Erkältungshusten

Trocken oder verschleimt? Egal!

Mag. pharm. Irene Senn, PhD
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Husten © Shutterstock
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Ein akuter Husten aufgrund eines banalen Atemweginfekts zählt in der kalten
Jahreszeit zu den häufigsten Gründen für einen Besuch in der Apotheke. Bei ansonsten gesunden Personen verlaufen Erkältungserkrankungen unkompliziert und sind in der Selbstmedikation gut behandelbar. 

Evidenzbasierte Empfehlungen mit vielen nützlichen Hinweisen für die pharmazeutische Beratung finden sich in zwei deutschen Leitlinien, nämlich in der

• S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)1 aus dem Jahr 2019, die sich v. a. an Pneumologen richtet, sowie in der

• S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)2, die gerade erst im Juni 2021 aktualisiert wurde und sich v. a. an Allgemeinmediziner richtet.

Die wichtigsten Punkte daraus sind im Folgenden zusammengefasst.

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Akut – subakut – chronisch

Typischerweise beginnt ein Erkältungshusten mit einem trockenen Reizhusten, der nach etwa drei Tagen produktiv wird. Während sich der Allgemeinzustand meist nach einigen Tagen verbessert, kann der Husten durchaus länger anhalten. Eine Dauer von bis zu drei Wochen ist nichts Ungewöhnliches – und bis zu dieser Grenze fällt ein Husten per definitionem unter die Kategorie „akuter Husten“ (siehe Tabelle).

Mitunter hält der Husten auch noch länger an: Neben Adenoviren zählen Mycoplasma pneumoniae und Chlamydophila pneumoniae zu den Ursachen für verzögert verlaufende Bronchitiden. Bei diesen Erregern hält der Husten über sechs bis acht Wochen an. Auch eine postvirale Rhinosinusitis führt dazu, dass der Husten nur zögerlich nachlässt.

Früher sprach man bereits nach drei Wochen von einem chronischen Husten; heute wird der Zeitraum von drei bis acht Wochen als subakut bezeichnet, und erst nach acht Wochen gilt der Husten als chronisch. Subakuter Husten ist in der Regel ebenso wie der akute Husten selbstlimitierend und bedarf bei unkompliziertem Verlauf keiner weiteren Abklärung.

Klassifizierung des Hustens nach Dauer2

akut bis zu 3 Wochen
subakut 3 bis 8 Wochen
chronisch über 8 Wochen


Mehr als acht Wochen: zum Arzt

Die erste und wichtigste Frage im Beratungsgespräch ist, wie lange die Symptomatik schon besteht. Eine medizinische Abklärung muss erst dann empfohlen werden, wenn der Husten länger als acht Wochen andauert. Sind andere Alarmzeichen vorhanden, ist selbstverständlich schon früher ein sofortiger Arztbesuch anzuraten: Also bspw. dann, wenn Betroffene über Atemgeräusche, Atemnot in Ruhe, Herzrasen, Brustschmerzen, blutigen Auswurf oder Fieber klagen. Seit 2020 muss bei jeder neu aufgetretenen respiratorischen Symptomatik auch COVID-19 als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden. Der Verdacht ist v. a. dann gegeben, wenn gleichzeitig weitere typische COVID-19-Symptome wie Fieber, Atemnot und plötzlichem Riech- und Geschmacksverlust auftreten. Gibt es keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Erkrankung, kann symptomatisch behandelt werden.

Trocken oder verschleimt?

Die Unterscheidung in einen trocken-gereizten und produktiv-verschleimten Husten besitzt aus therapeutischer Sicht wenig Relevanz. Denn einerseits sind die Grenzen fließend, andererseits haben viele Patienten ohnehin Schwierigkeiten, diese Frage zu beantworten. Die Menge des Sputums wird oft überschätzt (sie ist bei banalen Atemwegsinfektionen grundsätzlich gering), außerdem ist es für viele Menschen schwierig, das Bronchialsekret vom Speichel abzugrenzen. 

Symptomatische Therapie

Grundsätzlich klingt ein banaler Erkältungshusten auch ohne medikamentöse Therapie folgenlos ab. Vielfach wird von Kunden aber eine unterstützende Therapie ausdrücklich gewünscht. Zur Symptomlinderung sind eine große Anzahl an frei verkäuflichen Präparten verfügbar.

Synthetische Wirkstoffe

Die Daten zur Wirksamkeit für chemisch definierte Wirkstoffe sind dünn bis nicht vorhanden, so die Leitlinien. 

