Innerhalb der EU schwankt die Inzidenzrate erheblich – eine Entwicklung, die stark mit dem Einsatz des PSA-Tests (prostataspezifischer Antigen-Test) verknüpft ist. Eine aktuelle Studie mit Daten aus 26 europäischen Ländern (1980–2017) fand hier große Unterschiede: In Ländern wie Frankreich, wo der PSA-Test intensiv genutzt wird, stiegen die Inzidenzraten Mitte der 2000er-Jahre auf bis zu 336 Fälle pro 100.000 Männer, während sie in der Ukraine bei etwa 46 Fällen lagen. Die Mortalitätsraten blieben dagegen im selben Zeitraum relativ stabil und schwankten weniger stark als die Inzidenz. Dies deutet auf eine mögliche Überdiagnose hin, da der PSA-Test auch langsam wachsende Tumoren erkennt, die meist keine Beschwerden verursachen.
Problem der Überdiagnosen
Die Deutsche Krebsgesellschaft warnt, dass durch PSA-Screening viele Krebsfälle entdeckt werden, die keiner Behandlung bedürfen; etwa die Hälfte der so erkannten Tumoren würden auch ohne Therapie keine Beschwerden auslösen. In Europa dominiert derzeit ein opportunistisches Screening, oft ohne klare Richtlinien, das stark vom Arzt-Patienten-Gespräch abhängt. Litauen ist bisher das einzige Land mit einem nationalen Screening-Programm für Prostatakrebs, was dort zu einem deutlichen Anstieg der Inzidenz führte. Die Europäische Kommission empfiehlt in ihrem Krebsbekämpfungsplan eine schrittweise Einführung von Screening-Programmen für Männer unter 70 Jahren, wobei PSA-Tests und gezielte MRT-Untersuchungen genutzt werden sollen, um Überdiagnosen zu minimieren und die Mortalität zu senken. Eine Einführung solcher Programme muss jedoch gut durchdacht sein, um unnötige Eingriffe zu vermeiden. Modellstudien zeigen, dass ein gestuftes Vorgehen sowohl kosteneffektiv sein als auch das Risiko von Überdiagnosen reduzieren könnte.
Quellen
- www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/
krebsarten/prostatakrebs/frueherkennung.html, Zugriff am 6.11.24 - Vaccarella S et al. Prostate cancer incidence and mortality in Europe and
implications for screening activities: population based study. BMJ 2024. 386:e077738