Hartnäckige Hauterkrankungen

Beratung bei häufigen Beschwerdebildern

Artikel drucken
Akne © Shutterstock
© Shutterstock

Die Haut, unser größtes Organ, stellt nicht nur physisch die Grenze zwischen dem Körper und der Außenwelt dar. Distanz vor Menschen mit geschädigter Haut oder gar Ekel verursachen bei Betroffenen oft psychische Schäden, die sich wiederum auf das Krankheitsbild auswirken können – nicht selten ein Teufelskreis. Auch unsere Lebensgewohnheiten wirken sich auf den Zustand der Haut aus und können bei manifesten Hauterkrankungen ein entscheidender Faktor zu Verbesserung oder Genesung sein.

Akne, Neurodermitis & Rosacea 

Akne, Neurodermitis und Rosacea sind drei häufige Hauterkrankungen, mit denen Kunden zunächst Rat in der Apotheke suchen. Leichte Verlaufsformen werden vom Patienten lange nur als „lästig“ wahrgenommen und selbst therapiert, sodass erst relativ spät – wenn überhaupt – ein Hautarzt konsultiert wird. Eine umfassende Beratung an der Tara kann daher richtungsweisend sein für ein erfolgreiches Basispflege-Management. Außerdem bietet sie die Möglichkeit, den Kunden niederschwellig über die Bandbreite einer lokalen oder systemischen medikamentösen Therapie aufzuklären und ihn gegebenenfalls an den Arzt zu verweisen. Oft sind sich z. B. Kunden mit Hautrötungen ihrer eigenen Rosacea gar nicht bewusst. Ein Arztbesuch kann aber auch bei Neurodermitis oder Akne dazu beitragen, Schübe frühzeitig zu erkennen und deren Dauer und Folgen zu verringern. 

Beim Beginn einer topischen Therapie muss immer darauf hingewiesen werden, dass die Haut bis zu drei Wochen benötigen kann, um sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. In dieser Zeit kann es sogar zu einer kurzfristigen Verschlechterung des Hautzustandes kommen; es können leichtes Jucken, Brennen und Spannungsgefühl sowie Rötungen auftreten.

Akne © Shutterstock
© Shutterstock

Tipp

Hat ein Kunde mit Akne noch keinen Hautarzt aufgesucht und klagt über
unreine Haut, Pickel und ein mildes, akneähnliche Erscheinungsbild, empfehlen sich pH-neutrale, parfümfreie Waschlotione und Feuchtigkeitscremes auf Wasserbasis.

Akne

Akne betrifft laut Umfragen bis zu 85 % der Bevölkerung in westlichen Ländern – zumindest über einen kurzen Zeitraum. Als Ursache und Auslöser von Akne sind zunächst Androgene beteiligt, die eine erhöhte Aktivität der Talgdrüsen und Seborrhoe hervorrufen. Es bilden sich Mikrokomedonen. Durch gestörte follikuläre Differenzierung verhornt zusätzlich die Haut in den Poren. Es kommt zu einem Entzündungsprozess, der durch mikrobielle Besiedelung zusätzlich angefacht wird. Ernährung oder Stress können nicht klar als Auslöser genannt werden, können den Prozess jedoch stark mitbestimmen, da z. B. das Verhältnis der Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren den Entzündungsprozess beeinflussen kann. Nahrungsfette werden vom Körper z. B. zu Linolsäure umgewandelt, die einen wichtigen Baustein der Hautfette darstellt. Die deutschen Guidelines zur Aknetherapie sind in Tabelle 1 zusammengefasst. 

Hat ein Kunde mit Akne noch keinen Hautarzt aufgesucht und klagt über unreine Haut, Pickel und ein mildes, akneähnliches Erscheinungsbild, empfehlen sich pH-neutrale, parfümfreie Waschlotionen und Feuchtigkeitscremes auf Wasserbasis. Die meisten Firmen der klassischen Apothekenkosmetik haben abgestimmte Pflegeserien für solche Fälle. Wichtig ist auch die Empfehlung zu fettfreiem Make-up und Sonnenschutz, da ölige Zubereitungen die Poren zusätzlich verstopfen. Präparate mit Fruchtsäuren, Glykolsäure, Salicylsäure und auch Milchsäure haben eine nachgewiesene komedolytische Wirkung und vermindern das Bakterienwachstum. Peelings sollten jedoch nur nach Rücksprache mit dem Arzt angewandt werden.

