Reiseapotheke

Für alle Eventualitäten gerüstet

MAG. PHARM.  René  GERSTBAUER
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Reiseapotheke mit Wanderschuhen.  © Shutterstock
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Eine Reiseapotheke unterscheidet sich prinzipiell nicht sehr von der eigenen Hausapotheke, doch werden manche Arzneimittel, Medizinprodukte und/oder Verbandsstoffe individuell ergänzt, um sich optimal auf die potenziellen Bedürfnisse im Urlaub anzupassen. Hierbei unterscheidet man bei der Zusammenstellung nach Art der anstehenden Reise (z. B. Wander- oder Strandurlaub, siehe Kasten) und des Transportmittels (Bus-, Auto- oder Flugreise).

Die richtige Grundausstattung

Als Basisausrüstung sollten jedenfalls Arzneimittel gegen Schmerzen und Fieber, Durchfall (Elektrolytlösung!), Erkältungen (Halsschmerzen, Schnupfen, Husten) sowie Sonnen- und Insektenschutzmittel im Gepäck sein. Zusätzlich ergänzt wird die Reiseapotheke durch Wunddesinfektionsmittel, Wund- und Heilsalben, Verbandmaterial, Pflaster, einer Schere und Pinzette (bei Flugreisen auf Bestimmungen hinweisen!) und Einmalhandschuhe.

Ist man mit Kindern unterwegs, so sollte jedenfalls gedacht werden an: fiebersenkende Mittel als Saft (auf Flugreisen sind flüssige Arzneimittel von der Obergrenze von 100 ml ausgenommen – ein Beipackzettel sollte aber mitgeführt werden) oder Suppositorien (auf Wärmeschutz achten), kindgerechte Elektrolytpräparate und Sonnen- bzw. Insektenschutz speziell für Kinder.

Gut zusammengestellt
Die optimale reiseapotheke

Speziell bei Strandurlaub/Wassersport

  • Sonnenschutz mit hohem LSF (!)
  • After-Sun
  • Ohrentropfen zur physikalischen Reinigung
  • Augentropfen (befeuchtend, entzündungshemmend)
  • Antihistaminikum (oral und topisch)
  • Schmerzlindernde/fiebersenkende Präparate

Speziell bei Wanderurlaub/Trekking

  • Verbandmaterial
  • Mullbinden
  • Heftpflaster
  • Elastische Binden
  • Wunddesinfektionsmittel
  • Sicherheitsnadeln
  • Blasenpflaster
  • Dreieckstuch
  • Insektenschutzmittel (DEET)

Personen mit einer chronischen Erkrankung, die regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, sollten an eine ausreichende Menge an Arzneimitteln für die gesamte Reise denken. Hierbei ist auf die Gefahr des exponierten Transportes in Dispensern hinzuweisen. Bei Mitnahme von medizinischen Produkten (Nadeln, Spritzen, Messstreifen) sollte zusätzlich eine ärztliche Bestätigung (auch auf Englisch) mitgeführt werden, sofern die Landesgrenze überschritten wird. Weiters sind die Einreisebestimmungen der jeweiligen Länder und damit auch die Einfuhr von Arzneimitteln zu beachten. Eine zuverlässige Informationsquelle bieten hierbei die jeweiligen Länderinformationen des Außenministeriums. Sollte mit dem Flugzeug verreist werden, so werden dauerhaft benötigte Arzneimittel im Handgepäck mitgeführt. Zum einen bietet dies Sicherheit, sollte das Aufgabegepäck verloren gehen, zum anderen wird damit verhindert, dass Medikamente mitunter extremen Temperaturschwankungen im Laderaum ausgesetzt werden.

Eine Frau am Strand hält eine Flasche Sonnencreme in der Hand.  © Shutterstock
Sonne ist Balsam für die Seele. Mit hochwertigem Sonnenschutz aus der Apotheke lässt sich ein Strandtag unbesorgt genießen. © Shutterstock

