Dass sich Viren und Bakterien in der kalten Jahreszeit besonders wohlfühlen und die Ansteckungsgefahr dementsprechend hoch liegt, zeigt die Statistik. Wichtige Rollen spielen dabei die Lufttemperatur, die Luftfeuchtigkeit, ein geschwächtes Immunsystem und der vermehrte Aufenthalt in geschlossenen und beheizten Räumen. Es hängt zwar von den jeweiligen biochemischen Eigenschaften des Erregers ab, welche Bedingungen ihn besonders stabil und damit infektiös machen; doch generell ist eine kalte Umgebungsluft stets förderlich für sein Überleben und seine Pathogenität.
Kälte reduziert Abwehrkräfte
Die Schleimhäute reagieren besonders sensibel auf Kälte und Trockenheit. Dadurch sinkt die wichtige Schleimhautbarriere und macht diese besonders anfällig für Erreger jeder Art. Ist die Schleimhautimmunität durch Stress, Rauchen, Alkohol, Pestizide, Umweltbelastungen, Schwermetalle, Medikamente, Nährstoffmangel, zu wenig Schlaf etc. zusätzlich belastet, ist den Eindringlingen Tür und Tor geöffnet. In der Folge können sich virale und bakterielle Erkrankungen in den Atemwegen, im Verdauungs- und/oder Urogenitaltrakt manifestieren. Der Angriff von Pathogenen verursacht akute und chronische Entzündungsprozesse, es kommt zur Verdickung der Schleimhaut und dementsprechenden Beschwerden. Häufig handelt es sich um Atembeschwerden, Kopfschmerzen, Aufstoßen, Sodbrennen, Durchfälle bis zu Blutungen u. v. m.
Trockene Schleimhäute sind anfällig für Infektionen
Verliert die Nasenschleimhaut an Feuchtigkeit, kann sie ihre Schutzfunktion nicht erfüllen. Hilfreich sind in diesem Fall pflegende Nasensprays, Inhalationen, Nasenspülungen, morgendliche Nasenduschen, eine Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 % in den Wohnräumen und ausreichende Mengen an Flüssigkeit (!). Das heißt, mindestens eineinhalb Liter pro Tag trinken, insbesondere elektrolythaltiges Mineralwasser, Tee oder stark verdünnte Säfte. Achtung: Zucker bindet den Speichel und kann, im Übermaß konsumiert, die Schleimhäute austrocknen.
Nährstoffkombination punktet vor allem in der Prophylaxe
Die Schleimhaut erneuert sich kontinuierlich innerhalb von wenigen Tagen und zeigt grundsätzlich einen hohen Nährstoffbedarf. So ist gerade in Zeiten einer vermehrten Virentätigkeit auf eine gute Versorgung mit Vitamin C, Vitamin E, Vitamin D, Selen, Zink, Flavonoiden/Carotinoiden und B-Vitaminen zu achten. Daraus abgeleitet sind ergänzende Kombinationen sowohl akut als auch prophylaktisch sinnvoll.
Vitamin C und Vitamin E arbeiten eng zusammen
Der aus immunbiologischer Sicht bekannteste Mikronährstoff ist das Vitamin C. Als wichtigster Spieler innerhalb des antioxidativen Systems ist Vitamin C maßgeblich für die Integrität von Immunzellen verantwortlich. Die Immunzellen sind gerade im akuten Zustand einer hohen Belastung an reaktiven Sauerstoffspezies ausgesetzt. Die in den Abwehrzellen erzeugten Radikale dienen zwar vorrangig der Abtötung der eingedrungenen Erreger, dennoch kann auch das körpereigene Zellmaterial geschädigt werden. Als wasserlösliches Antioxidans sorgt Vitamin C für den Schutz der Immunzellen und arbeitet eng mit Vitamin E zusammen. Durch den hohen Verbrauch an Vitamin C bei einem viralen Angriff sinkt der Vitamin-C-Spiegel drastisch ab. Um den Viren dennoch keine Chance zu geben, ist es sinnvoll bei einer beginnenden Erkältung rasch mit hohen Dosen Vitamin C zu unterstützen.
Empfohlene Dosierung:
akut: 1–10 g Vitamin C/Tag – aufgeteilt auf Einzeldosen
prophylaktisch: 500‒1.000 mg Vitamin C/Tag
Zink als Express-Nährstoff
Zink scheint ebenfalls unentbehrlich, wenn es um eine rasche Symptomlinderung bei einer akuten Infektion geht. So verhindert es per Verdrängungsprinzip das Anhaften von Viren an die Wirtszellen in der Nasenschleimhaut. Zusätzlich hemmt es die Aktivität von Herpes-, Corona- und Rhinoviren, beeinträchtigt Wachstum und Vermehrung der Erreger und lindert Entzündungsreaktionen in der Schleimhaut. Auf diese Weise werden die Schwellung der Nasenschleimhäute reduziert und das Durchatmen erleichtert. Im akuten Fall bewährt sich die Zinkeinnahme als Lutsch- oder Brausetablette. So gelangt das Zink direkt an den Infektionsherd in der Schleimhaut der Atemwege.