Tabelle 1

Therapie der Akne laut deutschen Leitlinien


leicht mittelschwer schwer

A. comedonica A. pap.pust.. A. pap. pust. A. pap. pust. nodosa A. conglobata
1. Wahl top. Retinoid

BT

od. Kombi der BT

od. BT + top. AB

Kombi der BT 

od. BT + top. AB

od. orales AB + BT

orales AB + 1-2 BT

od. orales AB 

+ Azelainsäure

orales AB +2 BT

od. orales AB

+ Azelainsäure

Alternativen Azelainsäure

Azelainsäure alleine

od. + top BT 

od. top. AB

Azelainsäure + BT 

od. orales  AB 

+ Azelainsäure

orales Isotretinoin orales Isotretinoin
bei Frauen s. o. s. o.

orales antiandrogenes Kontrazeptivum 

+ 1. Wahl

orales antiandrogenes Kontrazeptivum 

+ 1. Wahl

orales antiandrogenes Kontrazeptivum 

+ 1. Wahl

bei SS Azelainsäure

Azelainsäure + BPO

od. top. Erythromycin 

+ BPO

orales Erythromycin

+ Azelainsäure 

od. + BPO

orales Erythromycin

+ Azelainsäure 

+ BPO

orales Erythromycin

+ Azelainsäure + BPO

+ ev. kurz Prednisolon

Erhaltungstherapietop. Ret.top. Ret.top. Ret.top. Ret. + BPOtop. Ret. + BPO

Legende

top. = topisch

BT = Basistherapeutikum = top. Retinoid oder Benzoylperoxid (BPO)

AB = Antibiotikum

Neurodermitis

Neurodermitis oder atopisches Ekzem ist eine chronisch entzündliche Hautkrankheit, die in den Industriestaaten weit verbreitet ist. Die Inzidenz beträgt um die 20 % bei Säuglingen, ca. 10 % bei Kindern und liegt bei 3 % im Erwachsenenalter. Die Häufigkeit des Auftretens von Neurodermitis stieg in den letzten Jahrzehnten deutlich an. Die Ursache für Neurodermitis ist multifaktoriell. 

Gendefekte führen dazu, dass wichtige Strukturproteine bzw. die Fettschicht der Haut nicht korrekt gebildet oder aufgebaut werden können. Die Hautbarriere ist defekt, wodurch Mikroorganismen in die Haut vordringen können und dort eine Entzündung auslösen. Das Immunsystem erkennt erkrankte oder defekte Hautzellen und bringt diese um, wodurch eine Autoimmunreaktion ausgelöst wird. Hinzu kommen meistens Trigger von außen: 

  • mechanische Reizung durch
    Kleidung, Schmutz, Rauch, Feuchtigkeit oder falsche Hautpflege
  • Allergene aus der Luft: Hausstaub, Tierhaare, Pollen
  • Nahrungsmittelallergene und Kreuzreaktionen
  • Infekte durch Bakterien, Pilze, Viren (nicht nur oberflächlich)
  • Klima: Kälte und Trockenheit oder Schwüle, UV-Strahlen
  • psychische Faktoren: Stress, Konflikte etc.
  • Hormone: Zyklusschwankungen, Schwangerschaft
  • gastrointestinale Fehlbesiedelung

Das Hauptsymptom der Neurodermitis ist der starke Juckreiz, der meist dazu führt, dass die ohnehin schon geschädigte Hautbarriere noch weiter beansprucht wird. Häufigste Komplikation stellt die Besiedelung durch Mikroorganismen (Bakterien, Pilze) dar.

