Akute und chronische Erkrankungen der unteren Atemwege besitzen eine hohe Prävalenz und zählen noch immer zu den häufigsten Ursachen für Krankenhausaufenthalte sowie Todesfälle.1 Dementsprechend gibt es in diesem Bereich intensive Forschung, die auch phytotherapeutische Ansätze berücksichtigt. Heilpflanzen können sowohl zur Prävention als auch als ergänzende Therapie bei Asthma, COPD oder Infektionen wertvolle Unterstützung bieten. Aktuelle ethnopharmakologische und klinische Studien zeigen vielversprechende Effekte von Pflanzen wie Schwarzkümmel, Pelargonium und Thymian bei verschiedenen Atemwegserkrankungen. Ihre immunstimulierenden, entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften haben vielversprechende Effekte und erweitern dadurch das potenzielle Therapiespektrum.
Nigella sativa als Unterstützung bei Asthma
In den letzten Jahren hat Schwarzkümmel zunehmend das Interesse der Forschung auf sich gezogen, auch im Zusammenhang mit der Behandlung von Asthma. Schwarzkümmel enthält Thymoquinon, das über ausgeprägte entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften verfügt. Eine Tierstudie untersuchte in diesem Zusammenhang die radioprotektive Wirkung von Thymoquinon auf das Lungengewebe bei Ratten, die ionisierender Strahlung ausgesetzt waren. Die Ergebnisse zeigten, dass oxidative Stressparameter in der mit Thymoquinon behandelten Gruppe signifikant niedriger waren als in der Gruppe, die nur bestrahlt wurde.2
Darüber hinaus konnte in mehreren klinischen Studien gezeigt werden, dass die Supplementierung mit Schwarzkümmelöl bei Asthma die Kontrolle der Erkrankung verbessert. Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie mit 80 Asthmapatient:innen zeigte, dass die Einnahme von 2 x täglich 500 mg Schwarzkümmelöl-Kapseln über 4 Wochen zu einer signifikanten Verbesserung der Asthmakontrolle führte und eine Tendenz zur Verbesserung der Lungenfunktion aufwies. Zudem war dies mit einer bemerkenswerten Normalisierung der Bluteosinophilenzahl verbunden.3 Weitere Untersuchungen ergaben, dass die langfristige Einnahme von Schwarzkümmel (1 bzw. 2 g Schwarzkümmel pro Tag über 3 Monate) bei Patient:innen mit teilweise kontrolliertem Asthma zu signifikanten Verbesserungen der Lungenfunktionstests (FEF 25–75 %, FEV1) und einer Verringerung der Entzündungsmarker führte. Die Häufigkeit von Asthma-Exazerbationen nahm ebenfalls ab.4
Pelargonium sidoides zur Verbesserung der Lebensqualität bei COPD
Eine weitere Heilpflanze, die in der Behandlung von Atemwegserkrankungen vielversprechend ist, ist Kapland-Pelargonie. Diese Pflanze hat sich in der Vergangenheit in klinischen Studien als wirksames Mittel unter anderem bei Husten und banalen Erkältungen erwiesen. In den letzten Jahren zeigten Untersuchungen auch einen Benefit bei COPD-Patient:innen.
Eine Studie mit 199 COPD-Patient:innen (Stadium II/III) untersuchte beispielsweise die Wirkung eines Pelargoniumextraktes (EPs 7630) als Zusatztherapie zur Standardbehandlung. Die Patient:innen erhielten über 24 Wochen entweder EPs 7630 oder ein Placebo. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität und Symptomschwere in der EPs-7630-Gruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Besonders hervorgehoben wurde eine Reduktion von Husten, Auswurf, Brustschmerzen und Arbeitsunfähigkeit. Die Verbesserung im St. George's Respiratory Questionnaire, einem standardisierten Instrument zur Messung der Lebensqualität bei Patient:innen mit chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD, war ebenfalls klinisch bedeutsam.5
Schwarzkümmel enthält Thymoquinon, das über ausgeprägte entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften verfügt; Schwarzkümmelöl verbesserte die Krankheitskontrolle bei Asthma.
Thymian als Behandlungsoption bei Asthma?
