Schlafstörungen gelten neben vasomotorischen Symptomen, vaginaler Trockenheit und depressiven Störungen als eines der Hauptsymptome der Menopause. Mit einer Häufigkeit von bis zu 60 % treten Insomnien (gekennzeichnet durch Schlafstörungen an mindestens drei Nächten pro Woche und für mindestens drei Monate) dabei am häufigsten auf. Seltener, aber signifikant öfter als im jüngeren Alter, sind menopausale Frauen auch von Schlafapnoe, dem Restless-Legs-Syndrom oder anderen Formen von Schlafstörungen betroffen. In den meisten Fällen stellt das Durchschlafen für mehr als sechs Stunden pro Nacht das größte Problem dar. Dadurch wird einerseits die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit eingeschränkt, andererseits steigt das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas oder neurologische Erkrankungen. Trotz dieser mitunter schwerwiegenden Folgen werden Schlafprobleme bei Frauen im mittleren Alter oft bagatellisiert.
Hormonelle Veränderungen
Nachdem die Schlafqualität mit dem Alter tendenziell sinkt und es eine Vielzahl von Einflussfaktoren gibt, lässt sich der menopausale Einfluss nicht immer eindeutig nachweisen. Veränderungen der Sexualhormonspiegel korrelieren jedoch nachweislich mit Schlafproblemen, dies wurde sowohl in der Pubertät, während des Menstruationszyklus, in der Schwangerschaft als auch in der Menopause beobachtet und untersucht. Östrogen trägt zu einer Verlängerung der REM-Phase, der Schlafdauer und vermutlich durch den Einfluss auf Katecholamine auch zu einer besseren Schlafqualität bei. Progesteron und vor allem dessen hepatischer Metabolit Allopregnanolon bewirken als allosterische Modulatoren des GABAA-Rezeptors eine gewisse Sedierung und Anxiolyse. Der Progesteronspiegel sinkt bereits früh in der Menopause, während die Östrogenfreisetzung langsamer abnimmt. Neben einem Abfall der beiden Sexualhormone trägt auch die sinkende Sekretion von Melatonin im Alter zum häufigeren nächtlichen Erwachen dieser Personengruppe bei.
Zusätzliche Einflüsse
Eindeutige Auswirkungen auf die Schlafqualität haben jedoch auch vasomotorische Symptome, die einen Großteil der Frauen während der Menopause betreffen und ebenfalls auf die hormonellen Veränderungen zurückgehen. Bis zu 85 % leiden beispielsweise unter Nachtschweiß und Hitzewallungen, welche vermehrt in der ersten Nachthälfte auftreten und den Non-REM-Schlaf verlängern. Vasomotorische Probleme halten durchschnittlich für 5,2 Jahre an und erzeugen einen mitunter sehr großen Leidensdruck. Zusätzlich wirken sich auch mögliche depressive Verstimmungen in dieser Zeit negativ auf den Schlaf aus. Leiden menopausale Frauen an einer Depression, so ist die Veränderung der Schlafarchitektur noch ausgeprägter als ohnehin schon. Es zeigt sich also ein mitunter polykausales Symptombild, weshalb Therapieansätze immer auf die Beseitigung möglichst aller auslösender Faktoren abzielen sollten.
Wichtige Fragen, die zur Einschätzung verschiedener Formen von Schlafstörungen dienen:
- Haben Sie Schwierigkeiten einzuschlafen, durchzuschlafen oder wachen Sie zu früh auf? (Insomnie)
- Schnarchen Sie stark? Haben andere Personen erwähnt, dass Sie nachts gelegentlich Atemaussetzer haben? (Schlafapnoe)
- Haben Sie unangenehme Gefühle in den Beinen, die durch Gehen oder Bewegung verbessert werden? (Restless-Legs-Syndrom)
Quelle
Schaedel et al. 202
Diagnostisches Vorgehen
Die Diagnostik orientiert sich auch bei menopausalen Frauen an den aktuellen Leitlinien zu insomnischen Störungen. Es sollen zunächst organische Ursachen wie eine Schlafapnoe anamnestisch, mittels Laboruntersuchungen und gegebenenfalls durch EKGs, EEGs oder bildgebende Verfahren ausgeschlossen werden. Auch der Konsum von Substanzen, die zu Insomnien führen können, sollte im Anamnesegespräch einbezogen werden. Hierzu zählen neben Alkohol, Koffein und Nikotin unter anderem auch antriebssteigernde Antidepressiva oder Betablocker sowie Betasympathomimetika.
Zusätzlich zu physiologischen Untersuchungen kann eine psychologische Anamnese unter Einbeziehung von aktuellen oder früheren psychischen Störungen, Konflikten und Persönlichkeitsfaktoren sowie eine Schlafanamnese erfolgen. Das Führen eines Schlaftagebuchs über 7 bis 14 Tage wird bei chronischen Verläufen ebenfalls empfohlen und Fragebögen wie der Pittsburgher Schlafqualitätsindex (PSQI) können schnell Aufschluss über schlafbezogene Beschwerden geben. In begründeten Fällen kann zum Ausschluss organischer Schlafstörungen außerdem eine Polysomnographie durchgeführt werden, bei der im Schlaflabor ein nächtliches Monitoring der Schlafstadien, der Atmung, der Schlafposition sowie ein Elektrokardiogramm und individuell angepasste andere Messungen stattfinden.
