Evidenzbasierte Beratung

Phytotherapie in der Menopause

Mag. pharm. Irene Senn, PhD
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Traubensilberkerze © iStock
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Durchschnittlich persistieren die Symptome über 7,4 Jahre. Die Nachfrage nach pflanzlichen Behandlungsoptionen ist groß. 

Die Hormonersatztherapie gilt zwar als Goldstandard zur Behandlung von vasomotorischen Beschwerden, viele Betroffene suchen jedoch nach pflanzlichen Alternativen. Hier ist eine evidenzbasierte Beratung in der Apotheke entscheidend.

Traubensilberkerze: Aktuelle Evidenz und Beratungsaspekte
Die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) gehört zu den am besten untersuchten Phytotherapeutika bei klimakterischen Beschwerden und hat von der EMA den Status „well-established use“ für diese Indikation erhalten. Der Wirkmechanismus beruht auf der Modulation von μ-Opioid-, Serotonin- und Dopaminrezeptoren; eine estrogenartige Wirkung gilt mittlerweile als widerlegt. Eine Meta-Analyse (22 Studien, 2.310 Teilnehmerinnen) belegte kürzlich die signifikante Überlegenheit von Cimicifuga-Präparaten gegenüber Placebo bei allgemeinen Wechseljahresbeschwerden und Hitzewallungen. Auf psychische Symptome zeigte sich keine signifikante Wirkung. Die Verträglichkeit war gut, mit einer Abbruchrate vergleichbar zu Placebo. Auch eine NICE-Netzwerkanalyse fand signifikante Therapieeffekte4, wohingegen ein Cochrane Review aus dem Jahr 2012 aufgrund mangelnder Studienqualität keine gesicherte Wirksamkeit belegen konnte. Die aktuelle S3-Leitlinie spricht für standardisierte Cimicifuga-Extrakte eine „Kann-Empfehlung“ aus (Evidenzgrad 1b).

Dosierung und Sicherheit
Empfohlen werden standardisierte ethanolische oder isopropanolische Extrakte mit einer Tagesdosis von 6,5–13 mg. Die Einnahme sollte mindestens 12 Wochen andauern. Mit einer Wirkung ist nach ca. 4 bis 12 Wochen zu rechnen. Eine Anwendung über 6 Monate erfordert eine ärztliche Nutzen-Risiko-Abwägung. 

Nebenwirkungen wie gastrointestinale Beschwerden und Muskel- oder Gelenkschmerzen sind selten und reversibel. Das ergab ein systematischer Review, der Daten von 4.232 Frauen auswertete, die über 12 Monate mit Dosierungen zwischen 6,5 bis 160 mg Cimicifuga-Extrakt behandelt wurden. Trotz einzelner Fallberichte zu Hepatotoxizität zeigen systematische Reviews keine signifikanten Hinweise auf Leberschäden.

Fazit: Für die Praxis

Die Phytotherapie bietet evidenzbasierte Optionen bei vasomotorischen Beschwerden in den Wechseljahren.

Entscheidend sind:
• Die Anwendung von standardisierten Extrakten
in geprüfter Dosierung
• Eine Erfolgskontrolle nach 8 bis 12 Wochen
• Eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung
• Bei ausbleibender Besserung oder zusätzlichen gynäkologischen Beschwerden der Verweis an den/die Gynäkolog:in.

Traubensilberkerze beim Mammakarzinom?
Brustkrebspatientinnen leiden häufig unter therapiebedingten Nebenwirkungen, darunter auch eine vorzeitige Menopause und deren Begleiterscheinungen. Estrogene sind für diese Patientengruppe kontraindiziert, ebenso sollten Phytoestrogene mit großer Zurückhaltung eingesetzt werden. Die Datenlage zu Cimicifuga-Präparaten ist differenziert. Präklinische Studien fanden keine Stimulation des Brustkrebswachstums, umfassende Langzeitdaten fehlen allerdings. Die S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Onkologie spricht sich für einen möglichen Einsatz von Cimicigufa zur Symptomlinderung aus. Obwohl die Studienlage zur Wirksamkeit, insbesondere bei Brustkrebspatientinnen, nicht eindeutig ist, bewertet die EMA das Nutzen-Risiko-Verhältnis als positiv.

Phytoestrogene als Alternative
Als Alternative werden häufig Phytoestrogene aus Soja und Rotklee eingesetzt (30–60 mg Isoflavone/Tag). Diese Substanzen binden vorwiegend an den β-Estrogen-Rezeptor und entfalten damit potenziell antiinflammatorische und hormonregulierende Effekte. Die Wirkung setzt nach 8–12 Wochen ein. Meta-Analysen zeigen eine moderate Wirksamkeit, jedoch vorwiegend bei Präparaten mit hohem Genistein-Gehalt. Aufgrund methodischer Limitationen vieler Studien ist die Evidenzqualität jedoch eingeschränkt. Die S3-Leitlinie bescheinigt eine „mögliche Wirksamkeit“ und empfiehlt ausschließlich standardisierte Präparate. Bei hormonabhängigen Tumoren sollten Phytoestrogene nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden. 

Literatur auf Anfrage!

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