Viele Frauen kennen das Problem: Scheidenpilz durch Candida albicans mit Juckreiz und verdächtigem Ausfluss. Eine häufige Ursache für die Infektion ist die vorausgegangene Einnahme von Antibiotika. Die Veränderung der mikrobiellen Besiedelung der Scheide ermöglicht es den Pilzen, sich zu vermehren und einen Krankheitsschub auszulösen. Auch jede Form der Immunsuppression, etwa durch Chemotherapeutika, Cortison oder Immunsuppressiva im engeren Sinn oder durch Vorerkrankungen wie Diabetes oder einer HIV-Infektion, kann die Pilzinfektion begünstigen.
„Da das mikrobielle Scheidenmilieu stark von hormonellen Einflüssen abhängig ist, ändert sich die Neigung zu Krankheitsepisoden auch innerhalb eines Monats. Pilzinfektionen treten gehäuft in der zweiten Zyklushälfte und in der Schwangerschaft auf“, erklärt die Wiener Gynäkologin DI DDr. Marion Noe-Letschnig.
Resistente Biofilme
Der Pathomechanismus ähnelt jenem von E. Coli bei Harnwegsinfekten: Sobald sich die Mikroumwelt ändert – sei es hormonell bedingt, durch Stress oder durch eine anderweitig bedingte Entzündung –, können die omnipräsenten Sporen zu krankheitserregenden Pilzfäden mutieren und eine Negativspirale einleiten, so Noe-Letschnig: „Die Pilzfäden sind dann in der Lage, sich zu einem dichten Biofilm zu verbinden, sich gleichzeitig an die Schleimhaut anzuheften und auch in diese einzudringen. In den Biofilmen entstehen spezielle Resistenzmechanismen, die verhindern, dass antimykotische Medikamente ihren Zielort erreichen und die Pilzfäden nachhaltig angreifen beziehungsweise deaktivieren können.“ Dazu kommt, dass Candida albicans selbst Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine produziert, die als weiterer Virulenzfaktor fungieren.
Rezidivierende vulvovaginale Candidose
Bei ungefähr 5 bis 10 % der betroffenen Frauen entwickelt sich die Infektion im Sinn einer Chronifizierung zu einer rezidivierenden vulvovaginalen Candidose (RVVC), die durch mehr als vier Rückfälle im Jahr definiert und aufgrund der immer wieder auftretenden Schmerzzustände äußerst belastend ist. Hat der Chronifizierungsmechanismus einmal eingesetzt, ändert die Krankheit grundlegend ihre Eigenschaften und spricht auf die Therapie deutlich schlechter an, auf Lokaltherapie häufig überhaupt nicht mehr.
Als State-of-the-art-Behandlung von chronischem Scheidenpilz gilt derzeit in Europa eine sechsmonatige Dauerbehandlung mit Fluconazol. „Allerdings kommt es bei der Hälfte der behandelten Patientinnen innerhalb von nur wenigen Wochen nach Beendigung der Therapie schon wieder zu Rückfällen“, so Noe-Letschnig. Der Leidensdruck ihrer Patientinnen bewegte die engagierte Frauenärztin und Biochemikerin dazu, ein effektives topisches Therapeutikum zu entwickeln.
Österreichisches Antimykotikum in Entwicklung
Derzeit läuft eine durch Crowdinvesting (profem.at) unterstützte multizentrische Phase-III-Studie der Creme, die eine ausgeklügelte Mixtur aus Diclofenac und Clotrimazol enthält. Neben einer schnelleren Schmerzlinderung und einer deutlich höheren Rate an vollständigen Heilungen im Vergleich zur Standardtherapie mit topischem Clotrimazol konnte bereits in der Phase-IIa-Studie bei den chronisch erkrankten Patientinnen auch eine geringere Rückfallhäufigkeit gezeigt werden: „Es bleibt zu hoffen, dass damit vielen Frauen ein beschwerdefreies Leben ermöglicht wird, sobald alle Studien abgeschlossen sind – voraussichtlich Oktober 2022 – und die Marktzulassung, geplant Anfang 2024, erreicht ist.“
Quellen
- https://www.profem.at
- Leitlinie Vulvovaginalkandidose: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-072l_S2k_Vulvovaginalkandidose_2020-10_01.pdf
- Pitsouni E et al.: Maturitas 2017; 103: 78–88 (Seite 62)