Entwicklung gefordert

Forscher wollen EU-Exzellenznetzwerk für Influenzaforschung

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Influenza © Shutterstock
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"Europa hat eine große Anzahl an exzellenten Influenza-Forschenden", schreibt das Autorenteam um den Leiter des neuen Wiener Ignaz Semmelweis Instituts für Infektionsforschung (ISI), doch sie seien verteilt, ihre Förderung unsicher und ihre Forschungsaktivitäten fragmentiert. Es brauche ein enges und nachhaltiges Netzwerk, mit guter Anbindung an Entscheidungsträger auf nationaler und EU-Ebene.


Vorbild CEIRR aus USA

Die als Role Model dienenden und derzeit aus sechs wissenschaftlichen Zentren und einem Datenverarbeitungszentrum bestehenden CEIRR werden vom US-amerikanischen "National Institute of Allergy and Infectious Disease" (NIAID) der National Institutes of Health (NIH) "großzügig" finanziell unterstützt, wie es im Beitrag heißt. Das Ziel sei, so die Virenforschung voranzutreiben wie auch die schnelle Reaktion auf neue Ereignisse zu ermöglichen.


Angesichts der Umwälzungen im Forschungs- und Gesundheitssystem in den USA unter Donald Trump als US-Präsident - Stichwort: Ausstieg der USA aus der Weltgesundheitsorganisation WHO oder die ausgesprochene Impfskepsis von Neo-US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. - mache sich Krammer "natürlich Sorgen darum, wie es mit dem Netzwerk weitergeht und ob Förderungen gekürzt werden. Bis jetzt gab es aber noch keine Einschnitte", so der Virologe, der selbst Teil von CEIRR ist, zur APA.


Würde man hier Ressourcen zurückfahren, wäre das denkbar ungünstig. Denn gerade vor dem anhaltenden Risiko von Grippe-Pandemien und besonders mit Blick auf die aktuelle Situation rund um den H5N1-Grippevirus - das hochpathogene "Vogelgrippevirus" hat in den USA zuletzt mehrere Rinderherden infiziert - sei ein Exzellenznetzwerk für Influenzaforschung für Europa "ein notwendiger Schritt, um Europa und die Welt für die nächste Influenza-Pandemie vorzubereiten", so die Wissenschafter in ihrem "Lancet"-Beitrag. Für Krammer müssten solche Zentren in Europa am besten von Personen aus dem akademischen Bereich "so unbürokratisch wie möglich" geleitet werden und im ständigen Austausch mit lokalen Behörden und der Europäischen Gesundheitsagentur ECDC stehen.

Turbo für wissenschaftliche Antworten

"Influenza-Viren haben im letzten Jahrhundert vier Pandemien ausgelöst", schreiben die Forscher, nämlich die Spanische Grippe (H1N1-Viren), die von 1918 bis 1920 geschätzte 20 bis 50 Millionen Todesopfer forderte, die Asiatische Grippe (H2N2) von 1957, die Hongkong-Grippe (H3N2) von 1968 und zuletzt 2009 erneut eine Pandemie mit einem H1N1-Erreger ("Schweinegrippe"). "Es ist plausibel, dass die nächste Pandemie auf einen Influenza-A-Subtyp zurückzuführen sein wird, da vier der letzten sechs Pandemien durch Influenza-A-Viren verursacht wurden - HIV-1 und SARS-CoV-2 verursachten die beiden anderen", so Krammer und Kollegen.


Influenza-A-Viren zirkulierten in vielen Tieren und seien genetisch sehr vielfältig. Sie hätten einen Hang dazu, "Nachkommenviren mit veränderter Virulenz" zu produzieren sowie auf den Menschen überzuspringen. Auch die H5N1-Viren seien - ebenfalls dieser Kategorie zugehörig - 1997 erstmals als Gefahr für den Menschen wahrgenommen worden, als 18 Personen in Hongkong infiziert wurden und sechs starben.


Weiter Sorge um H5N1

Zuletzt machte das H5N1-Grippevirus als grassierendes Virus unter Milchkühen Schlagzeilen, auch einzelne Infektionen von Menschen wurden nachgewiesen. Vor allem in den USA sei die momentane Situation durchaus "problematisch", betonte Krammer. "Die saisonale Influenzawelle in den USA ist sehr stark und die H5N1-Aktivität ist auch sehr hoch. Das ist eine brenzlige Situation." So wurden Krankenhäuser in einigen US-Bundesstaaten bereits angewiesen, bei aufgenommenen Patienten festzustellen, mit welchem Influenza-Subtyp sie infiziert sind. Das liege an der aktuell erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass eine neue Virus-Kombination mit H5N1-Beteiligung auftreten könnte, erklärte der Wissenschafter.

APA

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