Phytotherapeutische Behandlungs­­optionen

Spagat zwischen Prämenstruellem Syndrom und Wechseljahren

Mag. pharm. Arnold Achmüller
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Menstruations- und Wechseljahresbeschwerden sind weit verbreitet und beeinträchtigen viele Frauen. Etwa 20 bis 40 % aller Mädchen und Frauen leiden unter stärker ausgeprägten Beschwerden des Prämenstruellen Syndroms (PMS), die ihren Alltag spürbar beeinträchtigen. Bei etwa 3 bis 8 % sind die Symptome, insbesondere die psychischen Probleme, so intensiv, dass sie das tägliche Leben erheblich stören. Darüber hinaus erleben zwei Drittel der Frauen in den Wechseljahren Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen, die durch den Abfall der Östrogen- und Progesteronspiegel verursacht werden. Neben der klassischen Hormontherapie und Kontrazeptiva bieten Heilpflanzen wie Traubensilberkerze, Mönchspfeffer und Phytoöstrogene sichere Therapieoptionen für diese Beschwerden.

Mönchspfeffer: Effektive Linderung bei PMS und Zyklusstörungen

Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus L.) ist vom Mittelmeerraum bis nach Zentralasien verbreitet und hat in der Frauenheilkunde eine lange Tradition. Die Früchte enthalten Iridoide, Flavonoide, Bitterstoffe und ätherisches Öl, die die Sekretion von Prolaktin reduzieren. Ein erhöhter Prolaktinspiegel wird für zyklusabhängige Beschwerden verantwortlich gemacht und zahlreiche Studien belegen die Wirksamkeit von Mönchspfeffer bei Zyklusstörungen.

Eine placebokontrollierte Studie mit dem Spezialextrakt Ze 440 an 162 Frauen zeigte, dass eine Tagesdosis von 20 mg des Trockenextraktes die Symptome von PMS (Gereiztheit, Kopfschmerzen, Spannungsgefühl in den Brüsten) signifikant stärker reduzierte als 8 mg und Placebo. Zwischen 20 und 30 mg Tagesdosis gab es keinen signifikanten Unterschied. Fachgesellschaften empfehlen Mönchspfeffer dementsprechend bei PMS und Menstruationsstörungen, jedoch nicht bei akuten Unterleibsschmerzen, da er keinen Effekt auf das Prostaglandinsystem hat. Eine Studie zeigte allerdings, dass nach dreimonatiger Anwendung schmerzhafte Menstruationsepisoden ähnlich effektiv wie bei einer hormonellen Therapie reduziert werden können.

Eine kleine placebokontrollierte Studie mit 52 Teilnehmerinnen deutete auf mögliche positive Effekte bei Wechseljahresbeschwerden hin. In der Verumgruppe, die einen Mönchspfeffer-Extrakt erhielt, reduzierten sich Ängstlichkeit und vasomotorische Beschwerden wie Hitzewallungen.

Mönchspfeffer eignet sich nicht als Tee, sondern sollte als Trockenextrakt oder in Form einer Tinktur mindestens drei Monate eingenommen werden. Die empfohlene Tagesdosierung liegt bei 4–20 mg, wobei 20 mg besonders wirksam sind. Nebenwirkungen sind selten, können jedoch allergische Reaktionen, Kopfschmerzen und gastrointestinale Beschwerden umfassen. Die Anwendung ist bei östrogensensitiven Tumoren, Hypophysentumoren, Schwangerschaft, Stillzeit sowie bei Einnahme von Dopamin-Agonisten oder -Antagonisten, Östrogenen oder Antiöstrogenen kontraindiziert.

Traubensilberkerze: Wirksam und gut verträglich

Die aus Nordamerika stammende Traubensilberkerze (Actaea racemosa L., Syn. Cimicifuga racemosa (L.) Nutt.) wird seit Jahrzehnten in der Frauenheilkunde eingesetzt. Die Wurzel enthält Triterpenglykoside (4 bis 7 %), die wahrscheinlich die Wirksubstanzen darstellen, sowie Phenylcarbonsäuren wie Isoferulasäure und Cimicifugasäuren. Obwohl der genaue Wirkmechanismus noch nicht vollständig geklärt ist, deuten neuere Studien darauf hin, dass die Wirkung nicht über Östrogenrezeptoren vermittelt wird, sondern durch dopaminerge und serotonerge Effekte.

Klinische Studien haben gezeigt, dass Trauben­silberkerzen-Extrakte Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit und depressive Verstimmungen wirksam lindern. Eine Schweizer Studie mit 442 Teilnehmerinnen bestätigte diese Effekte nach 3 und 9 Monaten Behandlung. Eine Metaanalyse mit Daten von über 12.000 Patientinnen zeigte ebenfalls, dass sowohl isopropanolische als auch ethanolische Extrakte Placebo deutlich überlegen sind.

Das HMPC hat die Traubensilberkerze aufgrund dieser überzeugenden Studienlage als pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden anerkannt. Die empfohlene Dosierung liegt bei 1- bis 2-mal täglich 2,5 bis 6,5 mg Trockenextrakt (entspricht ca. 40 mg Droge pro Tag). Diese sollten am besten über Fertigarzneimittel über mehrere Monate eingenommen werden. Der Extrakt ist gut verträglich, nur gelegentlich können Magenbeschwerden auftreten. Nur bei Patientinnen mit östrogenabhängigen Tumoren sollte Traubensilberkerze sicherheitshalber nicht verwendet werden.

