Das aus dem Griechischen stammende Wort „Stoma“ bedeutet übersetzt „Öffnung“ oder „Mund“ und wird in der Medizin zur Bezeichnung einer chirurgisch geschaffenen temporären oder dauerhaften Verbindung zwischen einem Hohlorgan und der Hautoberfläche verwendet. Durch Präfixe wird eine genauere Beschreibung der Lage der künstlichen Öffnung ermöglicht, so wird beim Ileostoma das Ende des Dünndarms und beim Colostoma der Dickdarm ausgeleitet. Weiter unterteilen lassen sich Colostomata in Transversostomata (querverlaufender Dickdarm), Deszendostomata (absteigender Dickdarm) und Sigmoidostomata (S-Darm). Häufig bildet das Stoma das Darmende und wird dann als endständiges Stoma bezeichnet, der restliche Teil des Darms wird entweder entfernt oder verschlossen. Ist hingegen von einem doppelläufigen Stoma die Rede, so wird eine Darmschlinge eröffnet und an der Bauchhaut so befestigt, dass durch eine Öffnung eine Zufuhr in den Stomabeutel ermöglicht wird und durch die zweite Öffnung ein Zugang zu dem zum After führenden Darmabschnitt bestehen bleibt. Auf diese Weise wird der Abschnitt nach dem Stoma vor dem Darminhalt geschützt und eine Abheilung gefördert. Dies kann beispielsweise bei Fisteln, die im Rahmen von Morbus Crohn auftreten, nötig sein.
Komplexe Versorgung
Nach der Anlage des Stomas ist eine sorgfältige Pflege erforderlich, die idealerweise nach der Erstversorgung im Krankenhaus von den Betroffenen selbst oder von den Angehörigen eigenständig übernommen werden kann. Für einen möglichst uneingeschränkten Alltag stehen mittlerweile diverse Produkte zur Verfügung, die eine individuelle Anpassung an die Lebenssituation der Betroffenen möglich machen.
Grundsätzlich bestehen Versorgungssysteme aus einem Stoma-Beutel und einer Hautschutzplatte, die entweder als Einheit (einteiliges System) oder getrennt (zweiteiliges System) vorliegen. Je nachdem, ob Unebenheiten in Form von Hautfalten oder Narben bestehen, oder das Stoma retrahiert ist, gibt es zusätzlich Hilfsmittel wie Stomapasten, Modellierstreifen oder konvexe Hautschutzplatten. Wichtig ist hier, dass die Hautschutzplatte passend zur Stomaöffnung zugeschnitten wird, um Reizungen der umgebenden Haut zu verhindern. Hierfür können beispielsweise Schablonen eingesetzt werden, die Stomaberater:innen in ihrem Repertoire haben.
Bei den Beuteln unterscheidet man vor allem offene und geschlossene Ausführungen, die je nach Stomaart gewählt werden. Bei Kolostomata ist der Stuhl meist geformt und wird in einen geschlossenen Beutel ausgeschieden, der etwa zweimal täglich gewechselt wird. Ileostomaträger:innen verwenden hingegen häufig offene Beutel, die mit einer Klammer verschlossen sind und deren Inhalt sich durch die vorhandene Öffnung in eine Toilette entleeren lässt. Dies stellt bei den meist dünnflüssigen bis breiigen Ausscheidungen insofern einen Vorteil dar, als dass der Beutel nicht bei jeder Füllung gewechselt werden muss. Um eine störende Geruchsentwicklung und ein Aufblähen des Beutels zu verhindern, besitzen die meisten Beutel heutzutage einen Aktivkohlefilter.
Worauf bei der Ernährung zu achten ist
Je nach Lage des Stomas ergeben sich unterschiedliche physiologische Veränderungen und mögliche Risiken. So ist der ausgeführte Darminhalt bei einem Ileostoma naturgemäß flüssiger als bei Colostomata und es besteht die Gefahr von teils hohen Flüssigkeitsverlusten (sogenanntes High-Output-Stoma), über die Patient:innen informiert werden müssen. Die Folge kann vor allem bei älteren Patient:innen eine Niereninsuffizienz sein, daher ist eine Beobachtung der ausgeschiedenen Harnmenge wichtig: Sie sollte 1.000 ml pro 24 Stunden nicht unterschreiten.
Die Resorption von Nährstoffen und Elektrolyten ist bei Stoma-Träger:innen ohne andere pathologische Einflussfaktoren und wenn kein High-Output-Stoma vorliegt in der Regel nicht beeinträchtigt, jedoch besteht bei Ileostomata ein erhöhter Natriumbedarf. Daher sollte nicht zu natriumarmen Diäten geraten werden.
Für die Ernährung gelten keine besonderen Regeln, sie sollte, den Ernährungsempfehlungen folgend, möglichst ausgewogen sein und Lebensmittel wie Kartoffeln oder Reis beinhalten, die eindickend wirken. Faserhaltige Lebensmittel oder solche mit dickerer Schale sollten gut gekaut und nur in kleineren Mengen verzehrt werden. Wichtig ist eine ausreichende Trinkmenge von zwei bis drei Litern täglich.
Reinigung und Pflege
Da die Haut um das Stoma durch Klebstoffe, Ausscheidungen und Beutelwechsel stark beansprucht wird, ist eine passende Pflege von hoher Bedeutung. Für die Reinigung sollten reizende Substanzen wie Alkohol, Benzin oder Desinfektionsmittel vermieden werden, normalerweise reicht hier Leitungswasser oder die Kombination mit einem milden, pH-neutralen Produkt aus. Zum Lösen von Pflasterrückständen können spezielle Pflasterlöser empfohlen werden, die von verschiedenen Firmen am Markt erhältlich sind. Um die Haut vor Reizung zu schützen, werden Hautschutzfilme auf Polymerbasis angewendet, die rasch eintrocknen und für bis zu 72 Stunden Schutz vor äußeren Einflüssen bieten.
