Menschen ab 60

Training verschiebt die Leistungsgrenzen des alternden Gehirns

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Frau höheren Alters beim Training © shutterstock
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Dies belegen erste Ergebnisse einer interdisziplinären Studie von Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftlern sowie Neurowissenschaftlerinnen und Neurowissenschaftlern der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Die Forschung untersucht, wie gezielte Trainingsprogramme die neuronalen Ressourcen des alternden Gehirns optimal stimulieren können.

„Unser Gehirn hat zwar natürliche Leistungsgrenzen, was das Gedächtnis, unsere Aufmerksamkeit und Sensomotorik angeht, aber durch Training können wir diese Grenzen in Teilen verschieben“, erläutert Professor Dr. Marco Taubert, Leiter der Studie und Inhaber des Lehrstuhls für Trainingswissenschaft mit dem Schwerpunkt Kognition und Bewegung an der Universität Magdeburg. Diese Erkenntnisse seien gesellschaftlich relevant, da Gleichgewichtsstörungen im Alter oft mit einem erhöhten Sturzrisiko und einer damit verbundenen höheren Sterblichkeit einhergehen, so der Sportwissenschaftler weiter.

Das Forschungsprojekt, das in Zusammenarbeit mit Dr. Gabriel Ziegler vom Institut für Kognitive Neurologie und Demenzforschung der Universität Magdeburg geleitet wird, trägt den Titel „Dynamische Modellierung einer trainingsbedingten und leistungsoptimierenden Mobilisierung neuraler Ressourcen“. In zwei Studien untersucht ein interdisziplinäres Team die Auswirkungen verschiedener Trainingsmethoden auf die Gehirnleistung der Probanden.

Insgesamt nahmen 90 Personen im Alter von 60 bis 75 Jahren an einem wöchentlichen Gleichgewichtstraining mit unterschiedlichen Anforderungsstufen teil: Unterforderung, optimale Anforderung und Überforderung. Während des Trainings wurden mittels Magnetresonanztomografie (MRT) Aufnahmen des Gehirns gemacht, um potenzielle strukturelle und funktionelle Veränderungen zu erfassen.

„Erste Ergebnisse mit 30 Probanden zeigen, dass die Gruppe mit optimalen Anforderungsstufen größere motorische Fortschritte erzielte als die Gruppen mit Unter- oder Überforderung und tendenziell auch bessere kognitive Leistungen“, so Taubert. Die Analyse der Hauptergebnisse mit 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern laufe derzeit und werde weitere Einblicke in die Auswirkungen des optimierten Gleichgewichtstrainings auf Gehirnstruktur und -funktion liefern.

„Die ersten Ergebnisse an 30 Versuchspersonen zeigen größere Effekte auf die motorische Leistung in der Trainingsgruppe mit optimaler Aufgabenanforderung im Vergleich zu den Trainingsgruppen mit Unter- bzw. Überforderung sowie tendenziell bessere kognitive Leistungen“, so der Sportwissenschaftler.

Die Ergebnisse der Hauptuntersuchung an 60 Versuchspersonen würden aktuell ausgewertet und würden Aufschluss darüber geben, wie sich das optimierte Gleichgewichtstraining auf die Gehirnstruktur und -funktion auswirkt, erklärt Taubert weiter. „Es ist bereits bekannt, dass Gleichgewichtstraining Veränderungen in der Gehirnstruktur und -funktion hervorrufen kann“, erklärt Prof. Marco Taubert. „Wir wollten aber überprüfen, ob ein auf den aktuellen Leistungsstand der Person angepasstes Gleichgewichtstraining das Gehirn besonders schnell oder stark zu strukturellen Veränderungen anregen kann.“

Die gewonnenen Erkenntnisse könnten zukünftig helfen, Maßnahmen zu entwickeln, die die Reservekapazität des Gehirns gegen Krankheiten wie Demenz mobilisieren, erklärt Taubert. „Wenn wir die Anpassungsprozesse im Gehirn besser verstehen, könnten wir langfristig personalisierte Trainingsprogramme entwickeln, die das Gehirn ein Leben lang unterstützen und so Gesundheit und Lebensqualität verbessern.“

Das Forschungsprojekt ist Teil des Sonderforschungsbereichs SFB 1436 „Neuronale Ressourcen der Kognition“. An diesem Standort in Magdeburg und darüber hinaus arbeiten über 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in 22 Teilprojekten daran, das Potenzial des menschlichen Gehirns zu erforschen und zu verstehen, welche neurobiologischen Prozesse seine volle Ausschöpfung hemmen. Ziel ist es, langfristig Gedächtnisleistungen zu verbessern, die Einflüsse von Störfaktoren zu erkennen und die Reservekapazitäten des Gehirns zu aktivieren.

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