Sorglos in den Herbst

Ein kleiner Stich für die Gemeinschaft

MAG. PHARM.  René  GERSTBAUER
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Ein aufrechter Impfschutz ist unerlässlich und von entscheidender Bedeutung für die (halb-)öffentliche Gesundheit. Dabei spielen Apotheker:innen eine wichtige Rolle, da sie an der Tara ihr Fachwissen gezielt an Eltern weitergeben können. Denn letztlich schützen Impfungen nicht nur die Jüngsten, sondern tragen durch die entstehende Herdenimmunität auch zum Schutz der gesamten Bevölkerung bei.

Der vielleicht einflussreichste Faktor in der Impfentscheidung sind die entstehenden Kosten für die Eltern. Vor mehr als 20 Jahren konnte deshalb mit dem kostenlosen Impfprogramm für Kinder ein wichtiger Schritt für eine flächendeckende Durchimpfrate gemacht werden. Doch auf welche Impfungen ist in diesen neuen Lebensabschnitten besonderes Augenmerk zu legen und welche Informationen sind für Eltern wichtig? In den letzten Jahren wurden immer wieder steigende Zahlen bei Infektionskrankheiten gemeldet, die durch eine entsprechend hohe Durchimpfungsrate deutlich verringert werden könnten.
Die im folgenden zusammengestellten Steckbriefe sollen bei der Impfberatung hilfreich zur Seite stehen.

Masern

Das Masernvirus ist hochansteckend. Gerade in den letzten Jahren wurde in Österreich ein gehäuftes Auftreten an bestätigten Masernfällen dokumentiert: Allein bis Ende Juli 2024 wurden 481 Fälle bestätigt (im Jahr 2023: 186 Fälle). 

Übertragung
• Die Übertragung erfolgt durch Husten oder Niesen über die Luft oder durch direkten Kontakt mit infektiösen Nasen- und Rachensekreten.
• Die Ansteckungsgefahr beginnt bereits vier Tage vor dem Auftreten des typischen Hautausschlags und endet vier Tage nach dessen Beginn.
• Acht bis zehn Tage nach der Ansteckung treten Symptome wie Fieber, Schnupfen, Husten und Bindehautentzündung auf, gefolgt vom typischen Ausschlag.

Folgen
• Eine Masernerkrankung schwächt das Immunsystem erheblich, wodurch das Risiko für andere Infektionen über Jahre erhöht bleibt.
• Komplikationen: Bronchitis, Mittelohr- und Lungenentzündungen. Bei etwa ein bis zwei von 1.000 gemeldeten Maserninfektionen kommt es zu einer lebensbedrohlichen Gehirnentzündung und selten kann Jahre später eine tödliche Gehirnkrankheit namens SSPE auftreten.
• Durch hohe Durchimpfungsrate ausrottbar.

Masern © iStock
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Impfempfehlungen für Masern-mumps-röteln

Empfohlen sind zwei Impfungen mit dem MMR-Kombinationsimpfstoff ab dem vollendeten 9. Lebensmonat. 

Bei Erstimpfung im 1. Lebensjahr erfolgt die zweite 
Impfung nach 3 Monaten, bei Erstimpfung nach dem 
1. Lebensjahr frühestens nach 4 Wochen. Versäumte
 Impfungen sollten in jedem Alter nachgeholt werden. 

Mumps

Übertragung
• Hochansteckende Mumpsviren werden als Tröpfcheninfektion durch Sprechen, Niesen oder Husten übertragen.
• Ansteckungsgefahr ist zwei Tage vor bis vier Tage nach Erkrankungsbeginn am höchsten 
• Die Erkrankung tritt vermehrt im Winter und Frühjahr auf.

Folgen
• Typisch ist eine Entzündung und Schwellung der Ohrspeicheldrüsen, oft begleitet von Fieber.
• Etwa 30–40 % der Infektionen verlaufen symptomlos, besonders bei Kindern unter fünf Jahren können Husten und Halsschmerzen auftreten.
• Die Krankheit dauert drei bis acht Tage und verläuft mit zunehmendem Alter schwerer.
• Komplikationen umfassen Hirnhaut- oder Gehirnentzündungen, die zu Innenohrschwerhörigkeit führen können. Bei Buben und Männern kann es zu Hodenentzündungen kommen, die Unfruchtbarkeit verursachen können. Bei Frauen kann eine Eierstockentzündung auftreten.

Röteln

Übertragung
• Das Rötelnvirus ist hochansteckend und wird durch Tröpfcheninfektion (Sprechen, Husten) und Schmierkontakt übertragen.
• Bei Schwangeren kann das Virus über die Plazenta auf das ungeborene Kind übergehen und schwere Fehlbildungen verursachen.

Folgen

• Typische Symptome: kleinfleckiger Ausschlag, Lymphknotenschwellungen (besonders im Nacken) und Gelenkschmerzen
• Die Beschwerden treten 14 bis 21 Tage nach Ansteckung auf. Etwa die Hälfte der Kinder und ein Drittel der Erwachsenen haben keine Symptome.
• Mögliche Komplikationen: Gelenkentzündungen, Bronchitis, Mittelohrentzündung, Gehirnentzündung oder Herzmuskelentzündung

Meningokokken

Übertragung
• Durch verschiedene Serogruppen des Bakteriums Neisseria meningitidis verursacht
• Durch Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen, Küssen) übertragen
• Besonders gefährdet sind Säuglinge und Jugendliche.
• Jede/r kann das Bakterium im Nasen-Rachen-Raum tragen, ohne selbst zu erkranken, und andere anstecken.