Empfohlene Dosierung:
akut: 75–100 mg Zink/Tag – aufgeteilt auf Einzeldosen über 3–5 Tage
prophylaktisch: 10–25 mg Zink/Tag
Selen insbesondere bei chronischen Erkrankungen
Als Bestandteil zentraler Enzyme – u. a. der antioxidativ wirkenden Glutathionperoxidase – ist das Spurenelement Selen für eine zielgerichtete Immunfunktion essenziell. Es stimuliert die Antikörpersynthese und steigert die Aktivität der T-Zellen sowie der natürlichen Killerzellen. Selen wirkt insbesondere als optimaler Kombinationspartner mit Zink, das gleichermaßen antioxidativ wirkende Enzyme wie die Katalase und die Superoxiddismutase als Cofaktor funktionsfähig hält.
Empfohlene Dosierung: 50–70 µg Selen/Tag
Vitamin-D3-Mangel begünstigt Atemwegsinfekte
Ein Vitamin-D-Mangel tritt generell häufiger in höherem Lebensalter, bei Adipösen und bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes Typ 2 auf. Gleichzeitig tragen alle diese Faktoren, inklusive dem Vitamin-D-Mangel, zu einer höheren Infektanfälligkeit bei. Ein Teufelskreis, der weder neu noch unbekannt ist. Hier macht es Sinn, nicht erst bei einer Infektion, sondern vielmehr bei allen relevanten Vorerkrankungen anzusetzen. In diesem Sinn ist die Empfehlung einer Vitamin-D-Supplementierung insbesondere für ältere und chronisch kranke Menschen nicht nur sinnvoll, sondern aktiv zu empfehlen. Insbesondere Personen mit einem Vitamin-D-Mangel (Serumspiegel < 25 nmol/l) profitieren von der Einnahme von Vitamin-D-Präparaten – selbst in moderater Dosierung. Hier zeigte sich in Studien eine deutlich verringerte Häufigkeit von akuten Atemwegsinfekten.
Empfohlene Dosierung:
2.000–4.000 I.E. Vitamin D3/Tag
Omega-3-Fettsäuren sind antientzündlich
Omega-3-Fettsäuren besitzen mehrere positive Wirkungen für die Gesundheit. Neben Herz-Kreislauf, Augen und Gehirn profitiert auch das Immunsystem. Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren liefern die Grundbausteine für entzündungshemmende Substanzen, sog. Resolvine, die das Abklingen von Entzündungsreaktionen infolge mikrobieller Infektionen fördern.
Empfohlene Dosierung:
500–2.000 mg EPA und DHA/Tag
Systemische Enzymtherapie verhindert überschießende Reaktionen
Unter systemischer Enzymtherapie versteht man die Gabe von oral verabreichten Enzympräparaten, die im Dünndarm resorbiert werden. Die Enzyme greifen im Blut und Gewebe modulierend in das Geschehen ein und wirken daher systemisch. So unterstützen bestimmte eiweißspaltende Enzyme und Enzymgemische das Immunsystem und können eine schwache Abwehr steigern bzw. eine überschießende Immunreaktion dämpfen.
Entzündungshemmende Wirkung der Enzyme
Ihre immunmodulierende Wirkung lässt sich über ihren Einfluss auf das Entzündungsgeschehen erklären. Sobald ein Gewebe im Körper verletzt wird, setzt eine Entzündungsreaktion ein, die zur Heilung des Gewebes notwendig und durchaus erwünscht ist. Bei diesem Prozess werden eingedrungene Erreger vernichtet, geschädigtes Gewebe abgebaut und neues gesundes Gewebe aufgebaut. Enzyme aktivieren dabei einerseits die Makrophagen und stimulieren das Immunsystem. Andererseits spalten Enzyme gebildete Immunkomplexe zwischen Antigen und Antikörper, um deren Ausscheidung zu katalysieren. Würden die Immunkomplexe im Körper verbleiben, könnten sich diese in Gelenken oder im Gewebe ablagern und Entzündungsreaktionen auslösen.
Pflanzliche und tierische Enzyme in der Kombination
In der systemischen Enzymtherapie kommen in der Regel pflanzliche Enzyme wie Bromelain und Papain sowie Enzyme tierischen Ursprungs wie Trypsin, Chymotrypsin und Pankreatin zum Einsatz. Jede dieser Enzymarten hat eine spezielle Wirkung auf verschiedene Regulationsbereiche im Organismus. Um möglichst viele Systeme im Körper zu beeinflussen, werden pflanzliche und tierische Enzyme häufig kombiniert. In Fertigpräparaten werden genannte Enzyme gerne mit Flavonoiden und/oder Antioxidantien kombiniert, um die entzündungshemmende und gefäßschützende Enzymwirkung zu verstärken. Entsprechende Mono- und Kombinationspräparate werden gerne ergänzend bei chronischen Prozessen wie Nasennebenhöhlenentzündung, Mittelohrentzündung und/oder Bronchitis eingesetzt.
Quellen
• Moriyama M. et al.: Seasonality of Respiratory Viral Infections. Annual Review of Virology, 2020; 7(1):83–101
• Gombart A.F. et al.: A review of micronutrients and the immune system – working in harmony to reduce the risk of infection. Nutrients 2020;12(1)
• Carr A.C.: Vitamin C and Immune Function. Nutrients. 2017 Nov 3;9(11):1211
• Quraishi S. A. et al.: Effect of Cholecalciferol Supplementation on Vitamin D Status and Cathelicidin Levels in Sepsis: A Randomized, Placebo-Controlled Trial. Crit Cae Med. 2015 Sep;43(9):1928–37
• Münch H.: Enzyme. Verlagshaus der Ärzte 2019