Johanniskraut: Hilfe bei depressiver Verstimmung und PMS

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Depressive Verstimmungen in den Wechseljahren können mit Johanniskraut umfassend gebessert werden. © shutterstock

Mehrere Studien zeigen, dass auch das Tüpfel-Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) Stimmungsschwankungen und depressive Symptome in den Wechseljahren lindern kann. Die antidepressive Wirkung wird durch die Down-Regulation von ß-Adrenorezeptoren durch Hyperforin und Hyperosid sowie durch die Normalisierung der überaktiven Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse erklärt. Standardisierte Präparate in Form von Kapseln oder Tabletten wirken am besten. Besonders effektiv ist die Kombination mit Traubensilberkerze, wie eine Studie von Briese et al. (2007) zeigt. In dieser Studie verbesserten sich die psychischen Symptome bei 6.141 Patientinnen mit der Kombination aus Traubensilberkerze und Johanniskraut deutlich besser als nur mit Traubensilberkerze.

Eine kleinere Studie aus dem Jahr 2010 zeigte zudem, dass 900 mg Johanniskrautextrakt täglich über zwei Monatszyklen sowohl körperliche als auch psychische Symptome des PMS signifikant gegenüber Placebo reduzieren konnte,8 wodurch sich Johanniskraut auch bei Menstruationsbeschwerden anbietet. Bei der Anwendung von Johanniskraut sollten immer mögliche Wechselwirkungen mit anderen über Cytochrom-P450 metabolisierten Arzneimitteln, u. a. Kontrazeptiva, beachtet werden.

Soja & Rotklee: Wirkung über Phytoöstrogene

Die in Soja (Glycine max (L.) Merr.) und Rotklee (Trifolium pratense L.) enthaltenen Isoflavone sind Phytoöstrogene, die selektiv die ß-Östrogenrezeptoren beeinflussen. Mehrere klinische Studien zeigten deren Nutzen bei menopausalen Beschwerden.

Eine Studie an 109 postmenopausalen Frauen ergab, dass 80 mg Rotklee-Isoflavone nach 90 Tagen die täglichen Hitzewallungen, Nachtschweiß und die all­gemeine Symptomintensität (Kupperman-Index) um durchschnittlich 73,5 %, 72,2 % und 75,4 % redu­zierten, während die Placebogruppe nur geringe Verbesserungen verzeichnete. Nach der Washout-Phase verschlechterten sich die Symptome in der Rotklee-­Gruppe wieder.

Die ß-Rezeptoren, vor allem im Herzen, den Knochen und im Gehirn, erklären die spezifische östrogenartige Wirkung auf die Knochenstärke und den leichten Schutz des Herz-Kreislauf-Systems. Aktuelle Studien belegen nicht nur den Nutzen bei menopausalen Beschwerden, sondern auch schützende Effekte auf das Herz-Kreislauf-System. Die S3-Leitlinie bei Wechseljahresbeschwerden empfiehlt daher eine tägliche Zufuhr von 30–80 mg Isoflavonen. Da diese Mengen nicht über Tee erreicht werden können, sind standardisierte Extrakte in Form von Kapseln oder Tabletten notwendig.

Nebenwirkungen sind selten, gelegentlich kann es zu leichter Übelkeit kommen. Bei Brust- oder Gebärmutterkrebserkrankungen sollte sicherheitshalber auf Isoflavone verzichtet werden.

Frauenmantel & Schafgarbe: Heilmittel aus der Volksmedizin

In der europäischen Volksheilkunde sind Frauenmantel (Alchemilla vulgaris L.) und Schafgarbe (Achillea millefolium L.) bewährte Mittel in der Frauenheilkunde. Die volkstümlichen Namen wie „Frauendank“ oder „Frauenkraut“ für Schafgarbe und „Frauenhilf“ für Frauenmantel spiegeln ihre traditionelle Anwendung wider. Schafgarbentee wird bei ausbleibender Menstruation und Regelschmerzen geschätzt, während Sitzbäder bei krampfartigen Unterleibsschmerzen empfohlen werden. Frauenmanteltee wird vorrangig bei starker Menstruationsblutung, Wechseljahresbeschwerden und als Schwangerschaftstee eingesetzt.

Trotz der jahrhundertelangen Anwendung gibt es kaum wissenschaftliche Studien zu diesen Heilpflanzen, weshalb Wirkstoffe und Wirkmechanismen weitgehend unbekannt sind. Eine der wenigen Studien zu Schafgarbe zeigte allerdings positive Ergebnisse: In einer doppelblinden, randomisierten Studie hatten Frauen mit primärer Dysmenorrhoe, die über zwei Menstruationszyklen an drei Tagen Schafgarbentee tranken, weniger Schmerzen als die Placebogruppe.

Zur Teezubereitung werden je ein Esslöffel (1 bis 2 g) getrocknetes Kraut von Frauenmantel oder Schafgarbe pro Tasse verwendet, empfohlen sind 2 bis 3 Tassen täglich. Nebenwirkungen sind nicht bekannt, lediglich bei Allergien gegen Korbblütler sollte auf Schafgarbe verzichtet werden.

Quellen

  • www.gesundheitsinformation.de
  • Csupor et al.: Vitex agnus-castus in premenstrual syndrome: A meta-analysis of double-blind randomised controlled trials. Complement Ther Med. 2019; 47:102190.
  • Vitex Agnus-Castus for the Treatment of Cyclic Mastalgia: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Womens Health (Larchmt). 2020; 29(2):262-278.
  • Naseri et al.: Comparison of Vitex agnus-castus Extracts with Placebo in Reducing Menopausal Symptoms: 
    A Randomized Double-Blind Study. Korean J Fam Med. 2019; 40(6):362-367.
  • Drewe et al.: The effect of a Cimicifuga racemosa extracts Ze 450 in the treatment of climacteric complaints--an observational study. Phytomedicine. 2013, 20(8-9):659-66.

Weitere Literatur auf Anfrage

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