Übelkeit und Erbrechen während der Schwangerschaft betrifft etwa 50–90 % aller Frauen und ist damit ein häufiges Problem. In ca. 2 % der Fälle geht das Erbrechen mit isolierter morgendlicher Übelkeit einher, bei über 80 % mit einer über den ganzen Tag verteilten Symptomatik. Meist legt sich die Übelkeit innerhalb der ersten 20 Schwangerschaftswochen, teilweise bleibt sie jedoch bestehen. Unabhängig davon können die Beschwerden so stark werden, dass sie für Mutter und Kind lebensbedrohlich werden.
Nun wurde klar, dass die fetale Produktion von GDF15 – einem Hormon, das am Hirnstamm wirkt und auch bei Nicht-Schwangeren produziert wird – eine Rolle spielt: Höhere GDF15-Spiegel im mütterlichen Blut sind mit Übelkeit und Erbrechen assoziiert. Zudem trägt die mütterliche Empfindlichkeit dem Hormon gegenüber wesentlich zur Symptomatik bei.
Aber auch die Exposition außerhalb der Schwangerschaft spielt vermutlich eine Rolle: Ist der Blutspiegel des Hormons bei Nicht-Schwangeren niedrig, so ist das Risiko für die spätere Entwicklung der Symptomatik erhöht. Schwangere mit der Stoffwechselerkrankung β-Thalassämie, bei der die GDF15-Werte dauerhaft erhöht sind, leiden seltener an Schwangerschaftsübelkeit.
Auch im Tierversuch Appetitlosigkeit
Mäuse, die eine langwirksame Darreichungsform von GDF15 erhielten, litten im Unterschied zu ihren Artgenossen, denen eine Bolusinjektion appliziert wurde, nicht unter Appetitlosigkeit. Das System scheint also anfällig für Desensibilisierung zu sein, was sich möglicherweise therapeutisch nutzen lässt.
VK
Quelle
Fischer T et al. Maternale Erkrankungen in der Schwangerschaft. Facharztwissen Geburtsmedizin. 2016:347–618. doi: 10.1016/B978-3-437-23752-2.00017-1
Fejzo M et al. , GDF15 linked to maternal risk of nausea and vomiting during pregnancy. Nature. 2023. doi:10.1038/s41586-023-06921-9