Folgen
• Invasive Meningokokken-Infektionen führen oft zu Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung.
• Symptome wie starke Kopfschmerzen, hohes Fieber, Nackensteifigkeit und Hautblutungen sind Alarmzeichen und erfordern eine sofortige Krankenhausbehandlung.
• Auch bei rascher Therapie versterben 5–10 % der Erkrankten, bei Untherapierten sind es bis zu 80 %.
• Bei Säuglingen können Appetitlosigkeit und Teilnahmslosigkeit auftreten.
• Enge Kontaktpersonen sollten ärztlich untersucht werden. Sie erhalten oft eine vorbeugende medikamentöse Behandlung.
• In Österreich sind die Serogruppen B, C und Y am häufigsten.

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Humane Papillomaviren

Humane Papillomaviren (HPV) sind eine große Virusgruppe, die abnormes Zellwachstum, Krebs sowie Genitalwarzen verursachen können. Über 200 HPV-Typen sind bekannt – mindestens 14 davon sind krebserregend. Etwa 80 % der Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV. 

Übertragung
• Übertragung erfolgt durch Schleimhautkontakt, meist bei sexuellen Kontakten oder selten während der Geburt von der Mutter auf das Kind.
• Kondome bieten keinen vollständigen Schutz vor HPV.

Folgen
• Humane Papillomaviren können zu Genitalwarzen und verschiedenen Krebsarten führen. 
• Über 70 % der Gebärmutterhalstumoren werden durch die HPV-Typen 16 und 18 verursacht.
• Infektionen verlaufen meist symptomfrei und heilen oft spontan ab, können aber langfristig zu Krebs führen.
• Die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs erfolgt durch den PAP-Test.
• Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die dritthäufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen.
• In Österreich gibt es jährlich ca. 400 neue Fälle und 130–180 Todesfälle.

Impfempfehlungen für Meningokokken

Es gibt gut verträgliche Impfstoffe, die vor den verschiedenen Serogruppen schützen:

• Meningokokken B: Empfohlen ab dem 2. Lebensmonat, nicht im kostenfreien Kinderimpfprogramm

• Kombinationsimpfung (A, C, W135, Y): Empfohlen 
wird die Impfung bereits im 13. Lebensmonat. Für 
Schulkinder vom 10. bis zum 13. Lebensjahr ist die 
Impfung im kostenfreien Impfprogramm enthalten. 

FSME

FSME-übertragende Zecken sind in Europa und Asien verbreitet. Österreich gehört zu den am stärksten betroffenen Ländern. Trotz hoher Durchimpfungsrate gibt es jährlich 41 bis 216 FSME-Fälle, wovon die meisten Fälle von Frühjahr bis Spätherbst auftreten.

Übertragung
• FSME ist eine Viruserkrankung, die durch Zeckenstiche übertragen wird.
• Eine Infektion kann selten auch durch Rohmilchprodukte erfolgen.
• Erkrankte sind nicht ansteckend.
• Auch bei Kindergarten- und Schulausflügen sollte an die Gefahr von Zecken gedacht werden.

Folgen
• Nach einem Zeckenstich treten bei FSME zunächst grippeartige Symptome auf, gefolgt von einem symptomfreien Intervall (dauert ca. sieben Tage). Danach können erneut Beschwerden auftreten.
• In schweren Fällen kommt es zu einer Gehirnentzündung mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Lähmungen.
• Etwa 1 % der schweren Fälle endet tödlich.
• Es gibt keine spezifische Behandlung, nur symptomatische Linderung.

Zusätzliche Impfungen

Freilich ist es mit den hier ausgeführten Impfungen nicht gänzlich getan. Das kostenfreie Impfprogramm für Kinder bietet in Österreich zusätzlich noch das Angebot, die Jüngsten gegen das Rotavirus, Diphtherie, Tetanus, Polio, Pertussis, Hepatitis B, Haemophilus influenzae Typ B und Pneumokokken zu impfen. Diese Impfungen werden meist schon im Säuglings- bzw. Kleinkindalter durchgeführt. Mitunter wird dann in Volksschulen mit der 4-Fach-Impfung gegen Diphtherie, Tetanus, Polio und Pertussis aufgefrischt.

Impfempfehlungen für HPV

Die HPV-Impfung senkt das Risiko für Genitalwarzen und Gebärmutterhalskrebs um bis zu 90 %. Sie schützt auch vor Krebs an Rachen, Kehlkopf, Scheide, Anus und Penis. 
Die Impfung wird bis zum 30. Lebensjahr empfohlen und ist neuerdings im österreichischen Impfprogramm kostenfrei. Der beste Schutz wird zwar vor Aufnahme sexueller Aktivitäten erreicht, doch auch sexuell aktive Personen können noch davon profitieren.

Die Impfung wird ab dem 9. Lebensjahr empfohlen – vor dem Eintritt ins sexuell aktive Alter (lt. Umfragen haben 4,5 % der Mädchen mit 10–13 Jahren ihren ersten Geschlechtsverkehr und 7,4 % mit 14). Studien haben auch ergeben, dass die Immunantwort in dieser Altersgruppe am effizientesten ist. Für Personen bis zum 30. Geburtstag sind zwei Dosen im Abstand von 6 bis 12 Monaten notwendig, ab dem 30. Lebensjahr wird ein 3-Dosen-Schema empfohlen. 

Die Impfung ist kostenfrei für Personen vom 9. bis 
zum 30. Lebensjahr, inklusive einer befristeten 
Nachhol-Aktion für 21- bis 30-Jährige von Juli 2024 bis Dezember 2025.


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