Apotheken nehmen eine wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung ein, die weit über die Abgabe von Arzneimitteln hinausgeht. Im Frühjahr 2024 wurde der Weg für neue Dienstleistungen geebnet – wie beispielsweise Vor-Ort-Testungen von Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin etc. Diskutiert werden zudem weitere versorgungsrelevante Gesundheitsleistungen für die Patient:innen. Die Angebote reichen von umfassenden Medikationsanalysen über die vereinfachte wiederholte Abgabe von Dauermedikamenten, der fachlichen Beratung bei Neuverordnungen (New Medicine Services) bis hin zum Impfen in Apotheken. Wie stehen die Parlamentsparteien dazu? Hier die Antworten der Spitzenkandidat:innen auf unsere Frage.
ÖAZ Mit der Apothekengesetz-Novelle 2024 wurden erste rechtliche Rahmenbedingungen für zusätzliche Dienstleistungen in der Apotheke geschaffen. In welchen Bereichen sehen Sie die größten Potenziale für eine stärkere Einbindung der Apothekerschaft in die Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung?
Persönliches
geboren am 20.11.1961, Hartberg (Steiermark)
verheiratet
Politische Mandate / Funktionen
seit 2020 Vizekanzler der Republik Österreich
seit 2020 Bundesminister für Kunst, Kultur,
öffentlicher Dienst und Sport
seit 2017 Bundessprecher der Grünen
Werner Kogler (Grüne) Wir Grüne freuen uns über die Apothekengesetz-Novelle, die gemeinschaftlich mit der Apothekerkammer erarbeitet und im Frühjahr beschlossen wurde. Darin konnten wir den Kompetenzbereich von Apotheken deutlich ausbauen. Das hat viele Vorteile und Erleichterungen zur Folge: Apotheken können dadurch beispielsweise Medikationsanalysen und einfache Gesundheitstests wie Blutdruckmessungen anbieten. Das größte und dringlichste Einbindungspotenzial von Apotheken für die Gesundheitsversorgung sehen wir im „Impfen in Apotheken“. Eine Maßnahme, für die wir Grüne uns weiter einsetzen werden. Ebenfalls wäre es eine wichtige Aufwertung, die Wirkstoffverschreibung umzusetzen – so wie das international üblich und bestens bewährt ist. In diesen beiden Bereichen wollen wir dafür sorgen, dass Österreich den Rückstand im internationalen Vergleich aufholt.
ÖAZ Aufgrund ihrer niederschwelligen und wohnortnahen Verfügbarkeit sind Apotheken geradezu prädestiniert, als eine Art Drehscheibe zu dienen, um den Menschen im Gesundheitssystem Orientierung zu bieten. Wie stehen Sie zu der Idee, Apotheken noch stärker als Erstanlaufstelle bei Gesundheitsfragen zu etablieren? Wie könnte eine optimale Koordination zwischen Apotheker:innen, niedergelassenen Ärzt:innen und Krankenhäusern funktionieren?
Werner Kogler (Grüne) Mit den bereits erweiterten und noch von uns angestrebten zusätzlichen Kompetenzen (siehe Antwort 1) machen wir die Apotheken in Österreich zu einem noch wichtigeren Lotsen in unserem Gesundheitssystem. Wir Grüne können uns hier sehr vieles für die Zukunft vorstellen. Etwa im Bereich der Gesundheitsvorsorge, durchaus auch im Zusammenspiel mit anderen Gesundheitsberufen, die keine Arzneimittel verschreiben. Das Beharren auf exklusiven Vorrechten einzelner Berufsgruppen wird uns hier nicht weiterbringen. Alte Standesdünkel müssen daher überwunden werden. Denn Gesundheitsdienstleistungen sollen überall erbracht werden können, wo es ohnehin die Kompetenzen dafür gibt. Das bringt den Patient:innen am meisten. Und dafür stehen wir Grüne.
ÖAZ Wie wichtig ist Ihrer Partei die Weiterentwicklung von Digitalisierung und Telemedizin im Gesundheitswesen? Welche Rolle sehen Sie dabei für Apotheker:innen und wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf, um diese Technologien erfolgreich in Österreich zu etablieren und für die Bevölkerung nutzbar zu machen?
Werner Kogler (Grüne) Wir Grüne sehen große Chancen in der Digitalisierung und den neuen Möglichkeiten der Telemedizin. Als zusätzliche Angebote können wir mit ihnen bestehende Gesundheitsleistungen ergänzen und optimieren. Auch bei der Gesundheitsreform war daher das Motto „digital vor ambulant vor stationär“ ein zentraler Ansatzpunkt. Im Bereich der Digitalisierung haben wir im Rahmen der Gesundheitsreform bereits wichtige Schritte gesetzt, die es nun weiter auszubauen und umzusetzen gilt. Wir haben den elektronischen Impfpass auf den Weg gebracht, der mehr Service für Patient:innen bietet, zum Beispiel durch einen besseren Überblick und eine Erinnerungsfunktion für Auffrischungen. Auch die Gesundheitshotline 1450 soll weiter ausgebaut werden, u. a. damit Patient:innen rasch an die Anlaufstelle kommen, die für ihr Anliegen am besten geeignet ist. Auch Digitale Gesundheitsanwendungen, die z. B. Menschen mit chronischen Erkrankungen im Alltag unterstützen, sind ein zentraler Bestandteil einer erfolgreichen Zukunftsstrategie. Und in dieser spielen aus unserer Sicht auch Apotheken eine wichtige aktive Rolle.