Zuvor können auch Hautschutzcremen mit Ceramiden oder anderen pflegenden Inhaltsstoffen eingesetzt werden, um die Integrität der Haut zu fördern und Juckreiz oder andere Komplikationen vorzubeugen. Bei Bedarf sollten Haare um das Stoma regelmäßig durch Rasur entfernt und die Haut nach der Reinigung stets behutsam getrocknet werden. Sollten trotz Vorsichtsmaßnahmen und Pflege sogenannte „Peristomal Skin Conditions“ (PSC) auftreten, wird Patient:innen geraten, sich an ihre Stomaberater:innen oder behandelnde Ärzt:innen zu wenden.
Wenn Komplikationen auftreten
Neben den „Peristomal Skin Conditions“ ist eine der häufigsten Komplikationen das bereits erwähnte High Output Stoma, das durch eine tägliche Ausscheidung von mehr als 1.500 ml gekennzeichnet ist und vor allem in der ersten Zeit nach der Stomaanlage auftreten kann. Um einer Dehydratation gegenzusteuern und renale Folgen zu verhindern, kann eine intravenöse Verabreichung von Elektrolytlösungen nötig sein.
Auch Arzneistoffe wie Loperamid oder Opiumtinkturen kommen in schweren Fällen zum Einsatz. Weitere Komplikationen stellen parastomale Hernien, Ischämien, Stenosen oder Obstruktionen dar.
Medikationsmanagement bei Stomapatient:innen
- Art des Stomas (Ileo- oder Colostoma) und Zeitspanne seit der
Operation feststelle - Orale Arzneimittel mit veränderter Freisetzungsmodalität
(z. B. retardiert, magensaftresistenter Überzug) erkennen und wenn möglich Alternativen finden - Schnell freisetzende (Tropfen, Lösungen, Sublingualtabletten, Schmelztabletten) oder parenterale/transdermale Arzneiformen bevorzuge
- Mögliche Interaktionen sowie Haupt- und Nebenwirkungen der
Arzneistoffe hinsichtlich gastrointestinaler Effekte beurteilen - Stoma-bezogene Probleme wie High-Output-Stoma, Obstipation,
Hypersekretion, Übelkeit und Erbrechen beachten
Kasten, Quelle.: Berger V et al. 2024
Pharmazeutische Aspekte
Bei Stomaträger:innen gibt es aus pharmazeutischer Sicht einiges zu beachten, wobei vor allem gastrointestinale Nebenwirkungen sowie mögliche pharmakokinetische Veränderungen eine Rolle spielen. Vor allem bei Ileostomata sollten Arzneistoffe wie Metformin, bestimmte Antazida, Laxantien und Antibiotika, die Durchfall verursachen können, besonders vorsichtig eingesetzt werden. Bei notwendiger Eisensubstitution ist eine parenterale Applikation zu bevorzugen, da bei oraler Gabe sowohl gastrointestinale Beschwerden als auch Hautreizungen auftreten können. Diuretika können bei Ileostomapatient:innen eine Dehydratation und Elektrolytverschiebungen fördern, deshalb sollte auch darauf ein Augenmerk liegen.
Arzneimittel mit veränderten Freisetzungsmodalitäten wie Retardpräparate, solche mit magensaftresistentem Überzug oder Matrixtabletten sollten wenn möglich bei Ileostomata vermieden oder gegen andere Formulierungen ausgetauscht werden. Durch eine verkürzte Transitzeit und eine je nach Art des Stomas verminderte Länge des Ileums kommt es mitunter zu einer eingeschränkten Freisetzung und teilweise können sich ganze Tabletten oder Rückstände in den Stomabeuteln finden. Es sollten flüssige, schnell freisetzende oder nicht-orale Arzneiformen bei Verfügbarkeit bevorzugt werden. Bei flüssigen Arzneimitteln ist darauf zu achten, dass diese möglichst keine Hilfsstoffe wie Zuckeraustauschstoffe (z. B. Sorbitol) enthalten, da diese mitunter Durchfälle begünstigen können. Gerade im frühen postoperativen Stadium kann eine Evaluierung der Haupt- und Nebenwirkungen von Arzneimitteln sinnvoll sein, um die bestmögliche Therapie zu ermöglichen. So besitzt Metoclopramid propulsive Eigenschaften und kann den Output des Stomas erhöhen, wohingegen Ondansetron eher obstipativ wirkt und bei postoperativer Übelkeit als Schmelztablette in einer gut geeigneten Arzneiform zur Verfügung steht.
Eine genaue Analyse der Medikation bei auftretenden Problemen sowie die individuelle pharmazeutische Beratung können bei Stomapatient:innen den Therapieerfolg insgesamt positiv beeinflussen.
Quellen
- Babakhanlou R, et al.: Stoma-related complications and emergencies. Int J Emerg Med 2022; 15(1):17
- Berger V, et al.: Enhancing drug therapy in ostomy patients: Best practice recommendations for medication management. PLoS One 2024; 19(6):e0305047.
- Nadesalingam S: Pharmaceutical considerations for patients with stomas. The pharmaceutical journal 2020; 305(7939)
- Österreichische ILCO Stoma Dachverband: Presseaussendung 10. Welt-Stoma-Tag 2021
- Sailer M: Vorbereitung zur Stomaanlage, Patientenedukation und Nachsorge. Coloproctology 2019; 41:330–334
Weitere Literatur auf Anfrage