Der Begriff Ringelröteln bezeichnet eine durch das humane Parvovirus B19 ausgelöste Infektionskrankheit. Im medizinischen Fachkreis wird sie auch als Erythema infectiosum oder Fünfte Krankheit definiert, da es sich in der Pädiatrie neben Masern, Röteln, Windpocken und Drei-Tage-Fieber um die fünfte virale Infektion handelt, bei der es häufig zu Hautausschlägen kommt. Die Erkrankung ist weltweit verbreitet und tritt meist als regional begrenzte Epidemie periodisch alle vier bis fünf Jahre von Februar bis Juni auf. In Europa und anderen gemäßigten Klimazonen sind die meisten Ausbrüche in den Winter- bis späten Frühjahrsmonaten zu vermerken. Eine Ansteckung über Schmier- oder Tröpfcheninfektion ist in jedem Lebensalter möglich, am häufigsten sind jedoch Kinder und Jugendliche zwischen dem 5. und 15. Lebensjahr betroffen. Die Durchseuchungsrate bzw. Seroprävalenz B19-spezifischer Antikörper bei Erwachsenen liegt bei etwa 70 %. Nach durchgemachter Erkrankung wird aufgrund der Bildung dieser IgG-Antikörper von einer lebenslangen Immunität ausgegangen.
Erregersteckbrief | |
Erreger | Humanes Parvovirus B19 |
Familie | Parvoviridae |
Erkrankung (Synonyme) | Ringelröteln, Erythema infectiosum, Fünfte Krankheit, Ohrfeigenkrankheit |
Reservoir | Mensch |
Genom | Einzelstrang-DNA (Genotyp 1 bis 3) |
Struktur | Kleine, unbehüllte und isometrische Viren (18–26 nm) |
Stabilität | Sehr widerstandsfähig, hohe Stabilität gegenüber Lösungsmitteln und Hitze |
Typischer Krankheitsverlauf
Nach erfolgter Infektion beträgt die Inkubationszeit etwa vier Tage bis zwei Wochen, wobei die Viruslast bzw. Infektiosität etwa vier bis zehn Tage nach Viruskontakt und noch vor Auftreten eines Exanthems am höchsten ist. Nach Exanthemausbruch nehmen die Viruslast, Erregerausscheidung sowie die Ansteckungsgefahr rasant ab. Die meisten Krankheitsfälle verlaufen asymptomatisch oder nur mit leichten unspezifischen grippalen Symptomen ohne Ausschlag. Etwa 30 % der Kinder entwickeln einen klassischen Krankheitsverlauf, der in zwei Stadien verläuft: In der ersten Phase (Prodromalstadium) kommt es zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Abgeschlagenheit. Diese Phase hält zwei bis drei Tage an. Nach einem symptomfreien Intervall von ein bis zwei Wochen beginnt die charakteristische zweite Phase. Initial bilden sich große, rote Eruptionen auf den Wangen, die durch Aussparung von Mund und Nase die Form eines Schmetterlings annehmen (Schmetterlingserythem). Umgangssprachlich wird die Erkrankung durch die geröteten Wangen auch „Ohrfeigenkrankheit“ genannt.
Ein bis vier Tage danach bilden sich auch an den Extremitäten (vorwiegend an den Streckseiten von Oberarmen und -schenkeln) erythematöse, makulopapulöse und konfluierende Hautrötungen im typischen Ringelmuster. Diese Hautveränderungen sind vermutlich auf die virale Vermehrung in Endothelzellen zurückzuführen. In der Regel dauert das zweite Stadium fünf bis zehn Tage an und ist durch ein geringes Krankheitsgefühl gekennzeichnet. In manchen Fällen treten neben dem Ausschlag auch leichtes Fieber und Juckreiz auf. Externe Faktoren wie Sonne, Sport, Hitze und Stress können jedoch bis zu sieben Wochen immer wieder neue Exantheme hervorrufen.
Mögliche Komplikationen
Die meisten Krankheitsfälle von Ringelröteln bei Kindern und Erwachsenen mit ausreichender Immunkompetenz verlaufen ohne Komplikationen und heilen von selbst aus. Ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe und Folgeerscheinungen besteht hingegen bei Personen mit geschwächtem Immunsystem oder hämatologischen Erkrankungen, immunsupprimierten Personen und in der Schwangerschaft. Mögliche Komplikationen im Bereich der Hämatologie umfassen eine Anämie, Thrombo- und Neutrozytopenie. Diese basieren auf dem viralen Befall sowie eine dadurch hervorgerufene Apoptose mitotischer Zellen, vor allem von Erythroblasten, die in Einzelfällen eine lebensbedrohliche aplastische Krise (plötzliche Verschlechterung der Erythropoese) hervorrufen kann. Als weitere Folgeerscheinungen werden Gelenkentzündungen durch Immunkomplexablagerung und vaskulitische Exantheme an Händen und Füßen (papulös-purpurfarbenes Handschuh-Socken-Syndrom) genannt.
Sonderfall Schwangerschaft
Eine Infektion während der Schwangerschaft kann aufgrund der transplazentaren Übertragung des Virus beim Fötus zu Anämie, Hydrops fetalis, kardialen Störungen sowie in weiterer Folge zu Abort und Totgeburt führen. Es fehlen jedoch ausreichende epidemiologische Daten zu Ringelröteln in der Schwangerschaft, um verlässliche Aussagen über Infektionszahlen und Schwangerschaftsverluste zu treffen. Laut einer prospektiven Beobachtungsstudie von Enders et al. aus dem Jahr 2004, die 1.018 schwangere Frauen mit akuter Parvovirus-B19-Infektion untersuchte, liegt das Risiko eines fetalen Todes bei etwa 2 bis 6 % und ist in der 13. bis 20. Schwangerschaftswoche am höchsten. Positiv ist, dass die Überlebenschancen durch eine frühzeitige Diagnose und Behandlung gut sind. Zudem sind etwa 50 % der Frauen bereits vor Beginn der Schwangerschaft aufgrund einer früheren Parvovirus-B19-Infektion immun. Zur Risikoabschätzung sollte der Immunstatus der werdenden Mutter geprüft werden.
Klinische Diagnose als Standard
Die Diagnose der Ringelröteln erfolgt bei sonst gesunden Kindern und Erwachsenen in den meisten Fällen klinisch. Ein direkter Virusnachweis über PCR oder ein serologischer Antikörpernachweis werden bei zutreffender Klinik nur bei Risikopatient:innen oder schwangeren Frauen durchgeführt. Denn wie bei den meisten viralen Infektionskrankheiten gibt es auch für Ringelröteln keine spezifische Therapie. Behandelt wird rein symptomatisch mit Antipyretika wie Ibuprofen oder Paracetamol und Antihistaminika bei Juckreiz. Eine Impfung bzw. aktive Immunisierung zur Prophylaxe ist momentan nicht auf dem Markt, für Risikopatient:innen gibt es jedoch die Möglichkeit, spezifische Immunglobuline zu erhalten.
Quellen
- Berner R et al.: DGPI Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen (2018), 7. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
- Kostolansky S et al.: Erythema Infectiosum. StatPearls Publishing 2023
- S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen (2021), AWMF Reg. Nr. 093-001.
- Enders M et al.: Fetal mobidity and mortality after acute human parvovirus B19 infection in pregnancy: prospective evaluation of 1018 cases. Prenat Diagn 2004; 24(7): 513-518