UV-Strahlung: Gefahr von oben

Auch wenn ein sonniger Urlaubstag noch so viele positive Gefühle weckt, sollten Kund:innen trotzdem die gesundheitlichen Risiken langer Sonnenbäder nicht unterschätzen. An der Tara sollte zu jeder Reiseapotheke ebenfalls der dazu passende Sonnenschutz mit entsprechendem Lichtschutzfaktor empfohlen werden. Von Bedeutung sind UV-A und UV-B-Strahlung (UV-C, wenn die Reise nach Australien geht → Ozonloch). UV-A-Strahlung dringt bis in unsere Lederhaut ein, wo sie direkten Einfluss auf elastische Fasern hat und somit den Hautalterungsprozess deutlich beschleunigt; UV-B-Strahlung sorgt bei zu langer Einwirkung für den typischen Sonnenbrand. Beide tragen jedoch zur Entstehung von weißem Hautkrebs bei. Auch aktinische Keratosen, welche oftmals erst Jahrzehnte später bemerkt werden, können mit entsprechendem Schutz (hoher LSF und Bekleidung – Kopfbedeckung bei Glatze!) vorgebeugt werden. Es handelt sich dabei um Hautveränderungen, die durch langjährige Sonneneinstrahlung verursacht werden. Die Exposition gegenüber UV-Strahlung führt zu atypischen Zellen, welche sich in der oberen Hautschicht verstärkt vermehren und die Hornschicht verdicken und potenziell zu einem Spinaliom entarten.

Sonnenschutz 
richtig anwenden
  • Ausreichend auftragen: 2 mg/cm2 → bei Erwachsenen entspricht das ca. vier großen Esslöffel voll Sonnencreme
  • Nach Kontakt mit Wasser sollte der Schutz erneuert werden – auch bei wasserfesten Anwendungen
  • Immer prüfen, ob und wie lange das Sonnenschutzmittel einwirken muss, bevor der Schutz aktiv wird
  • UV-Index täglich prüfen
  • Menschen mit blonden oder roten Haaren, heller Haut und blauen Augen haben eine verminderte Eigenschutzzeit (fünf bis zehn Minuten).
  • LSF gibt an, wie viel länger eine Person in der Sonne geschützt ist. Beispiel: Eigenschutz 5 Minuten plus LSF 30 = 5 x 30= 150 Min. → also Schutz für ca. 2,5 Stunden

Empfehlung unter normalen Bedingungen:

  • Erwachsene mind. LSF 20
  • Kinder mind. LSF 30
  • Am Wasser, in großen Höhen und auf Schnee: beide Gruppen LSF 50(+)

Verschiedene UV-Filter

Der Lichtschutzfaktor bezieht sich rational auf die UV-B-Strahlung. In Hinblick auf die UV-Filtersubstanzen können physikalische von chemischen Filtern unterschieden werden. Physikalische – auch mineralische Filter genannt – reflektieren die Strahlung meist mittels Titandioxid oder Zinkoxid. Im Rahmen der Beratung sollte darauf hingewiesen werden, dass diese Filter deutlich auf der Haut sichtbar sind. Eine Weiterentwicklung stellen Nanopartikel dar, welche aber von einigen Kund:innen ob der ungenauen Studienlage der Absorption abgelehnt werden. Forscher:innen gehen jedoch davon aus, dass diese Partikel in Sonnenschutzprodukten nicht durch die oberen Hautschichten dringen können. Als chemische Filter werden sehr häufig Derivate von Salicylsäure, Campher oder Zimtsäure verwendet. Ihre Funktion besteht darin, die absorbierte UV-Strahlung in Wärme umzuwandeln.

Falls in der Apotheke die Frage nach der Sicherheit der UV-Filter auftaucht, kann auch in diesem Punkt Aufklärung stattfinden: Der Einsatz ebenjener Filter wird von der EU genau reglementiert – um genau zu sein vom Scientific Committe on Consumer Safety (SCCS), welches die Aufgabe hat, Inhaltsstoffe gesundheitlich zu bewerten. Sollte die Frage nach dem Krebsrisiko von Titandioxid gestellt werden, kann beruhigt werden: Die europäische Chemikalienagentur hat lediglich die inhalative Reinsubstanz (nicht in Zubereitungen wie Sonnenschutzmittel) als CMR-Stoff der Kategorie 2 (Verdacht auf krebserzeugende Wirkung beim Einatmen) eingestuft.

Eine grüne Kühltasche.  © Shutterstock
Für kühlpflichtige Medikamente empfiehlt es sich, eine Kühltasche oder Styroporbox mit Kühlakkus zu verwenden. Ein direkter Kontakt zwischen Arznei­mittel und Kühlakku muss allerdings vermieden werden. © Shutterstock

Im Urlaub cool genug?

