
Die Produktion von Arzneimitteln soll künftig von schnelleren Genehmigungsverfahren profitieren und einfacher mit öffentlichen Geldern unterstützt werden können, wie die Behörde mitteilte. Bevor die Regeln in Kraft treten können, müssen das Europaparlament und die EU-Staaten dem Vorschlag der EU-Kommission zustimmen.
"In den vergangenen Jahren waren die Mitgliedstaaten mit einem ernsten Mangel an Medikamenten konfrontiert", so die EU-Kommission. Betroffen waren etwa Schmerzmittel, Antibiotika oder Fiebersäfte für Kinder.
Nach Kommissionsangaben gibt es viele Gründe, warum es in der EU in den vergangenen Jahren Versorgungsprobleme gab. Darunter seien etwa Engpässe bei Wirkstoffen. Aber auch, dass sich die Produktion in einigen wenigen Ländern konzentriere, trage zu den Problemen bei.
80 bis 90 Prozent der Medikamente aus Asien
Derzeit stammen nach Angaben von EU-Gesundheitsministern 80 bis 90 Prozent der Medikamente in Europa aus Asien, vor allem aus China. Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach und zehn seiner Kollegen aus anderen EU-Staaten hatten jüngst vor gefährlichen Auswirkungen auf Routineeingriffe und eigentlich leicht behandelbare Infektionen gewarnt, sollten im Konfliktfall Lieferketten unterbrochen werden. Sie fordern, Teile der milliardenschweren Aufrüstungspläne für Medikamentensicherheit auszugeben.
Europäische Hersteller können in puncto Kosten mit ihren Konkurrenten in Fernost nicht mithalten, die niedrigere Sozial- und Umweltstandards erfüllen müssen, gab der Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) am Dienstag zu bedenken. Die von der Kommission im "Critical Medicines Act" vorgeschlagenen Maßnahmen mit einem starken Fokus auf Ausschreibungen, gemeinsamer Beschaffung sowie einer Ausweitung der Fördermöglichkeiten sind laut dem Verband nicht weitreichend genug, um diese Fehlentwicklung auszugleichen.
Folge der Billigpreispolitik
"Die Billigpreispolitik in den letzten Jahrzehnten hat dazu geführt, dass Arzneimittel aus Ländern mit massiven Kostenvorteilen immer mehr Marktanteile haben und EU-Firmen aus dem Markt drängen ", sagte Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO.
Allein aufgrund der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser müssten in Österreich die betroffenen Pharmaunternehmen künftig jedes Jahr mit dreistelligen Millionenbeträgen kalkulieren, führte der FCIO etwa an. Niedrigpreisige Medikamente müssten dann wegen der hohen zusätzlichen Kosten vom Markt genommen werden müssen.
Entlastung für das Gesundheitswesen
Auch medizinisches Personal soll durch das Gesetz entlastet werden können. "Da gibt es Leute, die haben fünfzig Prozent ihrer Arbeitszeit nur noch damit zu tun, zu gucken: Wo kriege ich irgendwas her, wo kriege ich ein Medikament, das vielleicht einsetzbar ist als Alternative?", sagte der EU-Abgeordnete Peter Liese. Wenn man die komplette Produktion eines Medikaments nach Europa verlagerte, würde das zwar Geld kosten, so Liese, "aber ich bin überzeugt, dass das Gesundheitssystem unterm Strich Kosten einsparen wird."
Die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele Overwiening, sprach sich dafür aus, dass Apotheker künftig selbst Alternativen für vergriffene Arzneimittel vorschlagen dürfen. Bisher ist dafür ein Rezept vom Arzt nötig. Patienten müssten mitunter mehrmals zu Arzt und Apotheke, ehe sie ein geeignetes Medikament erhielten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) vertritt die gleiche Linie und fordert mehr Entscheidungskompetenz und Handlungsspielraum für Apotheken.
APA