Die Stufentherapie der Neurodermitis ist in Tabelle 2 abgebildet. Bei der Basispflege ist darauf zu achten, eine Kombination aus rückfettenden und feuchtigkeitsspendenden Inhaltsstoffen in einer für den Patienten möglichst angenehmen Textur zu vereinen. Auf sehr trockene Haut werden fetthaltige Grundlagen appliziert, auf mäßig trockene Haut eher feuchtigkeitshaltige Cremes und Lotionen. Häufig kommen Harnstoff und Glycerin zum Einsatz. Bei der Zusammensetzung der Basispflege sollten häufige Kontaktallergene unbedingt vermieden werden. Rückfettende Ölbäder und Duschöle stellen eine gute Ergänzung zur Basispflege dar. 

Tabelle 2

Guidelines zur Stufentherapie der Neurodermitis  


Symptome Therapie
Stufe 1 trockene Haut

topische Basistherapie

Vermeidung oder Reduktion von Triggern

Stufe 2 leichte Ekzeme

erforderliche Maßnahmen der Stufe 1

+ niedrig-potente topische Glucocorticoide

und/oder topische Calcineurininhibitoren

Stufe 3 moderate Ekzeme

erforderliche Maßnahmen der Stufen 1 + 2

+ potente topische Glucocorticoide 

und/oder topische Calcineurininhibitoren

Stufe 4 persistierende schwere Ekzeme

erforderliche Maßnahmen der Stufen 1–3

+ systemische Immunmodulatoren

Rosacea

Diese chronisch schubhaft verlaufende entzündliche Hauterkrankung rückt in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus. Sie präsentiert sich mit gerötetem Gesichtsbereich und hervortretenden Adern im Gesicht. Papeln und Pusteln erscheinen oft wie Akne, unterscheiden sich jedoch durch die fehlende bakterielle Besiedelung. Hyperplasien des Bindegewebes und der Talgdrüsen und rot verfärbtes Rhinophym (Knollennase) sind charakteristisch für spätere Stadien. Die Prävalenz liegt bei 2,5 bis 20 % – je nach Studie, wobei hellhäutige Personen stärker betroffen sind; einen Risikofaktor stellt auch das Rauchen dar. Die Krankheit wird meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr diagnostiziert und betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Für Rosacea gibt es eine Liste an Triggern, die das Fortschreiten der Erkrankung ganz entscheidend beeinflussen und daher unbedingt vermieden werden müssen: 

  • UV-Strahlung 
  • abrupte Temperaturschwankungen (Wechselbäder, Sauna, Gesichtsreinigung, Eintreten in warme Räume im Winter)
  • emotionaler Stress
  • scharfe Speisen 
  • Alkohol, Tabak 
  • durchblutungsfördernde Wirkstoffe (Kampfer, Menthol) 
  • vasodilatierende Medikamente 
  • Anstrengung im Sport
  • Wind 
  • lokale Reizung durch Kosmetika

Akne © Shutterstock
© Shutterstock
 
Tipp

In der Beratung kann Rosacea-Patienten z. B. die Angst vor antibiotische Neben­wirkungen von Doxycyclin weitestgehend genommen werden. Ein Sonnenschutz sollte auf alle Fälle empfohlen werden.

Im Zusammenhang mit Rosacea wird auch eine erhöhte Besiedelung mit Dermodexmilben festgestellt; ob diese ursächlich für die Rosacea verantwortlich sind, ist jedoch noch nicht geklärt, sie tragen jedenfalls zum Entzündungsgeschehen bei. 

Die schulmedizinische Behandlung der Rosacea ist in Tabelle 3 aufgelistet. In der Beratung kann den Patienten z. B. die Angst vor antibiotischen Nebenwirkungen von Doxycyclin weitestgehend genommen werden. Ein Sonnenschutz sollte jedoch auf alle Fälle empfohlen werden – schon alleine, um die erhöhte Triggerwahrscheinlichkeit der UV-Strahlen zu mindern.