Besonderes Augenmerk muss auf kühlpflichtige Medikamente gelegt werden. Auf Reisen – vor allem in warme Destinationen, aber beispielsweise auch auf längeren Autofahrten mit zwischenzeitlichem Abstellen des Fahrzeuges – kann es mitunter zu kritischen Temperaturschwankungen kommen, welche die Arzneimittelqualität beeinflussen können. Kühlpflicht bedeutet in den allermeisten Fällen eine Lagerungstemperatur zwischen 2 und 6 °C. Eine kurze Temperaturerhöhung beeinflusst hierbei die Qualität nur gering. Anders sieht es bei kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln aus: Bei diesen muss nicht nur die Kühlkette vom Hersteller zur Apotheke eingehalten werden, sondern auch jene von Kund:innen bis zu den jeweiligen Anwendungsorten. Zu den kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln zählen beispielsweise Impfstoffe, einige Dosieraerosole und Augentropfen (Glaukomtherapie). Es empfiehlt sich, eine Kühltasche oder Styroporbox mit Kühlakkus zu verwenden. Da diese Medikamente zwar kühl, aber nicht gefroren temperiert werden müssen, ist zusätzlich der Hinweis auf die Vermeidung direkten Kontaktes zwischen Arzneimittel und Kühlelement zu geben. Entweder wird eine räumliche Trennung mittels Zwischenwand in Tasche oder Box erreicht oder die Medikamente werden in ein Tuch eingewickelt.

unterwegs
mit medikamenten

Arzneimittel richtig lagern

  • Informationen zur korrekten und sachgemäßen Lagerung von Medikamenten finden sich in der Produktinformation bzw. Fachinformation des jeweiligen Herstellers
  • Arzneimittel nie direkter Sonneneinstrahlung bzw. großer Hitze aussetzen
  • Arzneimittel möglichst in der Originalverpackung (Blister!) vor Licht schützen
  • Unterwegs, aber auch im Hotel/Wohnwagen möglichst auf Luftfeuchtigkeit achten und vor dieser schützen
  • Medikamente nicht im Auto aufbewahren. Wenn unvermeidbar (bspw. auf längeren Fahrten): in Kühlbox (kühlpflichtige) oder unter dem Vordersitz lagern 

Anzeichen auf Veränderung des Arzneimittels

  • Risse in Tabletten und/oder Verfärbungen
  • Gasentwicklung in der Verpackung → aufge­blähter Blister
  • Bei Flüssigkeiten: Ausflockung von Inhaltsstoffen od. Trübung (cave! Injektionspräparate)
  • Bei Salben, Cremen, Gelen und Suppositorien: Verflüssigung und/oder Verfärbungen

UV-Strahlung und Wirkstoffstabilität

Betrachtet man Medikamente in Sachen Temperaturwiderstandsfähigkeit, so kann man zwischen den verschiedenen Darreichungsformen klar differenzieren. Arzneimittel, die keiner kühlen Lagerung unterliegen, sollten bei Raumtemperatur und hierbei bis maximal 25 °C gelagert werden. Erste Hinweise auf die Unterschiede der Lagerungsregelungen geben die Primärverpackung und die Überverpackung. Gut zurecht mit höheren Außentemperaturen kommen Kapseln, Tabletten und Dragees – wohlgemerkt für eine kurze Zeit, d. h. bei kürzeren Wegen durch die heißen Sommertage in der Verpackung. Konkret sind es 30 Minuten bei einer Umgebungstemperatur von 50 °C, bevor die Wirkstoffkonzentration mit Mitleidenschaft gezogen wird. Anders sieht es an Strandtagen und bei Arzneimitteln außerhalb ihrer ursprünglichen – wasserdichten – Verpackung aus: Werden Tabletten und Kapseln in Tagesdispensern aufbewahrt, so muss beachtet werden, dass diese weder luft- noch wasserdicht sind. Eine zusätzliche Gefahrenquelle ist die direkte Sonnenscheinstrahlung: Hier ist es nahezu egal, ob die Medikamente in- oder außerhalb der Verpackung gelagert werden. Direkte UV-Strahlung kann Wirkstoffe in jedem Fall zersetzen.

Quellen

Medizinische Reisetipps (tropeninstitut.at)

Österreichische Apothekerkammer: Reiseapotheke

Reisemedizinische Tipps und Reiseapotheke - Impfzentrum Alserstraße

https://www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimitteltherapie/AVP/Artikel/2020-3-4/160.pdf

https://www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/schutz/sonnencreme/sonnencreme_node.html

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