Expektorantien wie Ambroxol oder Acetylcystein sollen bei einem produktiven Husten die Sekretion der Bronchialflüssigkeit fördern und die Viskosität eines verfestigten Bronchialschleims senken. Eine moderate Evidenz zeigten verschiedene Expektorantien in einem rezenten Cochrane-Review zur Reduktion von Exazerbationen bei einer chronischen Bronchitis bzw. COPD.3 Der Nutzen von Mukolytika bei akutem Husten ist jedoch nicht in belastbaren Studien belegt und wird daher in der DEGAM-Leitlinie ausdrücklich nicht empfohlen. Die DPG zitiert eine akzeptable randomisierte Placebo-kontrollierte Studie für Ambroxol4. Für Guaifenesin und Bromhexin gibt es wenige Studien, die allenfalls eine schwache Wirksamkeit bei akutem Husten zeigen.5

Auch Antitussiva wirken im Hinblick auf die Hemmung des Hustenreizes bei akutem Husten nicht besser als Placebo, liest man in beiden deutschen Leitlinien. Codeinpräparate können aber den Nachtschlaf verbessern und bei sehr quälendem Hustenreiz kurzfristig auf ärztliche Verschreibung zur Anwendung kommen. Der klinische Nutzen von Dextrometorphan scheint der DEGAM-Leitlinie zufolge ebenfalls relativ gering zu sein: In den ersten drei Stunden nach der Einnahme kam es zu durchschnittlich 12 bis 17 % weniger Husten.6 Allerdings stammen die Daten aus überwiegend herstellerfinanzierten Studien. Zu bedenken sind auch das Missbrauchspotenzial sowie die CYP450-bedingten Interaktionen. 

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Für pflanzliche Präparate ist die Datenlage in der Indikation „akute Bronchitis“ besser als für synthetischeWirkstoffe. Dementsprechend fallen auch die Empfehlungen in den Leitlinien aus. © Shutterstock

Phytopharmaka

Aufgrund der geringen Evidenzlage für chemische Wirkstoffe hat die Phytotherapie zur Behandlung eines banalen Erkältungshustens einen besonders hohen Stellenwert. Tatsächlich haben pflanzliche Arzneimittel bei akuten Atemwegserkrankungen ein umfassenderes Wirksamkeitsprofil und konnten in mittelgroßen Einzelstudien inzwischen recht zufriedenstellende Effekte nachweisen. Dies schlägt sich auch in den Empfehlungen der Leitlinien nieder. 

Da es sich bei pflanzlichen Extrakten immer um Vielstoffgemische handelt, können diese Arzneimittel meist mehrere Angriffspunkte adressieren und auf vielfältige Weise ins Krankheitsgeschehen eingreifen. Aufgrund dieser „Multitarget-Wirkung“ wird bei pflanzlichen Präparaten meist nicht so klar zwischen Expektorantien und Antitussiva unterschieden. 

Viele Phytopharmaka können die Dauer und Intensität eines akuten Hustens reduzieren. Valide Wirksamkeitsnachweise aus randomisierten kontrollierten
Studien konnten für Zubereitungen aus Efeu7, 8, Cineol9, Myrtol4, 10, Pelargonium sidoides11, 12 und Kombinationspräparate aus Efeu und Thymian12, 13 sowie Primel und Thymian12, 14 erbracht werden. 

Zu bedenken gilt, dass Pflanzenextrakte von verschiedenen Herstellern nicht direkt vergleichbar sind. Denn je nach Extraktionsmethode kann die Zusammensetzung stark variieren. Studienergebnisse zu Phytopharmaka gelten daher nicht allgemein für die untersuchte(n) Pflanze(n), sondern immer nur für das getestete Präparat.

Quellen

1   Kardos P. et al.: S2k-Leitinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten.
AWMF-Register-Nr 020-003. 2019

2   DEGAM: S3 Leitlinie: Akuter und chronischer Husten. AWMF-Reg-Nr 053-011. 2021

3   Poole P. et al.: Mucolytic agents versus placebo for chronic bronchitis or chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database Syst Rev. 2019;5(5):Cd001287

4   Matthys H. et al.: Efficacy and tolerability of myrtol standardized in acute bronchitis.
A multi-centre, randomised, double-blind, placebo-controlled parallel group clinical trial vs. cefuroxime and ambroxol. Arzneimittelforschung. 2000;50(8):700−11.

5   Smith S.M. et al.: Over-the-counter (OTC) medications for acute cough in children and adults in community settings. Cochrane Database Syst Rev.;2014(11):Cd001831

Weitere Literatur auf Anfrage

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