Der Verdauungstrakt

Eine Multifunktionseinheit

Mag. pharm. Dr.  Alfred  KLEMENT
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Schmerzen im Oberbauch können entweder direkt im Magen lokalisiert sein oder ausstrahlen und Magenschmerzen vortäuschen. © Shutterstock
Schmerzen im Oberbauch können entweder direkt im Magen lokalisiert sein oder ausstrahlen und Magenschmerzen vortäuschen. © Shutterstock

Beim Menschen kann ein falscher bzw. übermäßiger Nahrungs- und Genussmittelkonsum die Magenschleimhaut reizen und zu Magenschmerzen führen. Schmerzen im Oberbauch können jedoch auch durch eine Reihe von Erkrankungen ausgelöst werden, deren Ursache entweder direkt im Magen lokalisiert sein oder ausstrahlen und dadurch Magenschmerzen vortäuschen kann. Der akute oder chronische Schmerz im Bereich zwischen Rippenbogen und Bauchnabel wird häufig als dumpf, brennend oder kolikhaft beschrieben.

Wenn die Beschwerden hingegen unterhalb des Bauchnabels auftreten, können sie in Darm, Galle oder Harnwegen ihren Ursprung nehmen. Die genaue Lokalisation der Schmerzen ist oftmals schwer zuzuordnen.

Begleitsymptome hinterfragen

Bei Erkrankungen des Magen-/Darmtraktes verändert sich der Stuhl häufig in Farbe und Beschaffenheit: Er kann besonders hart oder dünnflüssig sein sowie eine gelbe, gräuliche oder tiefschwarze Färbung annehmen. Starke Bauchschmerzen werden oft von Hautblässe, Schwitzen und Blutdruckabfall bis hin zum Kollaps begleitet.

Blähungen treten bspw. nach ungewohnter Ernährung, exotischen Speisen, aber auch nach dem Verzehr von Vollkornprodukten oder nach Genussmittel-Abusus auf. Häufig werden Blähungen und Bauchschmerzen von Verstopfung oder Durchfall begleitet. Ausgeprägte Blähungen können allerdings auch von Magen-Darm-Erkrankungen wie Reizdarm, Morbus Crohn oder Leberzirrhose stammen. Typische Symptome des Reizdarmsyndroms sind neben Bauchschmerzen Durchfall und Verstopfung im Wechsel.

Breiiger oder wässrig-flüssiger Stuhl begleitet oft Darmentzündungen oder Lebensmittelvergiftungen. Durchfall kann ein Anzeichen für Pankreatitis, Darmkrebs oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen sein. Missempfindungen und Schmerzen im Oberbauch, Appetitlosigkeit und Erbrechen des Mageninhalts (sauer, blutig) oder des Zwölffingerdarminhalts (gallig-bitter) können Anzeichen einer Erkrankung des Magens oder Zwölffingerdarms sein. Starke Schmerzen im Oberbauch und Gewichtsverlust gelten als Indiz einer Pankreatitis.

Eine brettharte, unnachgiebige Bauchdecke kann auf eine ernsthafte Erkrankung, bspw. einen Herzinfarkt, hindeuten. Bei starken Bauchschmerzen nehmen die Betroffenen oft eine Schonhaltung ein, indem sie im Bett in Seitenlage die Beine anziehen. Da diese Beschwerden eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung signalisieren können, sollte sehr rasch ein Arzt/eine Ärztin aufgesucht werden. Sind Unter- und Mittelbauch gespannt, kann dies auf Harnverhalt, Uterusentzündung oder ektope Schwangerschaft hinweisen.

Wann mit Magenschmerzen zum Arzt/zur Ärztin?