Tabelle 3

Therapie der Rosacea

topische Therapie systemische Therapie
Metronidazol

entzündungshemmend

immunsuppressiv

Doxycyclin 

40 mg/Tag

hemmt die

Angiogenese

Azelainsäure entzündungshemmend Minocyclin

hemmt die

Angiogenese

Brimonidin vasokonstriktorisch Isotretinoin off-label
Ivermectin

antiparasitär

entzündungshemmend


Benzoylperoxid entzündungshemmend
Adapalen  entzündungshemmend


Tipp

Omega-3-Fettsäuren werden meist nicht ausreichend mit der Nahrung zugeführt und sind für die Synthese von Hautfetten essenziell. Sie wirken außerdem antientzündlich.

Natürliche Wirkstoffe

Unterstützung von Innen

Um den Körper von innen optimal mit Nährstoffen zu versorgen, wird eine gesunde, abwechs-
lungsreiche, ballaststoffreiche Mischkost – arm an tierischen Fetten, jedoch mit viel frischem Obst und Gemüse – empfohlen. Einige Nahrungsergänzungsmittel können aber zusätzlich
für eine bessere Haut eingesetzt werden.

Omega-3-Fettsäuren werden meist nicht ausreichend mit der Nahrung zugeführt und sind für die Synthese von Hautfetten essenziell. Sie wirken außerdem antientzündlich. Weiters kann Zink unterstützend für enzymatische Prozesse und die Stärkung des Immunsystems verabreicht werden. 

Die Vitamine A und E wirken als Radikalfänger und können Schäden durch UV-Strahlung oder Stress vorbeugen. B-Vitamine bieten eine gute Ergänzung für die psychische Komponente der Erkrankungen, sollten bei Akne jedoch nur mit Vorsicht angewandt werden, da sie komedogen wirken können. Eine Ergänzung von Ballaststoffen, die Insulinspitzen vermeiden, wirkt sich besonders bei Akne positiv auf das Krankheitsgeschehen aus. Milch und Milchprodukte sollten hingegen vermieden werden, da diese mit einer Verstärkung der Akne assoziiert sind. 

Akne © Shutterstock
© Shutterstock

Nachtkerzenöl kann innerlich oder äußerlich angewandt werden und vermindert den Juckreiz, besonders bei Neurodermitis. Außerdem können eine Kombination aus Vitamin E und D sowie Sanddorn- oder Hanfsamenölpräparate verabreicht werden, um die Symptome wie Juckreiz und Hauttrockenheit zu mindern. 

Bei Rosacea können Weihrauchextrakt (entzündungshemmend, schmerzlindernd, abschwellend, antibiotisch), Grünteeextrakt als Radikalfänger, Rosskastanie oder Mäusedorn (gefäßabdichtend) eingesetzt werden. Immer mehr in den Fokus gelangen auch Probiotika − sie können besonders bei Therapien mit Antibiotika-Komponenten zusätzlich empfohlen werden. 

Da bei allen drei Erkrankungen auch Stress und psychische Faktoren Schübe triggern können, kann man gegebenenfalls auch mit Präparaten, die sich auf die Resilienz, den Schlaf oder die Psyche auswirken, einen Beitrag zum langfristigen Wohlbefinden der Patienten leisten.


Autorin
Mag. pharm. Dr. Birgit Zonsics

Quellen

1   https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-017l_S2k_Behandlung_der_Akne_2011-abgelaufen.pdf

2   https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-027k_S2k_Neurodermitis_2020-06-abgelaufen.pdf

3   https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-065l_S1_Rosazea_2014-04-abgelaufen.pdf

4   Cervantes J et al.: The role of zink in the treatment of acne: A review of the literature. Dermalogic Therapy 2018; 31 (1); doi: 10.1111/dth (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29193602) 

5   Dreno B et al.: Multicenter randomized comparative double-blind controlled clinical trial of the safety and efficacy of zink gluconate versus minocycline hydrochloride in the treatment of inflammatory acne vulgaris. Dermatology 2001; 203:135−140

Weitere Literatur auf Anfrage

Das könnte Sie auch interessieren