitus in Deutschland: eine systematische Übersicht. Gesundheitswesen 2019; 81(06): 505-512

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