Thymian, meist in Form eines Flüssigextraktes oder Sirups wird seit Jahrhunderten erfolgreich bei produktivem Husten eingesetzt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie weist jedoch auf weitere potenzielle Einsatzgebiete hin: Thymian könnte als unterstützende Therapie bei Kindern mit Asthma-Exazerbationen hilfreich sein. In einer randomisierten, dreifachverblindeten klinischen Studie wurde die Wirkung von Thymian auf Husten bei 60 Kindern im Alter von 5 bis 12 Jahren mit milden bis moderaten Asthma-Exazerbationen untersucht. Die Interventionsgruppe erhielt 20 mg pulverisierten Thymian pro kg KG alle 8 Stunden zusätzlich zur Standardtherapie, während die Kontrollgruppe ein Placebo erhielt. Nach einer Woche zeigte die Verumgruppe eine signifikante Reduktion des belastungsinduzierten Hustens im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Spirometrie-Daten zeigten zudem eine signifikante Verbesserung des FEV1.6
Novel-Food-Verordnung
Leider ist Zataria multiflora in der EU derzeit nicht verkehrsfähig, da es unter die Novel-Food-Verordnung fällt. Da vor 1997 wohl kein signifikanter Verzehr in der EU stattfand, sind für eine Zulassung zuerst umfangreiche Sicherheitsstudien erforderlich, die nach derzeitiger Kenntnis bisher fehlen.
Wiederentdeckt: Veilchensirup
In der traditionellen europäischen Medizin wird das Duftveilchen (Viola odorata L.) seit Langem zur Behandlung von Atemwegsinfektionen eingesetzt. Diese Pflanze weist entzündungshemmende, antioxidative und schleimlösende Eigenschaften auf, die besonders bei Infektionen der Atemwege hilfreich sein können. Über Jahrhunderte wurde hierzu in den Apotheken ein Veilchensirup hergestellt, der aufgrund seiner blauen Farbe und des angenehmen Geschmackes besonders bei kindlichem Husten eingesetzt wurde. Mittlerweile ist diese Anwendung vergessen, aktuelle Studien aus dem Iran, in welchem diese Anwendung auch eine lange Tradition besitzt, rücken dieses Heilmittel allerdings wieder etwas in den Fokus.
Eine Studie untersuchte die Wirkung von Veilchensirup auf die Hustenlinderung bei Kindern im Alter von 2 bis 12 Jahren mit intermittierendem Asthma. In einer doppelblinden, randomisierten Studie mit 182 Kindern führte die Gabe einer nicht näher definierten Menge Veilchensirup im Vergleich zu Placebo (jeweils zusätzlich zu kurzwirksame ß2-Sympathomimetika) zu einer signifikant schnelleren Reduktion und vollständigen Unterdrückung des Hustens.7 Eine weitere randomisierte, doppelblinde Studie mit 108 Patient:innen untersuchte die Wirksamkeit von Veilchensirup als Zusatzbehandlung bei COVID-19. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass die Patient:innen, die den Veilchensirup erhielten, eine schnellere Linderung von Symptomen wie Husten, Myalgie, Kopfschmerzen und Durchfall erfuhren als die Placebogruppe.8
4 Teile frische, entkelchte Veilchenblüten übergießt man mit 7 Teilen siedendem Wasser, presst nach 24 Stunden ab und bringt 7 Teile Filtrat mit 13 Teilen Zucker zu 20 Teilen Sirup.
Vielversprechend für die Zukunft: Zataria multiflora
Zataria multiflora Boiss. L. (Shirazi-Thymian) wird traditionell im Iran, Pakistan und Afghanistan gegen Atemwegserkrankungen wie Husten und Bronchitis eingesetzt. Moderne Studien bestätigen seine entzündungshemmenden, antioxidativen und immunmodulierenden Eigenschaften, die auch bei COPD hilfreich sein könnten. In einer Studie mit 41 COPD-Patient:innen führte die Behandlung mit einem Extrakt aus dieser Pflanze zu einer signifikanten Reduktion der Entzündungsmarker TNF-α und IL-8 sowie zu einer Verbesserung der Lungenfunktion und Atemwegsbeschwerden wie Husten und Atemnot.9 Eine weitere randomisierte Studie bestätigte diese Ergebnisse und zeigte nach 1–2 Monaten Behandlung eine Reduktion des Einsatzes von Bronchodilatatoren und der Anzahl der weißen Blutkörperchen.10
Auch bei Asthma zeigt Zataria multiflora positive Effekte. In einer Studie mit 36 Asthmapatient:innen verbesserten sich die Atemwegssymptome, Lungenfunktion und Entzündungsparameter nach zweimonatiger Behandlung in Dosierungen von 5 und 10 mg/kg/Tag.11
Quellen
1 www.rki.de
2 Dogru et al.: Effects of thymoquinone in the lungs of rats against radiationinduced
oxidative stress. Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2024; 28(1):191-198
3 Koshak et al.: Nigella sativa supplementation improves asthma control and
biomarkers: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Phytother Res 2017; 31(3):403-409
4 Salem et al.: Effect of Nigella sativa supplementation on lung function and inflammatory
mediatorsin partly controlled asthma: a randomized controlled trial. Ann Saudi Med 2017; 37(1):64-71
5 Matthys et al.: Pelargonium sidoides preparation EPs 7630 in COPD: health-related quality-of-life and
other patient-reported outcomes in adults receiving add-on therapy. Curr Med Res Opin 2018; 34(7):1245-1251
Weitere Literatur auf Anfrage