• heftige Schmerzen, die plötzlich beginnen, anhalten und rasch stärker werden

• Schmerzen, die über mehr als drei Tage anhalten oder immer wiederkehren

• blutiger Stuhl, Fieber

• unerklärlicher Gewichtsverlust

• Schwitzen

• brettharte Bauchdecke, Schonhaltung mit angezogenen Beinen

Magenschmerzen mit Krankheitscharakter

Als Gastritis bezeichnet man eine Gruppe von Erkrankungen, die auf einer Entzündung der Magenschleimhaut beruhen. Häufige Ursache ist eine Infektion mit Helicobacter pylori oder die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, welche die Magenschleimhaut reizen, allen voran Nichtsteroidale Antiphlogistika und Glucocorticoide. Eine Gastritis kann akut oder schleichend verlaufen. Sie fördert die Geschwürbildung und erhöht das Magenkrebsrisiko.

Typische Symptome sind nagende oder brennende Schmerzen sowie Schmerzen, die sich beim Essen verschlimmern oder verbessern. Begleitet wird eine Gastritis von Brechreiz, Erbrechen oder Völlegefühl im Oberbauch nach dem Essen; sie kann allerdings auch weitgehend stumm verlaufen.

Magenkarzinome sind deshalb so gefährlich, weil sie in 80 % der Fälle symptomarm verlaufen und viele Erkrankte erst im fortgeschrittenen, inoperablen Zustand den Arzt/die Ärztin aufsuchen. Anzeichen für ein Karzinom sind Schluckstörungen, rezidivierendes Erbrechen, Appetitlosigkeit, unklarer Gewichtsverlust, gastrointestinale Blutung oder unerklärliche Eisenmangelanämie. Dann sollte eine umfassende endoskopische Untersuchung durchgeführt werden.

Die Gastrointestinale Refluxkrankheit (GERD) beruht auf einem insuffizienten Verschluss des Magensphinkters und einem Rückfluss von Säure in den Ösophagus. Typischerweise treten die Schmerzen im Oberbauch in Verbindung mit einem Brennen hinter dem Brustbein oder im Rachen auf. Dazu gesellt sich oft saures Aufstoßen oder das Aufsteigen von Mageninhalt. Zusätzlich kann es zur Behinderung des Schluckaktes, zu Schmerzen beim Schlucken, Reizhusten sowie morgendlichem Räuspern und Heiserkeit kommen.

Magenschmerzen ohne krankhaftem Befund

Der Begriff Reizmagen umfasst Beschwerden im Oberbauch ohne erkennbare organische Ursache. Es handelt sich um funktionelle Verdauungsstörungen, die ggf. auf eine veränderte Schmerzwahrnehmung oder eine mangelnde Motilität des Magens zurückzuführen sind. Typische Symptome sind Schmerzen im Oberbauch, Druck- und Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen, Appetitlosigkeit, Blähungen, saures Aufstoßen, Sodbrennen sowie vegetative Störungen (z. B. Herzstechen oder Kreislaufprobleme). Oft reicht eine Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten aus, um die Beschwerden zu lindern. Bei Bedarf können je nach dominantem Beschwerdebild Antazida, Protonenpumpeninhibitoren oder Prokinetika eingesetzt werden.

Empfehlenswert bei Magenschmerzen

• Wärmeauflagen (Wärmflasche, Kirschkernkissen)

• Baucheinreibung mit Kümmelöl, Fenchelöl, Lavendelöl.  

• Arzneitees (Fenchel, Anis, Kümmel, Kamille, Pfefferminze, Melisse)

• pflanzliche Wirkstoffe: Bitterstoffe (z.B. Iberis amara), Pfefferminzöl in Kapselform

• Pankreasenzyme

• medikamentöse Therapie je nach Beschwerdetyp (Antazida, PPI, Spasmolytika wie Butylscopolamin)

Quellen:

•   Update S3 – Leitlinie „Intestinale Motilitätsstörungen: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik

und Therapie“ AWMF-Registriernummer 021-018 (Stand: 31.03.2021, gültig bis 30.03.2026) https://www.awmf.org

•   S. Fischer „Magenschmerzen äußern sich auf viele Arten“ DAZ Nr. 15, Seite 42 (2022)

•   S2k-Leitlinie „Gastroösophageale Rexfluxkrankheit“ Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Stand: Mai 2014, AWMF-Registernummer 021/013 https://www.awmf.org

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