Was wirklich hilft
Im deutschsprachigen Raum existieren keine speziell auf Insomnie in der Menopause bezogenen Leitlinien, allerdings lassen sich Schlüsse aus der gültigen AWMF-Leitlinie zur Peri- und Postmenopause ziehen. Sind Frauen vor allem von vasomotorischen Symptomen betroffen, kann ihnen nach Aufklärung über die Risiken eine Hormonersatztherapie (HET) angeboten werden. Auf einen adäquaten Gestagenanteil bei nichthysterektomierten Frauen ist dabei zu achten; transdermale Applikationsformen sind aufgrund des vermutlich günstigeren Nutzen-Risiko-Verhältnisses zu bevorzugen.
In einigen Studien konnte eine HET neben den vasomotorischen Symptome auch die Schlafqualität verbessern, da die Tiefschlafphasen zu- und die Wachphasen abnahmen. Bei Kontraindikationen, Bestehen der Symptomatik trotz HET oder einer Ablehnung dieser Therapieform können als Mittel der zweiten Wahl und bei depressiven Begleitsymptomen auch SSRI, SNRI oder Gabapentin eingesetzt werden. Für Sedativa gilt wie immer die Beschränkung auf einen kurzzeitigen Einsatz und für alle Therapien eine individuelle Abwägung des Nutzens.
Entspannungsverfahren und kognitive Verhaltenstherapien haben ebenfalls nachweislich eine Wirkung auf vasomotorische Symptome und gelten zusätzlich als erste Behandlungsoption für Insomnien. Diese sollten in jedem Fall in die Therapie miteinbezogen werden, vor allem, weil in sämtlichen Studien zur Behandlung vasomotorischer Symptome auch in den Placebogruppen eine Verbesserung zu beobachten war.
Benefit für rezeptfreie Produkte
Im rezeptfreien Bereich liegen außerdem Daten für einen möglichen Nutzen von Cimicifuga-Präparaten (5–6,5 mg täglich), Isoflavonen (30–80 mg täglich) sowie Johanniskraut (300 mg täglich) vor. Laut der AWMF-Leitlinie für Insomnie können aufgrund der unzureichenden Datenlage hingegen keine Empfehlungen zum Einsatz von Phytopharmaka wie Baldrian gegeben werden. Auch Melatonin wird nicht für die generelle Anwendung empfohlen, da konkrete Evidenz bei postmenopausalen Frauen fehlt. Es wird jedoch von einer Verbesserung der Schlafstörungen, der vasomotorischen Symptome sowie von einer möglichen Stabilisierung des zirkadianen Rhythmus durch Melatonin berichtet, weswegen der Einsatz im Einzelfall durchaus erwogen werden kann. H1-Antihistaminika gelten als mäßig effektiv und aus einem systematischen Review geht eine rasche Toleranzentwicklung hervor. Die Studienlage ist laut Leitlinie für diese Arzneistoffgruppe insgesamt noch unzureichend, um eine Empfehlung auszusprechen. All diese Punkte entsprechen auch jenen der Leitlinie zu menopausalen Schlafstörungen, die die „Italian Association of Sleep Medicine (AIMS)“ publiziert hat und die eine der wenigen spezifischen Leitlinien im europäischen Raum darstellt. Es herrscht über alle Leitlinien hinweg Einigkeit über den Bedarf an gut designten Studien, um die Evidenz der Therapie in dieser speziellen Indikation zu erhöhen und dem Leidensdruck gerecht zu werden.
Aussicht für die Zukunft
Ein Wirkstoff, der von der FDA kürzlich zur Behandlung vasomotorischer Symptome in der Menopause zugelassen wurde und sich im Zulassungsverfahren der EMA befindet, verspricht als Alternative zur HET in Zukunft ebenfalls Besserung bei menopausalen Schlafstörungen. In einer Phase-III-Studie konnte der oral applizierte Neurokinin-3-Rezeptor-Antagonist Fezolinetant in einer Dosierung von 45 mg die Schlafqualität signifikant verbessern. Basis war eine Selbstevaluierung, in die unter anderem die Erholsamkeit und Qualität des Schlafes, Schlafprobleme sowie das Ein- und Durchschlafen einbezogen wurden.
Die Wirkung beruht in diesem Fall auf einem direkten Eingriff in das Thermoregulationszentrum des Hypothalamus, wodurch Hitzewallungen und in weiterer Folge dadurch entstehenden Schlafproblemen entgegengewirkt werden soll.
Quellen
1 S3 Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“ AWMF Reg. Nr. 063/003
2 S3 Leitlinie Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen AWMF Reg. Nr. 015-062
3 McEvoy K et al.: Allopregnanolone and Reproductive Psychiatry: An Overview. Int Rev Psychiatry 2019; 31(3):237-244
4 Schaedel Z et al.: Management of sleep disorders in the menopausal transition. Post Reprod Health 2021; 27(4):209-214
5 Silvestri R et al.: Italian Association of Sleep Medicine (AIMS) position statement and guideline on the treatment of menopausal sleep disorders. Maturitas 2019; 129: 30-39